Mihail Sosnovschi ist Blaubart / Stephan Thoss
Thoss | Wheeldon | Robbins“ nennt sich der dreiteilige Abend aus dem Repertoire schlicht nach den Choreografen der drei unterschiedlichen Stücke. Aufwühlend, Stephan Thoss mit der Geschichte um „Blaubart’s Geheimnis“, goldig Christopher Wheeldons Blick ins Paradies verliebter Narren („Fool’s Paradise“), fröhlich und bunt, Jerome Robbins’ Tanz durch die „Vier Jahreszeiten“ („The Four Seasons“). Mihail Sosnovschi gibt sein Rollendebüt als liebeshungriger Blaubart, sein Alter Ego ist, ebenfalls zum ersten Mal in dieser Rolle, Francesco Costa.
Ganz aus der Musik von Philip Glass entwickelt Choreograf Thoss sein ungewöhnliches Bewegungsvokabular. Jede Figur hat ihr eigenes Vokabular, die Tänzer_innnen können sich ganz auf die Musik verlassen. In der neuen Besetzung mit Mihail Sosnovschi als Blaubart, Francesco Costa als Alter Ego und den bereits Rollen erfahrenen Damen Eszter Ledán (Judith) und Gala Javonaovic (Mutter) sind die Ecken und Kanten der handelnden Personen (und ihrer insektenhaft bewegten Arme und Beine) etwas abgeschliffen, der Kontrast zwischen dem für die Frauen faszinierenden und auch auf sie Macht ausübenden Blaubart und der sanften Judith, die nach der ersten Begegnung nur aus Angst besteht, schärfer.
Sosnovschi ist ein hochemotionaler Blaubart, gibt dem körperlichen Zusammentreffen mit Judith eine deutlich erotische Note. Judith kämpft sich tapfer durch seine verschlossenen Seelenkammern, schließlich gelingt es ihr, der eiskalt lauernden Mutter, die Tür auf die Nase zu knallen und sie für immer zu verbannen. Selbst wenn Thoss sie in einer grausigen Szene versiebenfacht hat. Blaubart fügt sich, Judith bestimmt von nun an, wie es weitergeht. Am Ende liegen beide übereinander auf dem Rücken, will heißen es geht weiter, vielleicht gelingt ein Leben zu zweit.
Technisch sind die beiden Haupttänzer ebenso untadelig, wie das gesamte Ensemble. Da das an diesem Abend das Staaatsopernorchester (Dirigent Alexander Ingram, am Klvier im 2. Satz des "Tirol Concert" Laurene Lisovich) die Dramatik von Glass’ Kompositionen besonders einfühlsam und differenziert interpretiert, konnten sich die Tänzer_innen ganz der Musik hingeben.
Sosnovschi ist für mich ein ganz neuer, jedoch ebenso stimmiger, Blaubart wie seine Vorgänger (Kyrill Kourlaev bei der Premiere in der Volksoper; Eno Peçi als der Blaubart schlechthin). Auch Francesco Costa, der gerne das fröhliche Springinkerl gibt, hat seine Rolle erfasst, ist ein unheimliches Alter Ego, der die grausamen Seiten Blaubarts abschreckend deutlich macht.
Auch in den beiden anderen Stücken waren einige Rollendebüts zu sehen. Anita Manolova, Robert Gabdullin, Alexis Forabosco und Alexandru Tcacenco ergänzten als Rollen-Neulinge, Ketevan Papava, Nina Poláková, Eszter Ledán (die kaum Zeit hat, sich von Judith zu verabschieden), Denys Cherevychko und Eno Peçi.
Auch Ioanna Avraam mussten ihre Fans nicht missen. Die Solotänzerin war ein fröhlicher Herbst in Robbins’ „Four Seasons“. Im Winter erfreuten, wie gewohnt, Solotänzerin Nina Tonoli als Schneeprinzessin, Greig Matthews und der junge Tänzer (Engagement 2016) Scott McKenzie als Zyphire. Als besonders anmutig frierende Schneeflocke fiel mir wieder Rikako Shibamoto auf. Unter die frühlingsfrischen Jünglinge (Marian Furnica, Trevor Hayden, Andrey Teterin) mischte sich Tristan Ridel als Neuer in der Rolle. Natascha Mair und Jakob Feyferlik lassen mit Charme und feinem Zusammenspiel erquickende Frühlingslüfte ins Herz ziehen.
Ein Abend, überraschend und genussreich. Der Applaus bedachte auch das Orchester mit herzlicher Zuneigung.
„Thoss | Wheeldon | Robbins“, („Blaubarts Geheimnis“/ Ausschnitt, „Fool’s Paradiese“, „The Four Seasons“), Dirigent Alexander Ingram. Rollendebüt für Mihail Sosnovschi und Francesco Costa. 25. November 2016, Wiener Staatsballett in der Staatsoper.
Letzte Vorstellungen in dieser Saison: 28.11. in obiger Besetzung.
2.12. mit kleinen Änderungen Besetzung wie am 21.11. 2016.