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R. Medicus: „Salzburgs Stadtberge und Stadtgärten“

Autor Dr. Reinhard Medicus . © privat

Reinhard Medicus, Botaniker und Sachverständiger für Naturschutz, ist Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft der Stadtberge und ihrer Natur sowie der alten Gartenanlagenseiner seiner Heimatstadt Salzburg ein besonderes Anliegen. Mit dem reich bebilderten Band über „Salzburgs Stadtberge und Stadtgärten“ leistet er nicht nur einen Beitrag zur Erhaltung des Grünraums der Stadt, sondern öffnet auch den vielen Salzburg-Besucher:innen die Augen für die Schönheit der Stadt, die mehr zu bieten hat als Festungsberg, Felsenreitschule und Domplatz.

Die Stadt, die Zugereiste nur zu einem kleinen Teil kennen, ist auch eine reiche Naturlandschaft. Da unterscheidet sich Salzburg nicht von Venedig: Man bewegt sich immer auf denselben ausgetretenen Pfaden, obwohl bekannt ist, dass in fernen Ecken, hinter dichten Büschen, auf fremden Hügeln abseitigen Wegen Schätze zu finden sind, die auf Entdeckung warten und in Ruhe genossen werden können. Leopoldskron:  Seepferd mit Weiher. © Buchillustgration
Ob alle Salzburger:innen wissen, dass elf Prozent der Stadt Waldgebiet sind, oder dass sich Tänzerinnen und Musikanten aus Bronze und Stein in den Gärten ihrer Kunst widmen? Bei einem Besuch im Mirabellgarten könnte man das „versteckte Gesicht“ suchen, das steinerne Antlitz einer / eines Träumenden ist in der Mauer des „Kleinen Gartens“ hinter dornigen Ranken zu finden. Es ist der Rest des einstigen Figurenschmuckes des Schlosses, dessen Geschichte im Jahr 1606 beginnt. Im 18. Jahrhundert wurde das Schloss „Altenau-Mirabell“ vom Barockbaumeister Lucas von Hildebrandt erweitert und prächtig ausgestattet. Heute befinden sich im Schloss Mirabell die Amtsräume des Salzburger Bürgermeisters und der Stadtverwaltung, wozu auch das Standesamt gehört. Von weit her kommen die Brautpaare, um sich im Marmorsaal das Ja-Wort zu geben.Müllner Schanze vom Turm der Müllner Kirche. © Buchillusstration Doch, was erzähle ich von Salzburg, wenn doch alles in dem reichhaltigen Band von Reinhard Medicus zu lesen ist, und überdies Schloss und Garten Mirabell ohnehin ins touristische Pflichtprogramm gehören. Als Zugereiste(r) widme man sich den Bildern und der Beschreibung der Stadtberge, denn wer weiß schon, auf welcher Seite welche diese die Stadt eher durchschneidende als begrenzende Erhebungen liegen Gut, den Festungsberg sieht man ja von rechts und links der Salzach, die frisch geweißte Festung strahlt einladend ins Flusstal. Aber sonst? Mönchsberg, Nonnberg, Kapuzinerberg – Salzburg war erzbischöfliche Residenzstadt, also voll mit Mönchen und Nonnen, die nicht immer so fromm waren, wie es scheint. Doch was Reinhard Medicus an Bergen und Hügeln alles aufzählt und worauf er als Naturschützer und Botaniker sicher immer wieder umhergestreift ist, wird nicht vielen Besucher:innen bekannt sein: Rainberg, Bürglstein, Morzger Hügel, Hellbrunner Berg. Bastei beim Hohen Stock. © Buchillustsration
Ermüdet von Berg- und Hügelbesteigungen darf man sich danach in den Stadtgärten ausruhen. Etwa im riesigen Hellbrunner Park samt Schloss: „Ein Gesamtkunstwerk der vier Elemente“ nennt Autor Medicus das Areal. Natur und Kunst, Weltliches und Geistliches, Feuer (in Gestalt der Sonne auf vielen Obelisken) und Wasser, Luft und Erde sind in diesem Schlossgarten vereint. Die Wasserspiele, die schon die Gäste des Fürsterzbischofs Marcus Sittikus (1574–1619), der, mehr Fürst als Bischof, Schloss und Park errichten ließ, zum Kreischen gebracht haben, sind nicht die einzige Attraktion dieses Juwels, das Mensch und Natur gemeinsam geschaffen haben.Schloss Hellbrunn mit seinem Garten um 1630. © Reinhard Medicus / Buchillustration Schluss mit den Beispielen, es steht alles Wissenswerte, auch Unterhaltendes im Buch und Kunstwerke, Architektur, Pflanzen samt einer Fülle von kriechendem, schwimmendem und fliegendem Getier finden sich im reichen Bildteil. Ein Anhang mit der benutzten Literatur und andere Quellen des Autors rundet den Gesamteindruck ab. Auch ist ein Index der erwähnten Personen aufgelistet, allerdings namentlich so genau, wie sie im Buch genannt werden, daher ist so mancher Herr wie die für ihre Verschwendungssucht berühmten Fürsterzbischöfe, die gemeinhin nur mit dem Vornamen – Wolf Dietrich, Marcus Sittikus – genannt werden, nicht so leicht zu finden.
Buchcover, © Pustet Verlag / Grafik von Reinhard Medicus Frauen kommen zwar, nolens volens, im Text vor, doch schon unter A fehlt mir Salome Alt, die später vom Kaiser geadelte Mutter der 15 Kinder des Salzburger Fürsterzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau (1579–1617). Noch mehr fehlt mir ein Verzeichnis der erwähnten Orte, Gassen, Plätze und Bauwerke. Zum Ausgleich hat der Autor selbst zum Zeichenstift gegriffen, um unbekannte Ansichten aus früheren Jahrhunderten sichtbar zu machen.
Achtung: Wird diese Schatztruhe als Geschenk erworben, ist zu bedenken, dass ein zweites Exemplar nötig sein wird, denn hat man sich einmal festgelesen, wird’s nämlich nichts mit dem Verschenken.

Reinhard Medicus: „Salzburgs Stadtberge und Stadtgärten im Wandel der Zeit“. Verlag Anton Pustet 2021. 288 S., durchgehend farbig bebildert. € 39,00.