Alexander Söderberg – "Der zweite Sohn"
Wieder mal das übliche Schicksal einer geplanten Serie. Der Erste Teil, in diesem Fall der erste Band einer angekündigten Trilogie, schraubt die Hoffnungen so weit in die Höhe, dass die Erfüllung im zweiten nicht eintritt. Mit der Protagonistin, Sophie Brinkmann, einer allein erziehenden Krankenschwester, zeigt Alexander Söderberg wie unscharf die Grenzen zwischen Gut und Böse und auch zwischen Verrat und Treue sind. Im ersten Band, „Unbescholten“, ist das großartig gelungen. Der zweite verwirrt, langweilt und enttäuscht.
Sophie, die an das Gute glaubt, hat sich in einen Patienten verliebt, realisiert erst, als sie bereits mit ihm lebt, dass er ein Drogenhändler und Mafiaboss ist. Geht es im ersten Band vor allem um die Liebesgeschichte Sophies, ihre Vergangenheit und die Liebe zu ihrem Sohn sowie ihres neuen Geliebten Hector Guzmann Geschäfte, so lässt sich der Autor im zweiten primär auf die Kämpfe zwischen den rivalisierenden Drogenkartellen ein. Hector Guzmann liegt nach einer wilden Schießerei im Koma und wird nicht nur von der Polizei gesucht. In den verschiedenen Verbrechergruppen wimmelt es von Verrätern und Überläufern und bald weiß die Leserin nicht mehr, wer zu wem gehört und auch Sophie steht zwischen den Fronten, weil sie versucht als Vermittlerin zu agieren. Bald halten sie die eigenen Leute, denen sie af naive Weise helfen will, für eine Verräterin.
Ununterbrochen knallen Schüsse, Verdächtige werden hingerichtet, Leichen pflastern jeden weg. Die Tatortreiniger kommen mit der Leichenentsorgung kaum noch nach und In der Leserin die Langeweile hoch. Böse sind nicht nur die Drogenhändler und Menschenschmuggler, auch in der Polizei hält man es mit der Moral nicht so genau, Korruption ist an der Tagesordnung, Mord die unabdingbare Folge.
Dann wird Sophies Sohn entführt und als Geisel gehalten. Dort lernt er einen anderen jungen Mann kennen, Hector Guzmanns unehelichen Sohn, von dem dieser nie erzählt hat. Guzmann wacht aus dem Koma auf und wir warten darauf, wie es weitergehen wird. Denn die Fließband-Brutalität stumpft auch die Leserin ab, sie will jetzt wissen, was mit den beiden Söhnen passiert. Die Antwort auf die Frage, ob der Zweck die Mittel heiligt, also wie weit man gehen darf, um die Liebe / den Liebsten zu retten, ist jene die der Autor stellt und die Leserin selbst beantworten muss. Sophie weiß die Antwort schon: Sie wird alles tun, um ihren Sohn zu retten.
Alexander Söderberg bei Piper 2014 / 2015.
„Der zweite Sohn“, übersetzt von Stefan Pluschkat. 448 S. € 15,50
„Unbescholten“, übersetzt von Hanna Granz, 480 S. € 10,30