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Stefan Bachmann. „Palast der Finsternis“, Fantasy

Stefan Bachmann, © Maurice-Haas-Diogenes-Verlag

Fünf amerikanische Teenager werden eingeladen, an einem interessanten Forschungsunternehmen in Europa teilzunehmen. Stolz und neugierig und ein wenig aufgeregt fliegen sie mit dem Privatflugzeug der Gastgeber samt dem leitenden Archäologen nach Paris. Dort soll es einen unterirdischen Palast aus der Zeit der französischen Revolution geben, der eben entdeckt worden ist und überprüft werden soll. Der junge Autor Stefan Bachmann entwickelt in seinem dritten Fantasy-Roman, „Palast der Finsternis“, einen wahren Albtraum, einen Tauchgang in eine verspiegelte Welt voller Fallen und unheimlicher Figuren.

Die jungen Leute, zwei Mädchen, drei Burschen, werden im alten Schloss der Bessancourt wohnen, direkt über dem eben entdeckten Palais du Papillon. Das feudale erste Abendessen wird mit einem Schlaftrunk beendet, der alle fünf in eine tiefe Bewusstlosigkeit versenkt.

"Drop of Night", das Cover der Originalausgabe © HarperCollins PublishersAls vier von ihnen wieder aufwachen, ist es vorbei mit der fürsorglichen Behandlung. Der fünfte wird vor ihren Augen getötet und die vier müssen erkennen, dass sie Gefangene sind, der freundliche Professor ist der Kerkerwärter. Die vier, die einander kaum kennen, versuchen zu fliehen und geraten in den labyrinthischen Schmetterlingspalast, aus dem sie kaum herausfinden. Hinter jeder Ecke lauert eine neue Gefahr, sie wissen, dass sie tot sind, wenn sie nicht an die Oberfläche finden. Sonderbare Wesen tauchen auf, Zombies und uralte lebende Leichen, die aus tiefen Wunden bluten, und nicht nur der Professor und seine Maschinenmenschen drohen, sondern auch der geheimnisvolle Schmetterlingsmann. Manche von den umherirrenden Figuren versuchen, mit ihnen zu sprechen, doch niemand weiß, ob ihnen zu trauen ist. Und dann taucht auch der tote junge Mann wieder auf. Doch ist er auf der Seite der vier Teenager, die so ahnungslos in ein verwirrendes Abenteuer gestolpert sind?

Unterbrochen wird die Geschichte von der gefahrvollen Suche nach einem Ausgang durch das Tagebuch der jungen Aurélie de Bessancourt, die 1789 mit ihren Geschwistern vom Vater im unterirdischen Palast vor dem mordenden Mob der Revolutionäre geschützt werden soll. Die Mutter hat den Abstieg nicht geschafft, sie wurde von den das Schloss Stürmenden erstochen. Bald muss Aurélie erkennen, dass ihr Vater verrückt ist. Wie die Bediensteten ist auch sie eingesperrt, getrennt von ihren Geschwistern, bestens versorgt, doch ohne die Möglichkeit, mit jemanden zu sprechen. Doch mit kühler Vernunft und List gelingt es ihr endlich doch, mit einem jungen Bediensteten Kontakt aufzunehmen. Gemeinsam versuchen sie zu fliehen.

Auch die Geschichte von heute ist wie ein Tagebuch verfasst, das von der abweisenden, weil unglücklichen, Anouk, quasi in Echtzeit aufgezeichnet wird. Dieses Mitschreiben der Gegenwart zerrt natürlich an den Nerven der Leserin. Nichts ist vorbei, alles geschieht im Moment, und was noch geschehen wird, kann niemand ahnen. Es pfeift und wimmert, knistert und seufzt, Marschtritte sind zu hören, Lüster sausen von der Decke und fahren Lanzen aus, der Fußboden öffnet sich. Zwei tapfer Mädchen und zwei ziemlich lahme Burschen kämpfen um ihr Überleben. Der Spiegelsaal im Schloss Versaille, sieht dem im Palais du Papillon recht ähnlich. Photo Myrabella / Wikimedia Commons

Durch das Springen zwischen dem 21. und dem 18. Jahrhundert hat der Autor die Möglichkeit, jede Menge Cliffhanger einzubauen und den Erzählungsfaden gespannt zu halten. Bachmann, der in Amerika geboren ist und auf Englisch schreibt, weiß seine Worte wohl zu setzen und seine Sätze fließend zu verbinden. Außerdem kann er aus einer Megatonne Fantasie wählen. Immer neue Schrecknisse fallen ihm ein, doch auch wenn das Palais du Papillon meist in Dämmerlicht getaucht ist, ist es doch ein prächtiges Schloss, mit Seidentapeten und glitzernden Edelsteinen, orientalischen Teppichen und kostbaren Möbeln ausgestattet. Angeblich, so wird gemunkelt, wollte Bessancourt das Schloss von Versailles übertreffen. Ein Größenwahnsinniger. Doch seine Linie ist längst ausgestorben, das Schloss darüber gehört einer Familie Sapani, die durch das Monopol auf den Waffenhandel seit Jahrhunderten die Welt regiert.

Cover der detuschen Ausgabe © Diogenes VerlagIch bin gar keine Fan von Fantasy Romanen, außer Tolkiens „Herr der Ringe“ habe ich keinen gelesen. Doch die Bücher Bachmanns üben einen Sog aus, dem ich mich nicht entziehen kann. Und wenn man will, findet man, wie in jedem guten Roman, ob Fantasy oder Kriminal, auch aktuelle Themen, die der Autor behandelt. Vor allem geht es bei Bachmann um die Hybris der Mächtigen, die nach der Weltherrschaft und dem ewigen Leben streben, aber auch um die Ausgrenzung von Andersartigen und – wie sollte es bei einem inzwischen 24jährigen Autor, der seinen ersten Roman mit 19 geschrieben hat, anders sein – um das Erwachsenwerden und diesmal auch darum, dass man weiter kommt, wenn man gemeinsam geht.

Der Fantasy-Thriller bietet pure Unterhaltung, ohne Zeit und Geduld zu verschwenden.

Stefan Bachmann bei Diogenes
„Palast der Finsternis“ („A Drop of Night“), aus dem Amerikanischen von Stefanie Schäfer,  2017, 400 S. € 18.50.
„Die Seltsamen“ („The Peculiar“), aus dem Amerikanischen von Stefan Riffel, 2015, 368 S. € 10.30.
„Die Wedernoch“ („The Whatnot“), aus dem Amerikanischen von Stefan Riffel,  2015, 416 S. €. 7,99. Alle drei Romane sind auch als eBook erhältlich.