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Körper-Denken: Scores 0 – 7, zum Nachlesen

Illustration zu Toxc Dreams "The Circus of Life" © Scores 7 / Tanzquartier

Wo steht der zeitgenössische Tanz, wo will er hin und mit welchem Gepäck? Das sind nur einige der Fragen, die sich das Tanzquartier Wien in den SCORES-Broschüren stellt, die es von der Spielzeit 2009/2010 an als Nachklapp seines gleichnamigen Diskursfestivals herausgibt. Nun liegen die SCORES No. 0 bis 7 in einer seriösen Hardbox vor – jeder schlanke Band dezent pastellig abgetönt; doch schon beim ersten Blättern springen einem die buntesten Zeugnisse kreativen Denkens und Schaffens entgegen: Rasch Hingekritzeltes steht hier neben akribisch Dokumentiertem, das kryptischste Notat neben der anschaulichsten Bilderstrecke. Und immer schwingen in all dem die Fragen mit, die Tim Etchells im Eingangsgedicht zur No. 2 stellt: „What escapes notice? What is overlooked?“

Cover Scors Nummer 0. © Tanzquartier.atAlle acht SCORES-Bände - von „the skin of movement“ bis zu „archives to come“ - sprechen die internationale Verkehrssprache des performativen Denkens und enthalten aufschlussreiche Interviews - zum Beispiel mit Mette Ingvartsen zu ihrer grandiosen Mitmach-Lecture Performance „69 positions“ in der jüngsten Ausgabe, worin sich auch Siobhan Davies kluge Gedanken über ein generatives Archiv für die Kunst der Bewegung macht. Daneben gibt es aber auch unglaublich Witziges wie die gezeichnete Anleitung des Wiener Musikers NOID zum “Singen“ unter der Dusche mittels Kopfbewegungen, Druckausgleich und Lenkung des Wasserstrahls.

Körper machen Spaß und haben manchmal auch politisch Gewicht: So nehmeDani Perjovischi zeichnet seine Gedanken. © Rita Sabri / Scores 7_ Tanzquartier n die SCORES No. 5 ihre Funktion bei den Protesten im Istanbuler Gezi-Park unter die Lupe und Rabih Mroué versucht in einem Foto-Essay einmal mehr der Komplizenschaft zwischen Kriegsführung und Bilderproduktion auf die Spur zu kommen. 

Damit ist dieses Kompendium in erster Linie eine Fundgrube für Tanz- und Performance-Maniacs, die hier auch in die Köpfe und Werkstätten zeitgenössischer Choreografen wie Philipp Gehmacher und Laurent Chétouane oder weiter zurück in die Geschichte blicken können. Aber auch jeder andere Entdeckerlustige wird seine Freude haben an den Bänden, die selbst kleine Kunstwerke sind.

Tanzquartier Wien: SCORES No.0-No.7, herausgegeben von Waler Heun, Leila Mehanovic, Krssimira Krouchkova, Sandra Noeth und Geabriele Cram. Wien 2017, ISBN 978-3-200-05171-3, 49,- € (Erhältlich in allen internationalen Filialen der Buchhandlung Walther König. Der Verkaufserlös geht an das neue Tanzquartier Wien.)