Roberto Alagna & Aleksandra Kurzak / Staatsoper
Große Harmonie gab es auf der Bühne der Wiener Staatsoper, als der charismatische Tenor Roberto Alagna gemeinsam mit Neo-Ehefrau und Sopranistin Aleksandra Kurzak ein Konzert gab. Am Klavier begleitete Jeff Cohen die beiden, die sich von Mozart über Donizetti bis Puccini durch das Arien- und Duettrepertoire sangen. Viel Applaus für das Paar, dessen Zugpferd natürlich ganz klar Alagna ist.
Alagna gehört zu jenen Künstlern, die man entweder mag oder nicht. Der gebürtige Franzose mit sizilianischem Temperament, das er seinen aus dem Mezzogiorno nach Paris eingewanderten Eltern verdankt, kann sowohl begeistern, als auch für Pfeifkonzerte sorgen. Legendär ist sein Auftritt an der Mailänder Scala 2006, als er für den Radames in Giuseppe Verdis „Aida“ ausgebuht wurde und noch während des ersten Aktes das Handtuch warf und schwer aufgebracht das Haus verließ. Doch andererseits hat kaum einer so inbrünstig den Alfredo in Verdis „La traviata“, oder den Nemorino in Gaetano Donizettis „L’Elisir d’Amore“ gesungen, um nur zwei seiner sechzig Partien zu nennen.
Und nicht zu vergessen seine langjährige Ehe mit Starsopranistin Angela Gheorghiu, als man die beiden als Operndirektor nur im Doppelpack buchen konnte. Doch nun scheint er zur Ruhe gekommen zu sein, in neuem Familienglück mit Aleksandra Kurzak und einer kleinen Tochter. Diesen Frieden konnte man im Solistenkonzert der beiden spüren, in dem keiner dem anderen die Show gestohlen hat.
Nicht wie früher mit prächtiger Lockenmähne, sondern mit fast biederem Kurzhaarschnitt kam er auf die Bühne, Gattin Aleksandra im schwarz-weißen Abendkleid. Zur Einstimmung gab es das Duett „Ange adorable“ aus Charles Gounods „Roméo und Juliette“, das beide Stimmen recht passabel miteinander in Einklang brachte. Auf ein Duett folgte jeweils eine Arie, und dazwischen spielte Pianist Cohen ein Solo zwecks Erholung des Gesangspaares. Am Programm des ersten Teiles standen Arien aus Mozarts „Cosi fan tutte“ und Jaques Fromental Halévys „La Juive“ (Kurzak), aus Ètienne-Nicolas Méhuls „Joseph“ und „La Juive“ (Alagna), sowie Duette aus Donizettis „L’elisir d’amore“ und Verdis „La traviata“. Bei letzterem waren Erinnerungen an Alagnas Zeit mit Gheorghiu unvermeidlich, denn „Parigi o cara“ hatten die beiden auch wunderschön miteinander gesungen.
Nach der Pause, Kurzak nun in bunter Robe, dominierte die dramatische Arie. Duette gab es aus Verdis „Otello“ und Gounods „Faust“. Kurzak sang aus Ruggero Leoncavallos „Pagliacci“, Francesco Ciléas „Adriana Lecouvreur“ und Giacomo Puccinis „Turandot“. Alagna wählte Leoncavallos „La Bohéme“ und ebenso „Adriana Lecouvreur“ wie „Turandot“. Aus dem geplanten Klavier-Solo Cohens wurden jedoch nun zwei, da Alagna vor seiner letzten Arie eine unvorhergesehene Pause benötigte.
Alagnas hell strahlender Tenor ist vielleicht ein wenig matter geworden und wirkt auch gelegentlich etwas forciert in den Höhen. Doch er verfügt über eine wunderbare Belcanto-Technik, die ihm immer hilft, und vor allem ist er auch ein großartiger und einnehmender Darsteller. Er ist immer noch ein Weltklasse-Sänger. Kurzak verfügt über einen warmen Sopran mit leicht dunklem Timbre, der in der Mittellage sehr schön klingt. Auch sie ist eine gute Schauspielerin, und man sieht beiden auch gern zu.
Und so blieben auch die Zugaben nicht aus. Zuerst gab es eine eigenwillige Fassung von Franz Lehars „Lippen schweigen“ aus der „Lustigen Witwe“. Kurzak, die perfekt Deutsch spricht, widmete das Lied dem Wiener Publikum. Doch leider konnte keiner von beiden es in Deutsch, sondern Kurzak sang in polnischer und Alagna in französischer Sprache. Wenigstens am Ende holte Alagna den Schummelzettel aus der Brusttasche und sang noch ein paar Takte in Deutsch, wie auch Kurzak. Die zweite Zugabe war das „Brindisi“ aus „La traviata“, dem man die Entspannung beider nach geschafftem Konzert anhören konnte, so leicht klang es. Eigentlich wäre es ab jetzt richtig interessant geworden, doch natürlich war es zu Ende. Großer Beifall für das neue Paar. Ob es auch ein Traumpaar wird, ist noch nicht ganz auszumachen.
Konzertabend in der Wiener Staatsoper: Roberto Alagna mit Aleksandra Kurzak, am Flügel Jeff Cohen. 9. November 2016.