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"Schwanensee" mit Olga Smirnova, ein Erlebnis

Odile bezirzt Siegfried (Smirnova, Chudin). © Wr. Staatsballett / Ashley Taylor

Mit lautem Jubel und Bravorufen aus der russischen Loge nach jeder Variation wurden die Gäste aus Moskau, Olga Smirnova und Semyon Chudin, die im Ballett „Schwanensee“ die Hauptrollen getanzt haben, bedankt. Als Paar haben die beiden Mitglieder des Bolschoi-Ballettensembles schon quer durch Europa getanzt. Eno Peçi erhielt für seine Darstellung des Zauberers Rotbart mit wildem Flügelschlag, einem Feuervogel gleich, einen Sonderapplaus.

Olga Smirnova als Odile, so bezaubernd wie als Odette.  © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor Olga Smirnova gesehen haben und, nein nicht sterben, doch wissen, wie Odette und auch Odile, der schwarze Schwan, auf der Bühne lebendig werden. Die Ballerina hat auch physisch alles, was man von einer Schwanenprinzessin verlangen kann: Lange Gliedmaßen, bewegliche Handgelenke, ein Fingerspiel wie Federflirren, über dem schwanengleichen Hals ein durchsichtig leuchtendes Antlitz mit Mandelaugen. Wie ein Seufzer betritt sie die Bühne und bleibt immer kühl und gefasst. Auch als Odile scheint es, als halte sie in der Bewegung ein und bezaubert durch Zurückhaltung, sowohl der Gefühle wie der Energie. Die Anstrengung dieser anspruchsvollen Rolle ist ihr nicht anzusehen. Dass sie in den Solovariationen ebenso wie Partner Chudin in ihrem Rhythmus exakt neben dem Takt tanzt, ist nicht weiter von Bedeutung. Olga Smirnova, eine Schwanenprinzessin schlechthin, elegant in fließenden Bewegungen, ist ein Erlebnis.
Was man vom  corps de ballett, den Schwänen, nicht sagen kann. Steife Handgelenke, holpernde Schritte, hochgereckte Hinterteile – da gibt es noch viel Arbeit.

Semyon Chudin, in Wien schon bekannt (Basil in „Don Quixote“, Nurejew Gala 2011, 2015) ist ein eher langweiliger, blasser Prinz Siegfried mit flachen Sprüngen und wenig Energie. Lediglich in den lyrischen Passagen, vor allem in den Pas de deux mit Smirnova, kann er seinem Ruf als perfekter klassischer Tänzer gerecht werden. Chudin ist nicht mehr der Jüngste – im Gegensatz zu Smirnova, die mit 26 Jahren erst dem Höhepunkt ihrer Karriere zustrebt –, und „Schwanensee“ ist nicht leicht zu tanzen. Vor allem in der Wiener Choreografie von Rudolf Nurejew, die den Moskauer Tänzern nicht wirklich vertraut ist. Pas de Cinque mit Jakob Feyferlik, Nina Tonoli, Semyon Chudin, Nascha Mair, James Stephens. © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor

Entzückend der Pas de cinque des Prinzen mit den Gefährtinnen und Gefährten im 1. Akt (Natascha Mair, Nina Tonoli, und als Debütanten Jakob Feyferlik, James Stephens.)
In den Divertissements mit den Nationaltänzen, konnte Dumitru Taran aus Moldavien in seinem Debüt (mit Anita Manolova) zeigen, dass er auch italienisch tanzen kann. Iliana Chivarova debütierte (mit Alexandru Tcacenco) auf Polnisch; Nikisha Fogo mit Géraud Wielick begeisterten im Doppeldebüt als ungarisches Tanzpaar.
Mair, Chudin, Tonoli im 1 Akt von "Schwanensee". © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor Dirigent Paul Connelly hat besondere Freude an den vom Blech unterstützten Stellen und den Walzern in den bunten Akten, entsprechend treibt er das Staatsopernorchester an. Die schönen Szenen für Odette und Siegfried, nur mit Streichern besetzt, überlässt er ganz den Musikern. Der Komponist Peter Tschaikowsky wird’s ihm danken.

Der begeisterte Applaus hätte sicher noch ein paar Vorhänge vertragen, wenn nicht sofort alle Türen aufgerissen worden wären und das Personal der Billeteur_innen signalisierte, dass sich das Publikum schleunigst zu trollen habe.

„Schwanensee“ 226 Aufführung in der Choreografie von Rudolf Nurejew, mit den Gästen Semyon Chudin (Rollendebüt in Wien) und Olga Smirnova (zum ersten Mal an der Wiener Staatsoper). 14. Mai 2017, Wiener Staatsballett in der Staatsoper.
Eine weitere Vorstellung am 17. Mai 2017 ist bereits ausverkauft. Am 22. und 25. Mai 2017 tanzt Nina Poláková Odette / Odile