ImPulsTanz, Michikazu Matsune: „Mattress Pieces“
Der Performer und Choreograf Michikazu Matsune zeigt im Rahmen des ImPulsTanz Festivals im Leopold Museum „Matratzen Stücke“. Das kann man so oder so lesen, als Stücke von oder auch über Matratzen. Jedenfalls beschäftigt sich Matsune mit dem, was so auf Matratzen geschieht: schlafen, träumen, lieben, sterben.. Zwei Performerinnen und zwei Performer sind keineswegs einschläfernd und auch das Publikum hat wenig Gelegenheit zu träumen.
In Zeitlupe, wie im Traum, beginnen die vier Solos in vier kahlen Räumen mit einer Matratze. Die Ouvertüre quasi als Vorstellung von Andrea Gunnlaugsdóttir, Nicholas Hoffman, Sara Lanner und Mzamo Nondlwana. Das Publikum wandert herum, schaut mal dem einen Liegenden, mal der anderen Umhergehenden zu. Dann jedoch ziehen alle vier ihre weichen Unterlagen (sie ähneln den Joka-Matratzen aus dem 1960er Jahren, bunt und abgeschabt) in einen Raum und beginnen mit dem Körper kleine Geschichten zu erzählen. Choreograf Matsune ist ein Poet mit Intelligenz und Witz und ohne jedes Pathos. Er lässt seine Schläfer_innen im Chor schnarchen und schnalzen und sie auch in vielstimmigem Gesang mit der Partitur vor Augen, seufzen, stöhnen, jubeln und jauchzen – man muss nicht immer schlafen auf der Matratze. Man kann auch träumen … von rosa Elefanten und dass man den Sheriff erschießt, dass man im früheren Leben ein Wurm war oder dass man endlich berühmt ist. Ob die komischen, skurrilen, erschreckenden und hoffnungsvollen Träume wahr sind, erfahren wir nicht. Sie werden als Fragen gestellt: „Am I dreaming …?“
Später träumen die vier, dass sie Figuren sind, Gunnlugsdóttir macht das besonders präzise und schön. Schließlich muss der überkandidelte Satz im Programmheft – „… In Relation zu einer Fülle von Skulpturen und Bilder untersucht die Performance universelle Gefühle von Sehnsucht und Zugehörigkeit“ gerechtfertigt werden. Diese „Fülle von Skulpturen und Bilder“ ist zwar im Leopold-Museum vorhanden, aber auf der Ebene -1, wo die Matratzen Stücke erzählt werden, nicht zu sehen. Die charmante Performance könnte sonst wo stattfinden.
Knapp vor dem Ende wird es turbulent, die gar nicht verschlafenen Performer_innen entledigen sich ihrer Kleider und spielen als Nackerpatzeln Fangen. Wieder angezogen nehmen sie den Applaus entgegen und ziehen sich samt der Matratze wieder in ihre Isolation zurück. Vermutlich, um zu schlafen.
Michikazu Matsune: „Mattress Pieces“, Uraufführung im Leopold Museum, 19. Juli 2016, gesehen am 21. Juli im Rahmen von ImPulsTanz.
Am 14.8 zeigt Matsune eine weitere Uraufführung. „Goodbye“ ist eine Perforamnce über Abschiede.