Paul Broks: „Je dunkler die Nacht, …“, Sachbuch
Die „Odyssee eines Neuropsychologen“ nennt der Engländer Paul Broks sein jüngstes Buch: „Je dunkler die Nacht, desto heller die Sterne“. Für die Leserin ist es eine Odyssee durch die Gedankenwelt und die privaten und beruflichen Erlebnisse des klinischen Psychologen. Ausgangpunkt des Nachdenkens über Tod, Trauer und den Wert des Lebens ist der Krebstod der Ehefrau von Broks, den er nur schwer verkraften konnte.
Der Autor sagt selbst, dass er kein Buch zum schnellen Durchlesen geschrieben hat, deshalb sollte man sich den Band neben das Bett legen und irgendein Kapitel herausfischen. Es gibt kaum einen Zusammenhang zwischen den Essays, Broks mäandert vom Privaten zum Wissenschaftlichen, erzählt aus seinem Leben und auch von den Erfahrungen mit Patienten. Natürlich bohrt er auch, wie viele Menschen nach einem schweren Verlust, nach dem Sinn des Lebens. Doch wer ein wenig nachdenkt, weiß die Antwort. Es gibt keinen, außer dem, den die Natur allen Lebewesen, ob Pflanze, Tier oder Mensch, mitgibt: sich zu vermehren.
Mich irritiert auch der platte Titel, den es vor allem auf Deutsch bereits gibt. Der deutsche Schriftsteller Frieder Schlotterbeck (1909–1979), ein Widerstandskämpfer im Nationalsozialismus, hat für seine 1945 erschienenen Erinnerungen ebenfalls die Binsenweisheit gewählt. „Die Erinnerungen eines deutschen Arbeiters“ (Subtitel) sind mehrfach neu aufgelegt worden, zuletzt 2019, Schmetterling Verlag, Stuttgart 2019.
Sei’s drum, Broks Trauer-Memoiren samt den Beschreibungen klinischer Fälle und den Ausflügen zu den griechischen Philosophen oder Schopenhauer bieten Leserinnen der Werke von Irvin Yalom oder Oliver Sacks wenig Neues. Auch scheint mir der in seiner Trauer stecken gebliebene Autor vom englischen Humor nicht einmal gekostet zu haben. Andererseits bin ich überzeugt, dass er seine Leserinnenschaft auch im deutschen Sprachraum finden wird, im anglo-amerikanischen hat er sie sowieso, ist die Sammlung der Gedanken und Erinnerungen doch fast ein Ratgeber und manchen sicher auch ein Trostbuch. Der deutsche Untertitel sagt, worüber Broks geschrieben hat: „Über die Liebe, die Trauer und das Ich“.
Der Band ist mit Zeichnungen von Garry Kennard (*1948) versehen, einem englischen Maler und Schriftsteller, der erforscht, wie das Gehirn auf Kunstwerke reagiert. In diese Bilder, düster und geheimnisvoll, kann man sich wahrlich vertiefen.
Paul Broks: „Je dunkler die Nacht, desto heller die Sterne“, Über die Liebe ,die Trauer und das Ich. Aus dem Englischen von Annabel Zettel. C. H. Beck, 2019. 320 S, 14 Abbildungen, Literaturverzeichnis. € 26,80.
Buchillustrationen: © Garry Kennard