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Festival: Puppentheatertage In Mistelbach

"Die Berliner Stadtmusikanten" © Theater Zitadelle

Allerlei Verrückte tummeln sich heuer bei den traditionellen Puppentheatertagen in Mistelbach. „Maniacs“ nennt Intendantin Cordula Nossek das Programm, vermutlich, weil der englische Begriff nicht so deutlich verstanden wird. Gesprochen wird auch auf der Puppenbühne Deutsch. Es sind ja auch wirklich Verrückte, Irre, Wahnsinnige, Besessene, Kasperln, die sich heuer in Mistelbach tummeln, Figuren aus der Literatur und aus bekannten Filmen. 22 Theatergruppen aus 12 Ländern werden anreisen und mit 31 Inszenierungen das Publikum an sieben Festivaltagen zum Lachen, Weinen und Staunen bringen.

„Wenn dies auch Tollheit ist, so hat es doch Methode“, lässt William Shakespeare des Königs Ratgeber Polonius in Hamlet sagen. Und noch ein Zitat, das passend sein könnte. Richard Wagner hat’s erfunden, Hans Sachs singt den Wahnmonolog in der Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“. „Wahn, Wahn, überall Wahn“, um zum Schluss zu kommen, dass ohne „den eignen Wahn“ nichts so richtig gelingt, vor allem kein großes Werk.

"Klein Frankenstein" aus England ©Lempen Puppet Theatre CompanyGenug zitiert, lieber die Scheinwerfer auf alle die richten, die kommen und ihre Figuren zum Leben  erwecken. Schön geordnet sind die Gäste nach Altersgruppen. Schon Zweijährige sind bei La Baracca – Testoni Ragazzi aus Italien willkommen. Ohne Worte betätigen sie den Lichtschalter: „On – Off / Ein –Aus“, im Dunklen muss sich niemand fürchten. Vorschulkinder dürfen in die Stierkampfarena blicken, dort steht der Stier Ferdinand, der gar nicht kämpfen will. Lieber tollt er über die Wiese und riecht an Blumen. Tiere tanzen noch jede Menge auf der Puppenbühne und lustig geht es auch zu. Etwa im Comic-Thriller „Der große Coup“."Forest Songs" im  "verrückten wald" aus lauter Musik © Hans Avbersek / Children's Theatre Dubrava & Zavod Federacija Ljubljana Die Aufführungszeit um 19 Uhr sagt es: Zehn Jahre sollten die Besucherinnen schon sein, um sich Dunkeln nicht zu fürchten und die schnell geschnittenen Szenen, die Samuel Kübler und Stefan Wiemers aus Freiburg aus Mafia-Filmen stibitzt und umgesetzt habenn genießen zu können. „Nathan der Weise“ (Drama von G. E. Lessing) kommt ebenso als Puppe daher wie der Puppenschnitzer Frank Stein, der keine Holzköpfe mehr machen will, sondern lebendige Puppen, Menschen. Wie einst Dr. Frankenstein. Der schuf ein Monster, den „der kleine Frankensein“, eine Mischung aus Pumuckl und Pinocchio, weniger furchteinflößend als liebenswert. "Das Räuberstück" mit dem Hohnsteiner Kasper © Tom Kyle PuppentheaterFür Kinder erdacht, doch auch für Eltern interessant ist „Das Räuberstück“, das mit 12 originalen Bühnenfiguren und einer authentisch rekonstruierten Bühne der legendären Hohnsteiner Puppenspiele von Kasper erzählt, der der Großmutter beim Kuchenbacken hilft und deshalb die geldgierigen Räuber überlistet.

Nicht nur die Märchen erzählenden Brüder Grimm, Shakespeare oder Lessing dürfen ihre Schöpfungen in Puppen verwandeln, auch Friedrich Schiller, Leo Tolstoi oder die Kinderbuchautoren Janosch oder Wolf Erlbruch sind als gute alte Bekannte auf der Bühne. In der Arena steht der pazifistische Stier Ferdinand. © Theater Kokon WeimarVon traditionellen Handpuppen des berühmten Hohnsteiner Kaspers aus Deutschland bis hin zu Plastiksoldaten aus fernöstlicher Massenproduktion, die in einer grandiosen Inszenierung aus Israel zu sehen sind, reicht das Spektrum der künstlerischen Handschriften. All diese durchaus ungewöhnlichen Protagonist*innen werden durch die Kunst des Figurenspiels zum Leben erweckt, das für die Stadt Mistelbach seit mittlerweile 39 Jahren zu einem internationalen Aushängeschild geworden ist.

Internationale Puppentheatertage Mistelbach, 20.–26. Oktober 2017.
Alle Informationen über Stücke, Themen, Daten, Orte sind auf der Website der Puppentheatertage zu finden.