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Ballettabend: „A suite of Dances“ mit Debüts

Der Neue, Alexey Popov, mit Claudine Schoch in "Glass Pieces".

Der Abend „A Suite of Dances“ ist Jerome Robbins gewidmet. Der amerikanische Meisterchoreograf dominiert den Abend mit drei attraktiven Balletten, zwei Gruppenstücken und einem langen Solo für einen Tänzer. Im Mittelteil des Abends ist ein doppeltes Duo aus Musik und Tanz zu genießen. George Balanchine hat zu Igor Strawinskys „Duo Concertant für Violine und Klavier“ die Choreografie gleichen Titels für eine Tänzerin und einen Tänzerin geschaffen. Ein abwechslungsreicher Abend, der dem Publikum, befreit von den Masken und daher in Mengen erschienen, große Freude bereitet hat.

Die Herren im letzten Akt von "Glass Pieces". Die Damen kommen bald nach. „Glass Pieces“ zur Musik von Philip Glass kann rundum beglücken, vor allem, wenn man sich der Musik von Philip Glass mit Freude hingibt. Robbins kann eine Gruppe von Tänzerinnen und Tänzern choreografieren, inszenieren und dirigieren, zeigt ein lockeres Flanieren und Eilen in der Großstadt, ein Durcheinander, das wohl geordnet ist. Im dritten Satz haben die Männer ihren fulminanten Auftritten, lassen die Muskel spielen, bis die Mädchen antanzen. Jerome Robbins mangelt es auch in diesem Ballett nicht an Humor. In den beiden vorangehenden Sätzen werden auch die Solist:innen mit Applaus belohnt. Elena Bottaro als "Die Ballerina" in Jerome Robbins Ballett "The Concert". Am Klavier: Igor Zapravdin.Der zweite Satz gehört ganz dem solistischen Paar und gibt immer wieder Gelegenheit, persönliche Debüts zu feiern. Das tat die elfenhafte Elena Bottaro gemeinsam mit Roman Lazik, der in der Premiere mit Nina Poláková ein perfektes Paar gebildet hat, mit Leichtigkeit. Schon bei der Premiere dieses vierteiligen Abends im Mai hat sie gezeigt, welch ausgezeichnete Tänzerin sie ist, als sie die Rolle der preziösen Ballerina in „The Concert“ mit Humor und zarter Energie gespielt und getanzt hat. Lazik hält sie sicher und warm, während im Hintergrund ein Schattentanz der ganz anderen Art abrollt. In endloser Reihe tanzen, knicksen, drehen die Damen vor einem Bogen Millimeterpapier als schattenhafte Figuren, die, wie die Gesten des Ensembles im ersten Satz, oft wie Piktogramme wirken. Das Defilee der zeichenhaften Ballerinen ist keineswegs gleichförmig und so spannend, wie das Paar im Vordergrund innig ist. "Glass Pieces" mit Claudine Schoch und Alexey Popov , ein Debüt.
Am selben Abend, der 10. Vorstellung, hat auch Marcos Menha die Solorolle in Robbins „A Suite of Dances“ zum ersten Mal getanzt. Nach zehn Jahren beim Ballett am Rhein verstärkt Menha seit der Saison 2020/21 die Reihe der Ersten Solotänzer im Wiener Staatsballett. Er ist nach Davide Dato und Eno Peçi der dritte Solist, mit dem sich die Cellistin Ditta Rohmann (Robbins verlangt, dass die Préludes und Tanzstücke – Gigue und Sarabande – aus Bachs Suiten für Violoncello solo von einer Frau gespielt werden) auseinander oder eher zusammensetzen muss. Eine Choreografie, eine Cellistin, doch durch die Individualität der Tänzer drei unterschiedle Vorstellungen. Davide Dato, der auch die Premiere im Mai 2021 getanzt hat, ist der jüngste der Solisten, quasi am weitesten entfernt von Mikhail Baryshnikov, für den Robbins „A Suite of Dances“ geschaffen hat. Der elastische, kräftige Tänzer garniert seine vier unterschiedlichen Solos mit strahlender Fröhlichkeit und jugendlicher Lässigkeit und erlaubt sich auch einen kurzen Flirt mit der Cellistin. In der Premiere des Robbins-Abends: Roman Lazik, Nina Poláková, ein Traumpaar nicht nur in "Glass Pieces".Der geschmeidige Eno Peçi lässt mit seiner eleganten Interpretation viel Raum zu träumen und zu genießen, wie die Musik den Tanz macht, der ohne den Tänzer nicht existieren würde. Marcos Menha ist ein graziler, zerbrechlich wirkender Tänzer, der sich elegant der Musik anpasst, dem jedoch Bühnenpräsenz und Temperament nicht wichtig scheinen. Auch seine Purzelbäume und die nonchalante Geste am Ende der Suite, mit der der Tänzer der Cellistin signalisiert, dass sein Auftritt lang genug war, werden mit großem Ernst ausgeführt. Davide Dato hat seinen Part bereits mehrmals tanzen dürfen und von Mai bis Oktober genügend Zeit und Grips gehabt, um an der Rolle zu feilen. So habe ich nicht drei unterschiedliche Vorstellungen, sondern vier gesehen. Schade, dass die Saison für „A Suite of Dances“ schon zu Ende geht. Ditta Rohmann und Davide Dato, Flirt mit Bach-Suiten.
In der 12. Aufführung, am 20. Oktober, war ein Debüt zu sehen, das zugleich eine Premiere für den Tänzer und das Publikum war. Alexey Popov, gebürtiger Moldawier, hat das Bayerische Staatsballett, wo er vier Jahre, das letzte als Erster Solotänzer, aufgetreten ist, verlassen, um in das Wiener Staatsballett einzutreten. Sein Hausdebüt hat er in „Glass Pieces“ als Solist im zweien Satz gefeiert. Partnerin des blonden kräftigen Tänzers war Claudine Schoch, die seit der Saison 2020/21 in Wien als Erste Solotänzerin engagiert ist. Zu sehen war ein harmonisches Paar, das präzise die Choreografie ausgeführt hat, doch (noch) keine Verbindung aufnehmen konnte. Der in der St. Petersburger Waganowa Akademie des Mariinski-Balletts in St. Petersburg ausgebildete Tänzer wird noch oft zu sehen sein. Zum Beispiel am 28. und 30.10., wenn er mit Maria Yakovleva in „Symphony in Three Movements (Balanchine / Strawinsky) das dritte Solopaar bilden wird. Da wird das Publikum den neuen Prinzen wieder so bejubeln wie bei seinem ersten Auftritt in der Staatsoper.Schattentanz in unaufhörlicher Folge: Großartiger Effekt in "Glass Pieces". Ernsthaft, eine Ballettaufführung lebt nicht von Solist:innen allein, die Compagnie braucht ihre Stützen, Halbsolist:innen und das Corps, das aus lauter Individuen besteht, sodass die Ballettmeister:innen es zu einer Einheit verschmelzen müssen. Auf dem Programmzettel sind sie alle aufgeführt, sie in einem Nachbericht zu nennen, würde jegliches Maß überschreiten (und wer liest schon gern ein Telefonbuch, schon gar nicht, wenn die Nummern fehlen). Angenehm aufgefallen ist mir schon mehrmals die Solotänzerin Sonia Dvořák, eine Amerikanerin, die zuletzt im Ballett am Rhein getanzt hat. Mir Lourenço Ferreira (der Portugiese ist seit 2020/21 als Halbsolist in Wien) zeigt sie Bühnenpräsenz und Musikalität in Balanchines „Duo Concertant“. Dvořák ist auf der Bühne nicht nur eine Tänzerin, sondern auch eine Frau, die mit dem Geiger kommuniziert und auch ihren Partner fest in der Hand hat. Dieser, Lourenço Ferreira, fällt ebenfalls immer wieder auf. Am 28. und 30. 10. wird er im Dreiteiler „Tänzer, Bilder, Sinfonien“ mit Kiyoka Hashimoto in Alexei Ratmanskys Choreografie „Pictures at an Exhibition“ zur Modest Mussorgskis gleichnamiger Komposition tanzen.

„A Suite of Dances“, „Glass Pieces”, “A Suite of Dances” und “The Concert”, Choreografien von Jerome Robbins. “Duo concertant”, Choreografie von George Balanchine; Shino Takizawa, Klavier, Fedor Rudin, Violine. Ditta Rohmann spielt in “A Suite of Dances” vier Sätze aus den „6 Suiten für Violoncello solo „von Johann Sebastian Bach. Benjamin Pope hat das Staatsopernorchester mit vollem Einsatz  dirigiert („Glass Pieces“, „The Concert“). Wiener Staatsballett in der Staatsoper, verschiedene Solist:innen. Gesehen am 17. und 20. Oktober 2021.
Die letzte Aufführung in dieser Saison, die 12. dieser Neueinstudierung, ist am 23. Oktober 2021 zu sehen.
Fotos: Ashley Taylor, © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor