Suche
Huggy Bears müssen in Pension gehen, Kommentar
Huggy Bears, eine Initiative des erfolgreichen Kollektivs Superamas, geht bereits in ihr 2. Jahr. Das ist schön! Weniger schön ist, dass diese Eigeninitiative – die Unterstützung für Künstler_innen, die am Anfang ihrer Laufbahn stehen – von der Stadt Wien gekillt worden ist. Zum letzten Mal also erhalten drei von einer Jury ausgewählte freie Gruppen taxfreie Unterstützung bei der Entwicklung ihres Bühnenprogramms. Zum letzten Mal haben die von einer Jury ausgewählten Künstler_innen Gelegenheit gehabt, ihre Projekte im Rahmen des brut-Festivals imagetanz vorzustellen.
Malika Fankha („Let_s keep it open“), Matan Levkovich (“War and Love“) sowie Maiko Sakurai & Cat Jimenez (“PI – episode 3”) haben im Rahmen des brut-Festivals imagetanz erste Ergebnisse ihrer Arbeit vorgestellt und einem interessierten Publikum erklärt, wie sie an ihr Projekt herangehen. Den Rahmen für die kreative Arbeit will (wollte) Huggy Bears schaffen, indem die jungen Künstler_innen ein Jahr lang begleiten und beraten werden. Das Programm ist mit vielen Wiener Institutionen vernetzt, die es mit Räumlichkeiten, Workshops, Residenzen unterstützen. Es gibt keine finanzielle Unterstützung für die ausgewählten Teilnehmer_innen am Programm von Huggy Bears, aber alle Angebote sind gratis für die Beteiligten.
Killerkommando. Jetzt muss Huggy Bears auf dem Abstellgleis landen. Ohne Geld gibt es weder Musik noch Unterstützung für junge Künstler_innen. Die freiwillige Arbeit von Superamas und Partnern scheint dem Kuratorium der Stadt Wien für Theater, Tanz, Performance ziemlich wurscht zu sein. Auch wenn als „relevanter Aspekt“ für eine finanzielle Unterstützung durch die Stadt Wien „Förderung des künstlerischen Nachwuchses ebenso wie die Unterstützung bestehender relevanter künstlerischer Positionen und begonnener, etablierter Entwicklungen (‚Kraft der Generationen’)“ angeführt wird. Superamas erhält keine Subvention mehr und kann daher das Projekt Huggy Bears nicht mehr finanzieren. Die großen Pläne – „Ab 2018 planen wir die Ausweitung des Projekts, indem wir das internationale Netzwerk von Superamas einbeziehen, um den Künstlern noch breitere Unterstützung bieten zu können.“ – fallen ins Wasser.
Dass keine noch so erfolgreiche Freie Gruppe, ebenso wie keines der etablierten Theaterinstitutionen, von Burg und Oper bis zu den vereinten Musicalbühnen, ohne öffentliche Unterstützung überleben kann, ist kein Geheimnis. Nach welchen Kriterien diese Förderungen verteilt werden, allerdings schon. Es existiert zwar eine Liste der Bedingungen, doch die scheint wenig relevant. Erfüllen Superamas doch sämtliche Punkte auf der veröffentlichten Liste, von der „eigenständigen ästhetischen Ausdrucksweise“ über „transmediales Knowhow“ bis zur „Medienpräsenz“. Das künstlerische Kollektiv leistet seit 2002 in Wien kontinuierliche Arbeit, hat ein stetig wachsendes Publikum aus allen Alter- und Gesellschafsschichten, ist international so erfolgreich wie in Wien und versteht es politisch und gesellschaftliche relevante Themen unterhaltsam zu verpacken. Was die Stadt Wien hindert, dieses Aushängeschild heimischer Theater- und Performancearbeit zu unterstützen, muss mir jemand erklären.
Freie Szene nur noch lästig? Das Kuratorium (von der Stadt bezahlt) scheint nicht als Anwalt der Künstler_innen zu agieren sondern als ausführendes Organ der Kulturabteilung. Immer öfter muss ich von Künstler_innen hören, dass sie das Gefühl haben: „Die Stadt will uns gar nicht haben. Unsere Arbeit wird nicht gewürdigt, wer Glück hat oder gute Beziehungen, bekommt ein Almosen.“ Wenn dem so ist, dass die Freie Szene nicht mehr erwünscht ist, dann sollte das deutlich ausgesprochen werden.
Schon sehr lange fehlt es der Kulturabteilung an einem, von jedem Schraubenhersteller veröffentlichten, Mission Statement für die Freie Tanz-und Theaterzene. Oder, deutsch gesagt, an einem einen deutlichen Kozept.
Was will die Stadt? Wo setzt sie ihre Prioritäten?
Die zu Unrecht viel gepriesene Theaterreform (1983) hat keinerlei Klarheit gebracht und auch im Kern nichts geändert. Lediglich manche Prioritäten haben sich verschoben. Doch die Mehrheit der Künstler_innen wissen nicht warum sie heute gefördert werden und morgen nicht mehr. An nachhaltiges (sic) Arbeiten ist unter solchen Umständen kaum zu denken.
Eine Reform der Reform ist dringend nötig.
Vielleicht auch ein Wechsel auf dem Sessel des Kulturstadtrates. Andreas Mailath-Pokorny, den man öfter auf dem Fußballplatz sieht als im WUK, brut oder Tanzquartier (was ihm nicht zu verübeln ist, schließlich ist er auch für den Sport zuständig, und zusätzlich noch für die Wissenschaft, was eindeutig ein Zuviel an Agenden ist), ist seit 2001 im Amt. Schade, dass diese Kontinuität kein deutlich erkennbares Profil hat.
Superamas: Huggy Bears Projektvorstellung zum letzten Mal. 19.März 2017, brut im Rahmen von imagetanz.
Die wichtigsten Partner von Huggy Bears: brut, Tanzquartier, im_flieger, ImPulsTanz, WUK, Wiener Tanz- und Kunstbewegung (Juren/Rauschmeier), Michikazu Matsune, Raum 33/Elio Gervasi.
Kommende Produktionen
30. 6. 2017: Superamas zum Saisonabschluss im WUK.
Dezember 2018: Präsentation der fertigen Arbeiten der Huggy Bears Künstler_innen.
April 2018 im MuTh: Philippe Riera / Superamas mit Clara Frühstück (Piano).