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Cat Jimenez: „Losing face“, Tanz im brut

"Losing Face", Quartett im orangen Licht. © Christine Miess

Gemeinsam mit zwei Tänzerinnen und einem Tänzer gibt Cat Jimenez tanzend einen politischen Kommentar ab. Was bedeutet es für Mitglieder einer anderen Kultur, als Minderheit in der herrschenden Gesellschaft zu leben? Cat Jimenez versucht mit der Choreografie „Losing face“ / „Das Gesicht verlieren“ eine Antwort zu geben. In plakativen Bildern stellt die Gruppe Erfahrungen und Gefühle von Minderheiten dar, die Angehörigen der Mehrheit nur schwer zugänglich sind. Das Thema stößt auch im Publikum auf lebhaftes Interesse. Die Premiere am 24.3. Im brut nordwest war ausverkauft, Freundinnen und Freunde des Teams schrien sich vor Begeisterung die Kehle wund.

Audgetürmt: Cat Jimenez, Youngung Sebastian Kim, Imani Rameses, Miranda Rumerstorfer. © Kdizin SaneDie Tänzerin und Choreografin Cat Jimenez ist auf den Philippinen geboren, weiß also genau, wovon sie tanzend erzählt. „Die Redewendung vom Verlust des Gesichts stammt aus dem ostasiatischen Raum und bedeutet viel mehr als den Verlust der sozialen Stellung“, sagt sie im Interview zu ihrer Choreografie. „Vor allem die unausgesprochenen Konsequenzen, die aus westlicher Perspektive nicht zu sehen und auch nicht zu verstehen sind, wiegen oft viel schwerer als der Verlust des Status.“ Es ist ein stetiges Wechselbad, in das PoC (People of Color) getaucht werden. Bewundert und geliebt, doch gleich darauf weggestoßen: „Du gehörst nicht zu uns“. Jede und jeder, welcher Herkunft und Hautfarbe auch immer, will nach oben, will in der ersten Reihe stehen, anerkannt werden und Erfolg haben. Von vorne: Miranda Rumerstorfer, Cat Jimenez, Imani Rameses, an der Seite: Youngung Sebastian Kim.In Gruppentänzen und Solos stellt das Quartett auf der weiß ausgelegten, leeren Bühne dar, worum es geht. Jimenez, die ihre Karriere als Hip-Hop Tänzerin begonnen hat und sich mit fremden und eigenen Choreografien davon emanzipiert hat, erinnert sich im aktuellen Stück an ihre Anfänge. Zwei der Mitwirkenden, Miranda Rumerstorfer und Youngung Sebastian Kim, kommen direkt aus der Urban-Dance-Szene; Imani Rameses verbindet Tanz mit Wissenschaft und erforscht das „Phänomen der Stille“, ein Thema, das auch vielen Musiker:innen wichtig ist und in der immer lauter werdenden Welt an Brisanz gewinnt.Keinerlei Gesichtsverlust im orangen Licht:  Rumerstorfer, Rameses, Jimenez, Kim. © Christine MiessBemerkenswert ist die begleitende elektronische Musik von Martin Mitterstieler. Tanzmusik, die den Tänzerinnen rhythmische Impulse gibt, die Eindringlichkeit des Themas wird durch stetig wiederholte Sequenzen, ähnlich der Minimal Music, hörbar und auch im Bewegungsablauf sichtbar. Schon für das Duo „What’s The Difference“ (Cat Jimenez / Maiko Sakurai-Karner, Uraufführung 2019, brut im Augarten) hat Mitterstieler den Ton angegeben.
Ebenso perfekt ist die sensible Lichtregie von Veronika Mayerböck. Sie verwendet angenehmes Orange als Farbe, die das harte Weiß des Bühnenraums mildert. Der Tanz beginnt in gedämpftem Licht, das, je nach Stimmung und Ausdruck der Tanzenden, aufgehellt und wieder gedämmt wird. Für die Choreografin Cat Jimenez steht in dieser Choreografie der Tanz nicht im Vordergrund – obwohl sie „nicht verneinen kann, dass auch der reine Genuss einer Tanzvorstellung wichtig ist“ –, sondern die Kommunikation und der Austausch zwischen Menschen. „Der Tanz“, so Jimenez, „schafft eine Gemeinschaft, und das ist gerade für Minderheitengruppen etwas besonders Wichtiges.“

Cat Jimenez: „losing face“.
Konzept und Choreografie: Cat Jimenez. Performance und Co-Choreografie: Imani Rameses, Youngung Sebastian Kim, Miranda Rumerstorfer, Cat Jimenez.
Komposition: Martin Mitterstieler; Licht Design: Veronika Mayerböck. Dramaturgie und Coaching: Philippe Riéra. Premiere: 24. März 2022, brut nordwest. Zwei weitere Vorstellungen am 25. und 26. März 202