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Hygin Delimat: Craft Choreography #5, Brick-5

Trio Dedoris: Craft Choreography im Brick

Fünf zeitgenössische Stücke einmal pro Monat. Das Eventformat Craft Choreography #5, ins Leben gerufen vom Tänzer und Choreographen Hygin Delimat, dient der Förderung des zeitgenössischen Tanzes und vermittelt kostenlos hochwertigen Tanz für ein aufgeschlossenes Publikum. Für Craft Choreography #5 wurden 80 Ideen eingereicht, eine Mischung aus unterschiedlichen Stilrichtungen, und am 6. Februar im Brick-5 aufgeführt.

Im kleinen Raum entsteht zwischen den Tänzer*innen und Publikum eine intime Atmosphäre: Rund um einen blanken Boden scharen sich die Zuseher*innen im Kreis, Maria Yannaros: "Arachnée", die Spinne. Stehende sind aufgefordert sich vor die erste Sesselreihe hinzusetzen, die klare Trennung zwischen Tänzer*innen und Publikum verschwimmt.

Frankreich
Cie Ahtenysti / Maria Yannaros – Arachnée
Cie Ahtenysti imitiert in ihrem Stück eine Spinne. Die Tänzerin sitzt auf dem Boden und räkelt sich. Ihr Hals, ihre Arme und Beine hat sie weit von sich gestreckt, der Kopf ist zum Boden hin gebeugt, das Gesicht wird von ihrem wallenden Haaren verdeckt. In dieser Position bewegt sie sich langsam quer durch den Raum, hin und wieder bäumt sie sich auf oder spinnt Fäden. Auf dem Rücken gelandet wirkt die Spinne entblößt, zur Schau gestellt, ihr Gesicht ist nicht länger verborgen. Das Licht fällt, die Spinne spinnt weiter.

Jacqueline Lopez, Martina Consoli, Bálint Hajdu: Die Vielschichtigkeit der Liebe.Österreich
Jacqueline Lopez - In Our Nature
Die ausgebildete Balletttänzerin Jacqueline Lopez setzt in ihrem Stück auf Beobachtungen aus dem Alltag. Die Kanadierin ist mit Martina Consoli und Bálint Hajdu zu dritt auf der Bühne: Zunächst tanzen sie mechanisch in Sportbekleidungen, dann losgelöst in Anzügen und enden zuletzt wieder in bequemer Sportbekleidung, etwas weniger mechanisch als zuvor. Das Trio verkörpert Stürme von Gefühlen: Verbundenheit, Aggression, Freiheit, Zerrissenheit, Verlust, Eifersucht werden durch die Nähe und Distanz zwischen den Tänzer*innen ausgedrückt: Mal umschlingen sie sich innig, mal wird eine der beiden von ihm in die Lüfte gehoben oder aber sie klatschen sich selbst mit den eigenen Händen ab. Das Stück zeigt die Vielschichtigkeit von heterosexueller Liebe, mit oder ohne Anzug.

Marco Payer – Stance
Der ursprüngliche B-boy Marco Payer zeigt mit Jeanne Lakits zahlreiche Angriffsposen des Brakdance. Diese starren Momente halten jedoch nie lange inne, sondern zerbrechen immer wieder in aufrüttelnde Bewegungen. Mal tanzt das hell gekleidete Duo im selben Rhythmus und in denselben schnellen Abläufen, mal stehen sie getrennt voneinander in unterschiedlichen Positionen auf der Bühne oder sie gestalten footwork.Gegen Ende hin münden die vielen Bewegungsstopps in flüssige Abläufe, während das Duo (abwechselnd) laut schreit. „Jeder Stil hat seine ganz eigenen Regeln und Settings, diese wurden im Probenprozess hinterfragt. Auch kann die Stimme als verlängerte Bewegung gedacht werden,“ erklärt Marco Payer.

"Drive" von Haddas Eshel aus Israel: Schwebend im Licht.

Israel
Haddas Eshel – Drive
Die Tänzerin bewegt sich schwebend durch den Raum. In einem kurzen schwarzen Kleid geht sie den Impulsen ihrer Armen nach. Zunächst ohne Musik, später zu (Techno-)Beats. Kaum setzt die Musik ein, werden die Bewegungen etwas stockender, losgelöst bleiben lediglich die Arme, sie geben weiterhin flatternd, schlagend oder aber zitternd den Ton an. „Ich wollte den Moment des Schaffens darstellen und die Konzentration auf meine eigenen Fähigkeiten richten, um nicht über mögliches Scheitern nachdenken zu müssen“, meinte die Künstlerin im anschließenden Publikumsgespräch."Stance" (Jeanne Lakits, Marco Payer): Verbeugung im Applausgewitter.

Dorin Cohen Nissan – What is who
Drei Frauen in engen, hautfarbenen Anzügen mit Masken auf den Köpfen und über den Gesichtern: Wir haben den Planet Erde verlassen. Zunächst als Gruppe geeint und eng umschlungen legt das Dedoris Ensemble ein Licht auf der Bühne ab, um sich im nächsten Moment langsam in unterschiedliche Richtungen des Raumes davon weg zu bewegen. Das Tanzen ist mitunter abgehackt, aber gleichzeitig wirkt es sanft und stimmig. Die Tänzerinnen erleben auf ihren Wegen unsichtbare Berührungen, die bei den Dreien, in Einklang mit dem wechselnden Bühnenlicht, unterschiedliche Reaktionen hervorrufen. Nur das Licht der Tänzerinnen verändert sich nie. Es ist dieses beständige Licht, das die Tänzerinnen schließlich wieder als intime Gruppe vereint.

Craft Choreography #5”, fünf zeitgenössische Tanzstücke, kuratiert von Hygin Delimat. 6. Februar 2020, Brick 5.
Nächste Abende mit „Craft Choreography“: 12. März, 16. April 2020, Brick 5.
Fotos:Lukasz Majewski.
Video auf Englisch: "Real contemporary dance Talk (Craft Choreography)".