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Raymonda– Debüt für Maria Yakovleva

Ein fröhliches Quintett (Yakovleva, Mair, Tonoli, Szabó, Kimoto. © Ashlay Taylor

Mit der sechsten Vorstellung hat die Serie des Ballets „Raymonda“ für diese Saison ihr Ende gefunden. Maria Yakovleva glänzte in der Titelrolle. Ein perfektes Debüt, brillant und jugendlich frisch, sicher auf der Spitze, delikat in den Solovariationen, eine Raymonda, an der ich mich nicht sattsehen kann. Als ebenbürtiger Partner hätte Mihail Sosnovschi den Abderachman tanzen sollen – Davide Dato musste als sarazenischer Fürst einspringen, Sosnovschi laboriert an einer Verletzung. Springfreudig wie Dato ist auch Denys Cherevychko, der den heldenhaften Ritter Jean de Brienne getanzt hat. Bewährt und immer ein Vergnügen das mitreißende Quartett der Freundinnen und Troubadoure: Natascha Mair, Nina Tonoli / Masayu Kimoto und Richard Szabó.

Maria Yakovleva als Raymonda mit Denys Cherevychko, Jena de Brienne © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor Die Erste Solotänzerin Maria Yakovleva ist eine zierliche, zerbrechliche Raymonda, gefühlvoll ihrem Jean gegenüber, kühl und abweisend zum fremden Verehrer Abderachman, ausgelassen mit ihren beiden Freundinnen und deren Amanten, den feschen Troubadouren. Technisch perfekt und dennoch eine lebendige junge Frau. Harmonisch im Pas de deux mit Denys Cherevychko, der einen ansehnlichen, kräftigen Ritter gibt und sich an den Sprüngen und Drehungen, die ch seine schnellen Battements und hohen, weiten Sprüngen. Das Publikum liegt ihm zu Füßen, kann sich kaum fassen und bricht spontan in Bravo-Rufe aus. Wobei ich mich wundern muss: Die Solistinnen und Solisten und das gesamte Corps des Wiener Staatsballetts, sind technisch so perfekt trainiert, zeigen auch immer wieder die eigene Freude am Können und ganz selten kleine Unsicherheiten, dass ein „Bravo“ nahezu einer Beleidigung gleichkommt. Man kann ja nicht einen ganzen Abend lang schreien und in die Hände schlagen. 

Müsste man dann auch, wenn Dumitru Taran oder Greig Matthews Walzer tanzen. Auf der weiblichen Seite fallen mir Rikako Shibamoto und Julia Tcaciuc auf. Im zweiten Walzer: Eszter Ledán, Anita Manolova, Laura Nistor und schon wieder Shibamoto mit den Männern Leonardo Basilio Francesco Costa, Trevor Hayden, Attila Bakó.
Davide Dato: Abderachman © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor Genossen habe ich auch Sveva Gargiulo und Francesco Costa (auch einer aus der Riege der Tänzerinnen und Tänzer im Dauereinsatz in dieser, letzten, Vorstellung) im Sarazenen-Duo (2. Akt). Im spanischen Tanz bringen Alice Firenze und Dumitru Taran den Saal zum Kochen. Manolova und Shibamoto beeindrucken auch im 3. Akt, als Solistinnen im Grand Pas Classique hongrois. Übrigens, diese Nachmittagsvorstellung, war die erste, bei der das Publikum auch dieses lange Divertissement (handlungslos) des 3. Aktes genossen hat und nicht aus Unwissenheit oder auch Langeweile, die Aufführung frühzeitig verlassen hat.

Endlich haben auch alle Tänzer_innen verstanden, wo im Csárdás die Hand hingehört, nämlich auf den Hinterkopf und nicht hinter die Ohren. Rebecca Horner als bewegliche Gräfin Sibylle, Tante der Raymonda, hat es mit dem ungarischen König (Igor Milos) vorgemacht. Ein schönes Paar diese beiden, dass sie im Ungarischen Tanz zeigen dürfen, was sie können, macht Freude. Wie kostbares Porzellan: Maria Yakovleva © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor

Höhepunkt dieses Grand Pas, der den gesamten 3. Akt beherrscht, ist für mich Raymondas Adagio zum Soloklavier. Eine Tänzerin aus kostbarem Porzellan steht mit Yakovlva auf der Spitze, sicher und anmutig, perfekte in Linie und Balance. Zum Niederknien.

Jetzt stimmt die langjährige Erfahrung doch mit der aktuellen überein: „Raymonda“ ist gewöhnungsbedürftig, sowohl für das Publikum und noch mehr für die Tänzer_innen. Dass mir die Vorstellungen von Mal zu Mal besser gefielen, liegt vor allem an diesen, nicht nur ich, auch sie haben entdeckt, dass das Epitheton „Juwel“ möglicherweise doch stimmt. Ich bin sicher, dass das in der kommenden Saison zur überprüfen sein wird.

„Raymonda“, letzte Vorstellung des Balletts von Rudolfs Nurejew, nach Marius Petipa zur Musik von Glasunow, auch diesmal hinreißend dirigiert von Kevin Rhodes, mit Maria Yakovleva in der Titelrolle: 8.1.2016, Wiener Staatsballett in der Staatsoper.