Martin Prinz: „Die letzte Prinzessin“, Roman
Gestorben ist sie 1963 als Elisabeth Petznek, Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Geboren ist sie 1883 als Erzherzogin Elisabeth Marie Henriette Stephanie Gisela von Österreich. Diese „letzte Prinzessin“, über die Martin Prinz einen Roman geschrieben hat, war Kronprinz Rudolfs einzige Tochter, Lieblingsenkelin des Kaisers. Durch eine Messalliance mit dem Windhund Otto Windisch-Graetz, die in einem schier endlosen Rosenkrieg der Kinder wegen endete, verzichtete sie auf alle Ansprüche. Prinz hingegen verzichtet auf eine stringente Dramaturgie seines Romans und gerät bei aller Liebe zur letzten Prinzessin leicht ins Schwafeln.
Martin Prinz, so scheint mir nach der Lektüre seiner Romane, arbeitet lieber mit den Füßen als mit dem Schreibgerät. In seiner Jugend war er, geboren 1973, Marathonläufer, folgerichtig handelte sein erster Roman ebenfalls von einem Marathonläufer, der zum „Räuber“ geworden ist und wochenlang die Polizei narrt. Acht Jahre später ist der Wälzer „Über die Alpen“ erschienen. Wie Hannibal oder Goethe und viele andere hat Prinz selbst per Pedes die Alpen überquert. Von diesem Bericht habe ich mich bald verabschiedet, Wandern interessiert mich weder im Selbstversuch noch als Lektüre.
Doch an der "letzten Prinzessin“ bin ich drangeblieben. Es sind ja auch vor allem die ersten dreißig Jahre aus dem Leben dieser (ehemaligen) Prinzessin, auf die sich der Autor konzentriert. Die letzten Tage der alten Dame bilden die Klammer um den Rückblick. Auch dieser beginnt mit einem Tod, dem von Kronprinz Rudolf, Vater der fünfjährigen Elisabeth. Die kleine Erzsi, wie sie, ungarisch, in der Familie gerufen wurde, ist verstört und unglücklich, die Mutter gibt wenig Trost. Einer der Gründe für die überstürzte Heirat. Elisabeth war ein typisches Vati-Mädi.
Prinz versucht in Elisabeth, die Franz Josef gern als Kaiserin gesehen hätte, wenn sie sich nur standesgemäß vermählt hätte, quasi hineinzukriechen, ihre Perspektive einzunehmen. Doch natürlich stehen ihm nur die historischen Fakten (wenn die Geschichte denn Fakten bietet) und Sekundärliteratur zur Verfügung. Elisabeth Petznek selbst hat keine Autobiografie geschrieben. So muss der Autor das Innenleben, Gedanken und Gefühle, der heranwachsenden und viel zu früh, wegen einer Teenager-Schwärmerei, verheirateten Prinzessin erfinden.
Prinz tut dies mit Lust und entfernt sich in manchen Absätzen ganz schön weit von einem ernst zu nehmenden Roman in Richtung Schnulze. Das erweitert den Kreis möglicher Leserinnen, denn bei Licht besehen ist dieses in der Tat unglaubliche Leben der letzten Prinzessin, die am Ende mit dem österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky befreundet war und an Parteiveranstaltungen der Sozialisten teilgenommen hat, egal wie und von wem erzählt, eine aufregende Geschichte.
Prinzessinengeschichte eben.
Ihre Geburt ist mit Gewehrsalven, Militärparaden und Fackelzügen gefeiert worden. Ihr Begräbnis hat, auf ihren ausdrücklichen Wunsch, in aller Stille stattgefunden. Das Grab im Hütteldorfer Friedhof ist unbeschriftet.
Martin Prinz: „Die letzte Prinzessin“, Insel 2016, 340 S. € 24.70.