Georg Haderer: "Schäfers Qualen“, Krimi, tb
Diese Qualen von Major Johannes Schäfer, Tiroler in Wien, sind der Leserin alles andere als eine Qual. Eher ein Vergnügen, garniert mit klugen Gedanken. 2009 hat Georg Haderer, ebenfalls Tiroler in Wien, seinen ersten Krimi veröffentlicht und ist dazu wohl wieder in seine Heimat gereist, so authentisch und auch ein wenig boshaft ist dieses erfolgreiche Debüt. Wer Krimis gern in der Bahn liegen lässt, um andere zu erfreuen oder in der Badewanne liest, was nicht ohne Tauchübungen des Papiers möglich ist, für die gibt es jetzt den Tirolausflug des eigenwilligen Polizeimajors als Taschenbuch.
Ein Erstling, der die Leserin sofort auf den Geschmack bringt. Gar so sympathisch ist ja der Kauz mit seiner verlorenen Liebe, dem gespannten Verhältnis zu den Eltern und voll des schlechten Gewissens wegen der zahlreichen Jugendsünden nicht. Aber er denkt viel nach und seine Gedanken und Bemerkungen sind keineswegs unsinnig. Seine Ermittlungsmethoden allerdings erscheinen den Kollegen in Kitzbühel schon ziemlich abwegig. Zumal, man kennt das ja, so gemütlich bummelnde Hocker in den Polizeistuben wenig Freude zeigen, wenn ihnen ein Fremder vor die Nase gesetzt wird. Noch dazu ein Fremder, der gar keiner ist, denn Schäfer kennt sich bestens aus im Skiort Kitzbühel und ist den älteren Bewohner*innen noch mehr oder weniger gut in Erinnerung. Im Stress ist man als Kriminalist zwischen Hahnenkamm und Horn nicht gerade. Mord ist selten, schlimmstenfalls muss die torkelnde Schickeria nach Hause begleitet werden oder einem betrunkenen Nordländer das Bußgeld für die Straßenreinigung abgeknöpft werden. Aber jetzt, Anfang Juli, sind gar keine betrunkenen Schifahrer da, die Hackelstöckler, bundesdeutsche Bergwanderer, stören weniger, doch die Leiche, die am Gipfelkreuz hängt, stört und beunruhigt nicht nur die Polizei. Der Täter hat sich viel Mühe gemacht, denkt der angereiste Major. Und er wird das noch öfter denken, denn der gekreuzigte Bergsteiger bleibt nicht der einzige Tote, der nächste steckt eingemauert in Beton. Pech für den jungen Ferialpraktikanten, der den Bauunternehmer noch halb lebend findet und den Namen des Mörders ins Ohr geröchelt bekommt. Schäfer ist irritiert und geht seine eigenen Wege, die nicht nur der Staatsanwalt für Irrwege hält. Außer dem alten Pfarrer und dem diensteifrigen jungen Beamten Kern hat er kaum Freunde in Kitz‘. Doch eine Freundin, seine einstige Freundin, hat er immer noch, auch wenn er sie in seiner Sturm- und Drang-Zeit nach Strich und Faden betrogen und belogen hat. Marie samt Ehemann und dreijähriger aufgeweckter Tochter geben ihm sogar für eine Nacht Asyl und damit auch ein Alibi.
Nicht er selbst, aber die Ermittlerkonkurrenz schließt keine und keinen aus, die gefinkelten Morde begangen zu haben. Schäfer aber ermittelt trotz „Beurlaubung“ wegen der scheinbaren Verirrungen in Sackgassen ungebremst weiter und weiß längst, wer dieser Mörder / diese Mörderin ist. Nicht Geld und Sex sind der Antrieb, sondern Rache.
Georg Haderer weiß mit der Sprache umzugehen, übt sanfte Gesellschaftskritik und hat mit Major Johannes Schäfer, ohne die üblichen Klischees zu bedienen, einen Ermittler geschaffen, der inzwischen schon sechs Fälle auf seine Art gelöst hat. Vielleicht haben beide schon genug, der Major und der Autor, denn der letzte Krimi („Sterben und sterben lassen“) ist 2014 bei Haymon erschienen und 2016 als Taschenbuch. Bald gibt es die gesamte Schäfer-Serie als tb.
Aktuell gelesen, das neue Taschenbuch des Debütromans:
Georg Haderer: „Schäfers Qualen“, Haymon tb, 2018 (Erstauflage, gebunden, 2009), 304 S. € 12,95.