Zum Hauptinhalt springen

Ballettsaison 2021/22, ein Überblick

Das neue Foyer mit Kartenverkauf statt gemütlichem Café.

Großer Auftrieb am Ring: Operndirektor Bogdan Roščić hat zur Präsentation der neuen Spielzeit geladen. 100 Minuten lang dürfen Fans gratis in Polstersesseln lümmeln. Zehn davon gehören dem Ballettdirektor Martin Schläpfer, der auch drei seiner Tänzer:innen auf die Bühne bittet. Zwei mal drei Minuten Vorgeschmack auf 2021/22 konnten am Fronleichnamstag, 3. Juni, live in der Oper oder, um eine viertel Stunde zeitversetzt, während der Vorbereitungen für das Mittagessen auf dem Fernsehgerät konsumiert werden.

Ballettdirektor Martin Schläpfer plaudert im Ballettsaal über die kommende Saison. © Feuer& Flamme Film / Ausschnit aus einem Video auf youtube.Allen jenen, die auch Daten und Fakten erfahren wollen, empfiehlt der Direktor den Kauf des überdimensionierten Programmbuches: Um € 6,90, online, bei den Billeteurinnen oder „im sehenswerten Foyer“. Wenn man den leinengebundenen Wälzer verkehrt herum aufschlägt, kann man im Programmkalender blättern, Premieren haben einen roten Balken. Will man Näheres über ein Programm erfahren, heißt es, „das wesentliche Informationsmedium zur neuen Spielzeit“ wieder umdrehen und blättern. Die entsprechende Textseite ist im Kalender markiert. Dennoch empfehle ich, sich online zu informieren, mit Hilfe der Links hüpft es sich leichter von Seite zu Seite. 
Acht Premieren, davon jede Menge Uraufführungen, sind für die nächste Saison versprochen. Vier in der Staatsoper, vier in der Volksoper. Rebecca Horner. Illustration zur Premiere "Im Siebten Himmel", Staatsoper.Eigentlich sind es ja fünf Premieren, denn wenn am 17. September 2021 die Ballettsaison in der Staatsoper eröffnet wird, ist der dreiteilige Abend „Tänzer, Bilder, Sinfonien“ angesagt. Als Repertoirevorstellung kann diese 2. Vorstellung mit Werken von George Balanchine, Alexei Ratmansky und Martin Schläpfer noch nicht gesehen werden. Die Premiere wird als letzte Vorstellung der aktuellen Saison am 26. Juni in der Staatsoper stattfinden. Die zweite Vorstellung wird sich vermutlich für Tänzer:innen und Publikum wie eine erste anfühlen.
Im November öffnet sich der 7. Himmel, mit einer Uraufführung von Martco Goecke, der zum Adagietto aus Gustav Mahlers 5. Symphonie tanzen lässt. Filmmusik also, die von „Marsch, Walzer, Polka“, einer Choreografie Martin Schläpfers zu Kompositionen der Strauß-Familie und George Balanchines entzückenden Hommage an das klassische Ballett zur Musik von Georges Bizet: „Symphony in C“ umrahmt wird.
INina Poláková und Roman Lazik in "Onegin" (2017). © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor m Dezember ist der unverwüstliche „Onegin“ von John Cranko auf der Bühne. Nina Poláková hätte noch gern einmal die Tatjana in Wien getanzt, doch sie wird nicht mehr in Wien sein, der Ruf als Ballettchefin in Bratislava war zu verlockend. Wir trösten uns mit der nächsten Premiere: „Liebeslied“ ab 14. Jänner 2022. Wieder ein gemischter Abend: „Other Dances“, ein Pas de deux von Jerome Robbins zu Klaviermusik von Frédéric Chopin  macht den Beginn; Johannes Brahms „Liebeslieder-Walzer“, geschaffen von Georges Balanchine und seit 1977 im Repertoire des Staatsopern-Balletts, sind am Ende zu hören und zu sehen. In der Mitte gilt es für Ballettfans die Bekanntschaft mit einer renommierten amerikanischen Choreografin zu machen, deren Werke bisher hauptsächlich von ihrer eigenen Dance Company aufgeführt worden sind und in Wien ediglich bei sommerlichen Festivals zu sehen waren – Lucinda Childs. Das Wiener Staatsballett wird zur Musik Henryk Góreckis ihre 1993 entstandene Choreografie „Concerto“ zeigen.
Am 30. April wird die Premiere von „Die Jahreszeiten“ gefeiert. Martin Schläpfer choreografiert Joseph Haydn. Jetzt ist das Programmbuch nötig, denn was der Dirigent Giovanni Antonini auf die ihm gestellten Fragen und Martin Schläpfer über seine Arbeit mit Haydns Musik zu sagen hat, kann dort vor- und nachgelesen werden.
Premiere in der Volksoper: "Ein deutsches Requiem", Choreografie Martin Schläpfer. Am 30. September eröffnet die Volksoper die Ballettsaison. Martin Schläpfers 2011 entstandenes abendfüllendes Ballett zum Chorwerk „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms ist zu sehen. „Begegnungen“ mit der Uraufführung von “In Sonne verwandelt“, einer Schläpfer-Choreografie zu Ludwig van Beethovens 4. Klavierkonzert, am Piano interpretiert von Johannes Piirto, hat am 2. Februar Premiere. Im ersten Teil des dreigeteilten Abends ist „24 Préludes“ (Frédéric Chopin) von Alexander Ratmansky zu sehen, gefolgt von „Uraufführung“ von Andrey Kaydanovskiy, der als Tänzer im Wiener Staatsballett auch ein international erfolgreicher Choreograf ist.
EIllsutsration zur Premiere "Kontrapunkte", mit Werken von Anne Teresa De Keersmaeker, Merce Cunningham und Hans van Manen. xquisit scheint die Premiere knapp vor Saisonende in der Volksoper zu werden: Anne Teresa De Keersmaeker, Merce Cunningham und Hans van Manen sind als Choreografen genannt. „Große Fuge op. 133 für Streichquartett von Ludwig van Beethoven“, „Duets“ (Improvisation III von John Cage) und „Four Schumann Pieces“ (Streichquartett A-Dur op. 41 Nr. 3 von Robert Schumann) sind die einstudierten Werke. Eine Tripelpremiere für Wien.
 Auch die alles abschließende „Nurejew-Gala“, die Ballettdirektor Schläpfer alle zwei Jahre anbietet, ist eine Premiere. Die Aneinanderreihung unterschiedlicher Choreografien von Balanchine bis zu Flamencokünstler David Coria ist auf jeden Fall einmalig. Doch davor zeigen auf der "Plattform Choreographie Wiener Staatsballett" Tänzerinnen und Tänzer aus dem Ensemble ihr choreogrfisches Talent. Schläpfer führt damit eine Tradition fort, die bereits Renato Zanellamit Unterstützung des Ballettclubs eingeführt hat. Illustration "Plattform Choreografie", Aufführung am 16.6.2022, Volksoper. Seit dem Jahr 2003 ist der Ballettclub der Wiener Staatsoper und Volksoper auch als Veranstalter und Organisator aufgetreten und hat dafür die Projektreihe “choreo.lab” ins Leben gerufen, die in der Direktion Manuel Legris “Junge Choreographen des Wiener Staatsballetts” umbenannt worden ist. Die private Initiative Ballettclub ist mit Beginn der Direktion Bogdan Roščić / Martin Schläpfer unter das Dach der Staatsoper geholt worden. Die "jungen Choreografen" treten ab der kommenden Saison auf der "Plattform Choreografie" auf. Erstamals am16. Juni 2022 in der Volksoper. 
Romantische bis klassische Handlungsballette, Choreografien von Martin Schläpfer und Neueinstudierungen aus der aktuellen Saison vervollständigen in reicher Fülle die Ballettsaison an der Staatsoper. 
Die Volksoper hat ein besonders süßes Zuckerl für die Jugend bereit: Das erfolgreiche Ballett von Vesna Orlić „Peter Pan“ wird ab 21. Jänner 2022 sechs Mal mit einer überwältigenden Musikfülle zu Applausstürmen hinreißen.
Ausschnitt aus dem Ballett "Peter Pan" in der Volksoper. Ab 21. Jänner 2022 wieder zu sehen. © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor Kuriosum: Gegen Ende des  Programmbuchs jubelt eine Sabine W. über das Paket, Opern- und Ballettinteressierte unter 27 mit verbilligten Karten den Zugang zu erleichtern,
Kaum hat sie im Opern-Newsletter vom U27-Angebot erfahren, hat sie „so schnell wie möglich“ ihre Freunde angerufen, „um sie zu einem Opernbesuch zu motivieren.“ Die Freundesgruppe ist hellauf begeistert, "überrascht vom Ambiente und der Qualität der Aufführung". Und dann bin ich überrascht:  „… Durch das vielfältige Opern-und Ballettangebot, aus dem man als U27-Besucher zu vergünstigten Preisen wählen kann, entwickelte sich unter uns bald die Gewohnheit, einmal pro Woche in die Oper zu gehen. Wir sind schon gespannt auf die nächste Saison…“ Toll! Wann war das? Und wo haben die Freunde (und hoffentlich auch Freundinnen) das reichhaltige Programm gesehen? Mit oder ohne Maske? Corona war in der Blase der Sabine W. nicht existent. Kurios.

Saison 2021/22: Vorschau auf das Ballettprogramm in der Wiener Staatsoper und der Volksoper. Sämtliche Informationen: wiener-staatsoper.at
Die Bilder stammen, wenn nicht anders angegeben aus dem Programmbuch „Wiener Staatsoper, Spielzeit 2021/22“, © Peter Mayr.