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ImPulsTanz – Barbara Kraus

Kraus, ganz allein auf der Bühne. @ Karolina Miernik

Barbara Kraus schließt die Augen und sieht das Unsichtbare. Allein auf der weiß ausgelegten Bühne des Schauspielhauses scheint sie in Trance zu geraten und auch ihr Publikum in Trance zu versetzen. "close my eyes and see", eine Uraufführung im Rahmen von ImPulsTanz, ist eine beeindruckende Performance. Kraus weiß das Publikum zu fesseln und bei aller Ernsthaftigkeit auch zu unterhalten. 

Die Unterhaltung macht den Anfang. Auflockerung der Spannung im Zuschauerraum, Abwehr der eigenen Angst. Schmal und zerbrechlich steht Kraus als tapfere Kriegerin allein vor den Erwartungen des noch unruhigen Auditoriums. Doch Erwartungen zu erfüllen war und ist niemals Kraus' Anliegen. So steht der Garderobeständer mit den bunten Kleidchen  am Rand der Bühne nur da, um das zu beweisen: Erwarten Sie nichts, lassen Sie sich einfach kommen, was da kommt.

Barbara Kraus schließt die Augen, erzählt mit leiser Stimme, wie im Traum, was sie sieht, denkt, sich vorstellt. Es ist mucksmäuschenstill  im Raum. Dass ich bald auch die Augen schließe und mich ganz dem Klang der Stimme hingebe, liegt nicht nur an der Hitze des Sommers und auch nicht daran, dass Kraus Englisch spricht, wovon ich nur die Hälfte verstehe, sondern ganz und gar an der Intensität, der Ausstrahlung und Ausdruckskraft der Performerin.

Barbara Kraus ist echt, ist authentisch, ist mit Körper und Geist da, im hier und jetzt. Sie hält die Stille aus und kann die Augen geschlossen haben (ohne auch nur zu blinzeln) und dennoch sehen. Sie ist nicht nur ein, die sanfte Träumende, sondern viele. Mitten in meine Träume gellt ein Kampfschrei, die Bewegungen werden heftig, wenn Kraus schimpft und klagt, ärgerlich und auch affig ist, wenn sie daran denkt, die Augen zu öffnen, dass Publikum nach  Hause zu schicken, kann sie nicht mehr still stehen, muss auf und abgehen, tanzen, die fröhliche, witzige Barbara zeigen.

Die Begeisterungsrufe am Ende der Performance sind spontan und  herzlich. Dafür gibt es eine Draufgabe: Andreas Hamza, der für die sparsame Livemusik verantwortlich ist, darf einen Abschlusssong zum besten geben. fishy (Raumgestaltung und Lichtdesign) darf die Regler herunter fahren, die Reise mit Barbara Kraus ist zu Ende. Sie hat dem Publikum einen Brief geschrieben, der im Programmheft zu finden ist. Es ist der Brief einer Künstlerin, die niemals künstlich ist, sondern immer ganz sie selbst, leidenschaftlich und authentisch, ob sie nun Johnny ist, Aloisia oder Sethi (ihre alter Egos) ist. Barbara Kraus ist ein Ereignis.

Barbara Kraus: "close my eyes and see", 18. Juli, ImPulsTanz Festival 2015  im Schauspielhaus.
Weitere Vorstellungen: 19. und 20. Juli.