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Louise Lecavalier: „Battleground“, ImPulsTanz

Louise Lecavalier, Robert Abubo: "Battlegraound".© André Cornellier

Battleground“ nennt die 1960 geborene, mit der Compagnie La La La Human Steps und durch ihre Zusammenarbeit mit David Bowie berühmt gewordene franko-kanadische Choreografin und Tänzerin Louise Lecavalier ihre jüngste Performance. Zu sehen war an drei Abenden die Performances – 2016 in Düsseldorf uraufgeführt – im Rahmen von ImPulsTanz 2018 im Odeon. Gemeinsam mit ihrem Tanzpartner Robert Abubo und zur großartigen elektronischen und E-Gitarren-Musik von Antoine Berthiaume bringt Louise Lecavalier die wichtigste Schlacht eines jeden Menschen auf die Bühne, nämlich die inneren Dämonen zu erkennen, anzuerkennen und letztlich Frieden mit ihnen zu schließen.

"Battleground". Die Dämonen besiegen. © André DornellierDie Bühne ist ein weißes Quadrat auf dem Boden und eine dahinter aufgestellte Wand aus Holz, die vom Licht des kongenialen Lichtdesigners Alain Lortie, ihrem langjährigen Mitarbeiter, strukturiert und verwandelt wird. Das Licht unterstützt mit anfangs rechteckiger Segmentierung die Darstellung des Ausgangszustandes der Tänzerin: Ein Mensch, allein auf der Bühne, gekleidet in schwarze Lackhose und eine schwarze enge Kapuzenjacke, die enge Kapuze verdeckt das markante blondes Haar, in seiner Zerrissenheit, von seinen unbewussten Leidenschaften und Trieben gesteuert, daher mechanisch in seinen Bewegungen. Die Tänzerin leidet, sucht und irrt. Vom Hüpfenden, Zitternden, Mechanischen, Kantig-Abweisenden entwickelt sich ihr Tanz hin zu deutlich harmonischerem, fließend-weichem Ausdruck.Louise Lecavalier, anfangs kämpft die Tänzerin allein. ©   Katja Illner
Irgendwann erscheint eine ebenfalls schwarz gekleidete männliche Figur mit Kapuze auf der Bühne. Es beginnt ein Prozess des gegenseitigen Wahrnehmens, Abweisens, sich Annäherns, Kommunizierens und Interagierens. Der Boden, später auch die Rückwand, wird vom Licht rot umrandet. Innere Grenzlinien werden so sichtbar gemacht, innerhalb derer sich der Prozess entwickelt. Kennenlernen des zuvor Abgewiesenen. Die Annäherung, manchmal auch von zärtlichen Gesten begleitet, beginnt. Die Bewegungen werden weicher. Als beide auf einer großen, am Rande zerfließenden roten Fläche tanzen, haben sie ihr Zentrum gefunden, den Kampf aufgegeben. Immer wieder schreiten sie den Rand der Bühne ab, die rote Grenze wird untersucht. Nach und nach wird sie durchbrochen, um doch wieder zurückzukehren in ihr vertrautes Inneres.

Zwei perfekte Tänzer auf dem Schlachtfeld.  © Carl LessardAm Ende trägt Louise Lecavalier ihren Partner, Robert Abubo, auf dem Rücken über den roten Bühnenrand hinaus an die Seite der Rückwand. Sie setzen sich nebeneinander, schauen friedlich und gelassen ins Publikum. Das Licht verlischt. Es folgt langer, begeisterter Beifall.

Eine wertvolle Arbeit Nicht nur wegen der tänzerischen Qualität, ausdrucksstark und präzise, sondern auch, weil Lecavalier damit die  Bewusstmachung und das Integrieren der unbewussten psychischen Inhalte, die doch so wirkungsmächtig unser Handeln bestimmen, viel zu oft destruktiv und selbstsabotierend, thematisiert. Wenn wir die Angst, uns auf dieses Schlachtfeld zu begeben, besiegen und letztlich diesen inneren Kampf und die Widerstände gegen unbewusste Teile unseres Selbst aufgeben könnten, erwüchsen Menschen daraus, die nicht nur keine inneren Kämpfe, sondern auch keine äußeren Kriege (auf welchem Felde auch immer) mehr führen müssten. Und das macht das Stück zu einem zutiefst humanistischen Zeugnis  einer beeindruckenden Künstlerpersönlichkeit.

Louise Lecavalier / Fou glorieux: „Battleground“. Konzept und Choreografie: Louise Lecavalier; Performance: Louise Lecavalier, Robert Abubo; Lichtdesign: Alain Lortie; Original-Musik und Live-Musik: Antoine Berthiaume; Weitere Musik: Steve Roach; Kostümdesign: Yso; Gesehen am 08.08.2018, Odeon, im Rahmen von ImPulsTanz.