„Ein Sommernachtstraum“: Géraud Wielick ist Puck
Schade, „Ein Sommernachtstraum“ in der Choreografie von Jorma Elo ist für diese Saison abgetanzt. Die letzte Vorstellung am 13. Oktober in der Volksoper ist zu einem Triumph für den Halbsolisten Géraud Wielick als Puck geworden. Begeisterten Applaus haben auch Ioanna Avraam und Natascha Mair mit ihren Partnern James Stephens und Alexandru Tcacenco als die beiden ver- und entliebten und schließlich doch zur allgemeinen Zufriedenheit vereinten Paare erhalten. Ebenso gefeiert: Ketevan Papava und Eno Peçi als Titania und Oberon samt dem gesamten Ensemble des Wiener Staatsballetts.
Géraud Wielick ist ein idealer Puck, wendig, verschmitzt, ein bisschen boshaft und mit dem Schalk im Nacken. Schon als Josef in John Neumeiers Choreografie des Balletts „Josefs Legende“ durfte er in einer Vorstellung zeigen, welch geschmeidiger und energiegeladener Tänzer er ist. Die Rolle als mutwilliger Elf Puck in Shakespeares Komödie, an deren Verlauf sich Choreograf Elo getreu hält, macht dem jungen Tänzer sichtlich Freude. Er springt und tanzt den einfallsreichen Untertan Oberons nicht nur, er verwandelt sich in ihn und turnt nicht nur Oberon auf der Nase herum, sondern zieht mit Charme und schöner Beinarbeit auch das Publikum auf seine Seite.
Gut besetzt in entzückendem Kontrast waren auch die beiden jungen Paare: Die quirlige Natascha Mair ist eine Hermia zum Abbusseln, die den vom Vater ausgesuchten Bräutigam Demetrius (James Stephens) kategorisch ablehnt und auch den geliebten Lysander (Alexandru Tcacenco) in die Schranken weist, wenn er sich vor der Hochzeit eng an sie kuscheln will. Ioanna Avraam ist eine wunderbar elegante Helena, die entweder hinter dem Falschen her ist, oder vom Falschen verfolgt wird. Doch am Ende wird auch aus Helena und Demetrius ein schönes Paar.
Stephens und Tcacenco (beide Halbsolisten) machen es wirklich schwer, sich für den einen oder anderen zu entscheiden. Der eine stilvoll und zurückhaltend, der andere kräftig mit schönen Sprüngen. Entscheidung ist nicht notwendig.
Ketevan Papava ist als Titania eine echte Königin der Elfen, eine Frau mit erotischer Ausstrahlung, die ihrem Mann, dem eifersüchtigen Oberon (Eno Peçi) keineswegs untertan ist. Im abschließenden Pas de deux, wenn Felix Mendelssohn Bartholdys Sommernachtstraum-Musik durch den 2. und 3. Satz aus seinem Violinkonzert ergänzt wird, zeigen beide, Papava und Peçi, dass sie nach all dem Schreiten und Armeschwingen, das Elo vorschlägt, das Tanzen nicht vergessen haben. Alle Paare, auch Theseus, Herzog von Athen, und Hippolyta, Königin der Amazonen, deren Hochzeit schließlich gefeiert wird, dürfen einen Pas de deux zeigen. Oxana Kiyanenko und Igor Milos tun dies mit königlicher Noblesse.
Erwähnt sollen auch noch die beiden jungen „athenischen Paare“ werden, die das Hochzeitsfest aufpolieren: Halbsolistin Madison Young mit Corpstänzer Marian Furnica sowie Katharina Miffek und Zsolt Török (beide Stützen des Corps de ballet). Eine Freude, ihnen zuzusehen.
Was das athenische Volk und die Elfen beiderlei Geschlechts betrifft, kann ich mich nicht entscheiden, ob der Wirrwarr an Armen und Beinen vom Choreografen gewollt oder von den Tänzer*innen selbst desorganisiert worden ist. Sie wirkten jedenfalls nicht so routiniert wie die sechs Handwerker mit Gabor Oberegger, Alexis Forabosco, Andrés Garcia Torres, Nicola Barbarossa, Marat Davletshin und Trevor Hayden, die ihren burlesken Part sicher im Griff (und auch in den Beinen) haben.
Andreas Schüller dirigierte das Volksopernorchester, der Jugendchor der Volksoper mit Manuela Leonhartsberger und Birgid Steinberger als Solistinnen war beim Schlaflied etwas zu laut und zu schrill, beim zweiten Auftritt aber angenehm tönend. Doch alles in allem war diese letzte Vorstellung pures Vergnügen, welches das Publikum durch reichlich Zwischenapplaus und nicht enden wollenden Schlussovationen auch kundgetan hat.
„Ein Sommernachtstraum“, Ballett in zwei Akten von Jorma Elo nach der Komödie von William Shakespeare, 22. Vorstellung. Musik: Felix Mendelssohn Bartholdy. Bühne und Kostüm: Sandra Woddall. Drigent: Andreas Schüler. Das Wiener Staatsballett in der Volksoper.
Fotos von Ashley Taylor. © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor