Sasha Waltz mit „Körper“ im Tanzquartier
Mit der Uraufführung des Tanzstücks „Körper“, des ersten Teils der gleichnamigen Trilogie, startete Sasha Waltz, als erste Choreografin und einzige Frau im Leitungsteam, ihre Tätigkeit als Co-Direktorin der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin. Sowohl thematisch wie auch ästhetisch war „Körper“ damals, im Jänner 2000, Neuland, für Waltz und das Publikum. Das bahnbrechende Tanzstück wird im Oktober im Tanzquartier gezeigt.
Waltz signalisierte mit der Uraufführung von „Körper“ gemeinsam mit Thomas Ostermeier, der Lars Noréns Stück „Personenkreis 3.1.“ als deutsche Erstaufführung zeigte, den Neubeginn der Schaubühne als spartenübergreifendes Haus. 30 Jahre lang war die Schaubühne wesentlich von Peter Steins Sprechtheater geprägt worden. Mit dem neuen Direktorium (Choreografin Waltz, Regisseur Ostermeier, Dramaturgen Jens Hillje und Jochen Sandig) waren auch die Tanzkörper, sprachlos, präsent.
Nüchtern geht Waltz an ihre Untersuchung des Körpers (Organe, Knochen, Haut, Nervensystem, Blutbahnen) heran. Dennoch waren viele Kritiken hymnisch: „Zauberszenen in einer neuen, nie gesehenen Schönheit “ sah Arno Widman in der Berliner Zeitung. Mit „Körper“ erzählte die Choreografin erstmals keine Geschichte, sondern zeigt abstrakte Körperbilder. „Ein Theater der Biomechanik, cool, heftig, kalt“ urteilte Peter von Becker im Tagesspiegel und erkannte auch die „radikale Verneinung gegen die Körperbilder der Werbung und Medien“. Das war vor 15 Jahren!
Die fast nackten Körper der 14 Tänzer_innen formen sich zu einprägsamen Tableaus. Wie Reptilien kriechen sie in den Glaskasten, winden sich umeinander, werden an den Wänden plattgedrückt.
Auf „Körper“ folgten die beiden anderen Teile der Trilogie: „S“ ebenfalls 2000, über die Themen Sexualität und Erotik. Der 3. Teil, „noBody“ (2002), befasst sich mit der Sterblichkeit und fragt nach der metaphysischen Existenz der Menschheit.
„Continu“ in St. Pölten. Nur wenige Wochen davor ist im Festspielhaus St. Pölten eine jüngere, aber nicht weniger eindrucksvolle Choreografie von Sasha Waltz zu sehen. Erstmal wird dieses Stück von einem riesigen Klangkörper, dem Tonkünstler-Orchester, live begleitet.
Neben Kompositionen von Iannis Xenakis und Claude Vivier ist der musikalische Kern des Abends Edgard Varèses „Arcana“ mit 120 Musiker_innen, die mehrere Instrumente spielen, darunter 40 verschiedene Schlaginstrumente, die den Gesamtklang bestimmen. Die 24 Tänzer_innen scheinen die Musik als hochenergetisches Drama in einer streng architektonischen Struktur sichtbar zu machen.
Sasha Waltz & Guests:
„Körper“, 15., 16. Oktober, Tanzquartier
„Continu“, 25., 26 September, Festspielhaus St. Pölten