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Editta Braun: „Long Life + NaYmA“, Tanz im Kosmos

Videokommunikation in "Long Life".

Die Salzburger Tänzerin / Choreografin Editta Braun ist nicht oft in Wien zu Gast. Doch wenn sie da ist, wie in dieser Woche im Kosmos Theater, dann hat sie ein begeistertes Publikum im gefüllten Saal. In ihrer Choreografie „Long Life“ bringt sie eine Kultfigur der Salzburger Tanz- und Theaterszene auf die Bühne: Myrtó Dimitriádou. Noch mit 75 verblüfft ihre Bühnenpräsenz. Neben ihr behauptet sich die Wiener Tänzerin Cat Jimenez, deren Lebenslinie nur halb so lang ist wie die der in Griechenland geborenen Tänzerin und Schauspielerin Dimitriádou. Der Wien-Premiere von „Long Life“ am 20. April hat Braun auch ein Geschenk beigepackt: Die aus Polen stammende Tänzerin Maja Mirek zeigt ihr Solo „NaYma“ – das Auditorium tobt.

"Long Life": Myrtó Dimitriádou hat ihre Wurzeln auf der Theaterbühne.  „Long Life“ geht von den Erkenntnissen über die Bäume, deren soziales Wesen, deren Netzwerke, Kommunikationsmöglichkeiten und deren hohes Alter eingehend erforscht sind, und vergleicht die Jahresringe mit den Lebenslinien der Menschen. Diese sind allerdings im Verhältnis zum möglichen Alter der Bäume ziemlich kurz, dennoch aber reich an Abenteuern, Enttäuschungen, erfüllten und unerfüllten Träumen. Myrtó Dimitriádou ist wie Cat Jimenez nicht in Wien geboren, die eine kam mit ihren Eltern von den Philippinen, die andere ist in Griechenland geboren. Beide haben sich dem Tanz verschrieben.
Cat Jimenez tanzt ihre Lebensfreude.Die Bäume wachsen als Video auf dem Hintergrund des weißen Bühnenraums. Zu Beginn liegt eine Barriere zwischen den beiden Frauen, Dimitriádou, wie viele alte Frauen in südlichen Ländern, ganz in Schwarz gekleidet; auf der anderen Seite das junge Mädchen, in Weiß. Aufgeregt, unruhig, hüpft und steppt, tanzt sie, zeigt ihren elastischen Körper voll Lebensfreude. Bald wird die Barriere aufgelöst, weiße Würfel werden immer neu gruppiert, bilden eine Landschaft oder dienen als Videowand. In einer Passage kommunizieren die beiden Frauen, vielleicht Großmutter und Enkelin, miteinander. Für das Publikum sind ihre beiden Bildschirme zugleich zu sehen. Das ruhige schöne Gesicht von Myrtó Dimitriádou, die erwartungsvolle Mimik von Cat Jimenez. Während Dimitriádou Gelassenheit und Würde ausstrahlt, tanzt sich Jimenez die Seele aus dem Leib. Minimalistisch, mit wenigen Wörtern, beschreibt Dimitriádou ihre lange Lebenslinie; mit viel Witz erzählt Jimenez ihre ersten Eindrücke von der neuen Heimat Österreich. Die Kommunikation miteinander ist allerdings schwierig, zu weit entfernt sind beide Darstellerinnen voneinander. Erst beim Verbeugen im Applausgewitter finden sie liebevoll zueinander.Myrtó Dimitriádou und Cat Jimenez miteinander und mit dem Tanz verschwistert. Myrtó Dimitriádou lebt in Salzburg für das Theater, sie ist Regisseurin, Tänzerin, Schauspielern und war bis 2019 künstlerische Leiterin des Toihaus Theaters, das sie 1984 gegründet hat und vor allem Theater für Kinder macht. 2014 ist sie mit einem Sonderpreis von Assitej Austria für ihre langjährige herausragende kulturpolitische und künstlerische Leitung im Feld der darstellenden Kunst für junges Publikum ausgezeichnet worden.Maja Mirek, ein aufstrebendes Talent.Als Draufgabe hat Editta Braun die junge Tänzerin Maja Mirek mitgebracht. Die Premiere von Mireks Solo „NaYmA“ war Anfang April beim Performance Festival in der ARGEkultur Salzburg. Versteckt in einem von der Decke hängen Tuch entwickelt Mirek zur Musik von Thierry Zaboitzeff, der auch die Musik für „Long Life“ komponiert hat, eine clowneske Performance, in der sie die erstaunliche Körperakrobatik durch ihre Stimme ergänzt. Man versteht nahezu, was sie uns erzählt, obwohl sie in einer von ihr entwickelten Kunstsprache plappert, Zaboitzeffs Stimme, beruhigend und großväterlich aus dem Off erklingend, weist der jungen Tänzerin den Weg durch den Irrgarten Leben. Maja Mirek hat ihr Tanzstudium am Königlichen Konservatorium Antwerpen abgeschlossen, studiert jedoch an der ABPU in Linz weiter. Ihren Namen sollte man sich merken.

Editta Braun Company: „Long Life” followed by “NaYmA”
Künstlerische Leitung, Choreografie, Ausstattung: Editta Braun; Tanz, Schauspiel, Co-Choreografie: Myrtó Dimitriádou & Cat Jimenez. Tanz, Schauspiel Co-Choreografie NaYmA: Maja Mirek. Komposition: Thierry Zaboitzeff. Lichtdesign, technische Leitung: Thomas Hinterberger. Verwendete Musik in „Long Life“ außerdem „Enjoy The Silence“ von Martin Gore / Depeche Mode sowie „Venus“ von Robbie Van Leeuwen / Shocking Blue, vocals Sandrine Rohrmoser. Aufführungen: 20. 21., April 2022, Kosmos Theater.
Fotos: © Bettina Frenzel