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Ana Bilić – Anatomie einer Absicht

Autorin Ana Bilić © Clemens Fantur

Der Titel des neuen Romans von Ana Bilić sagt es schon: Es bleibt bei der Absicht. Lidia hat alles vorbereitet, um ihren Mann umzubringen. Er muss weg, sie will ein neues Leben beginnen, doch einer Scheidung würde er nie zustimmen. Also wird ein Pilzgericht gekocht.

Ana Bilić lässt die Protagonisten ihre Geschichte selbst erzählen. Das Leben ist ihr eine Last, der Mann hindert sie daran, ein neues zu beginne. Sie geht es klassisch an, wie Frauen morden: Die giftigen Knollenblätterpilze sind bereits gesammelt. Doch der zwar reiche aber langweilige Helmut, der sein Vergnügen überdies in anderen Betten sucht, kommt ihr zuvor. Es bleibt bei der Absicht. Oder kann man auch unabsichtliche morden? Diese Frage muss sich die Leserin am Ende stellen.

Die Autorin ist nicht die allwissende Erzählerin sondern quasi eine Chronistin der Gedanken, Träume und Dialoge ihrer Figuren. Bilić beschreibt nicht , lässt ihre Figuren reden, denken, sinnieren. Als wären sie bereits Schatten. Innere Monologe wechseln mit realen Dialogen. Lidia beklagt sich über ihr verpatztes Leben, das sie, aus Tschechien nach Wien gekommen, um Geld zu verdienen, selbst gewählt hat. Sie hat reich geheiratet. Jetzt langweilt sie sich und singt die ewig gleiche Jeremiade aller Frauen, die meinen, nur mit einem / durch einen Mann leben zu können. Nichts Neues unter der Sonne.

Helmut, der ungeliebte Ehemann, redet im Wirtshaus mit der Kellnerin und dem Freund. Sein Wortschatz ist beschränkt. Auch durch Zuhören kann man einen Menschen kennenlernen.

Beide führen sie ununterbrochen den Begriff Liebe im Mund, ("Ich habe ihn geleibt …, er hat mich geliebt"), doch was sie darunter verstehen unter diesem abgenutzten Begriff, können und wollen sie nicht erklären. Lidia ist eine humorlose Frau und Helmut ein ebensolcher Mann. Zwei eher uninteressante Personen, die sich und damit die Leserin quälen. Die Schlusspointe überrascht und versöhnt auch mit der selbstmitleidigen Hauptperson, deren Absicht so schief geht wie ihr ganzes Leben.

Bilić erzählt unverschnörkelt, mitunter etwas unbeholfen. Ein ganzer Roman in ungefortmer Alltagssprache, taugt kaum für einen Roman. Da hätte die Autorin, immer trotz allem die Erzählerin der Geschichte, die sie ihren Figuren in den Mund legt, eingräfeien sollen und auch das Lektorat hätte ein Wörtchen mitreden sollen. Niemand, ob hier geboren oder zugewandert, geht in Wien in „die Kneippe“.

Bleibt nur zu hoffen, dass diese traurige Allerweltsgeschichte ausgedacht ist und nicht das eigene Erleben der Autorin ewiderspiegelt.

Ana Bilić ist 1962 in Zagreb geboren, hat dort Jus studiert und ihr Studium in Wien abgeschlossen. Seit 2002 arbeitet sie als freie Autorin und Übersetzerin, schreibt Kurzgeschichten, Romane, Lyrik und Drehbücher. Der Roman „Das kleine Stück vom großen Himmel“ ist 2008 den exil-literaturpreis ausgezeichnet worden.

Ana Bilić; „Anatomie einer Absicht“, Hollitzer 2016, 160 S. 16,90 €.