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brut: Das Nomadenleben ist bald beendet
Nicht mehr lange wandert das Koproduktionshaus brut, nach dem Hinauswurf aus der alten Spielstätte im Anbau des Künstlerhauses, in ganz Wien umher und mietet sich als Gast in unterschiedlichen Bühnen oder fremden Räumen ein. Ein eigenes Haus in St. Marx, die alte Zentralbank, wird hergerichtet und soll ab 2024 geöffnet sein. Ab März 2021 bezieht das brut eine Fabrikhalle in der Nordwestbahnstraße als Zwischenquartier. Bis dahin allerdings sind noch 14 unterschiedliche Spielstätten nötig, um das dichte Programm der Saison 2020 / 21 zu zeigen. Die Zukunft steht nicht mehr in den Sternen, sondern ist ganz irdisch nahe.
Näher liegt Künstler*innen und Beobachter*innen allerdings der Saisonbeginn am 3. Oktober mit den Rabtaldirndln & Yosi Wanunu: „Die Stadt der Rabtaldirndln; Wien“ heißt das neue Programm. „Eine nervenzerreißende Action-Movie-Performance“ verspricht das brut-Team. Das Filmset für den Agentenfilm wird am Schwendermarkt in der VHS Rudolfsheim-Fünfhaus aufgebaut, dort, wo am 14. September das glückliche Dreiergespann – Kira Kirsch, Künstlerische Leitung & Geschäftsführung, Flori Gugger, Dramaturg und Richard Schweitzer, Geschäftsführung – das Programm für die erste Saisonhälfte vorgestellt hat. Ab 10. Oktober zeigt Claudia Lomoschitz Im Studio in der Zieglergasse mit der Uraufführung „Soft Skills“, wie sich ihre neue Bettdecke mit Unbehagen auflädt. Auch der Körper reagiert auf Rechtsradikalismus und Hassparolen. Danach lockt Asher O’Gorman ab 15.10. in die Erbsenfabrik, wo sie in einen Dialog mit der Materie tritt.
Wie „the way of ink" von und mit Asher O'Gorman ist auch "The Score"von Karin Pauer und Aldo Giannotti eine Uraufführung. Der bildende Künstler Giannotti hat mit auf den Boden projizierten Schwarz-Weiß-Zeichnungen die Grundlage für eine Choreografie erstellt, die Karin Pauer als choreografische Partitur versteht und diese gemeinsam mit Lau Lukkarila und Arttu Palmio in der VHS am Schwendermarkt ausführt. Schlagwort: „Tanz trifft bildende Kunst.“
Gerettet aus der im Frühjahr dem Lock down zum Opfer gefallenen Aufführungen im Rahmen von Imagetanz sind die „Living Documents I– V“, vom geplanten Aufführungsort im Kempelenpark siedeln die lebenden Dokumente in etwas komprimierter Form in die VHS am Schwendermarkt. Dominik Grünbühel & Charlotta Ruth setzen sich mit der Frage auseinander, wie der flüchtige Moment festgehalten werde kann und zeigen in fünf Solos – außer Ruth und Grünbühel wirken auch Anna Ölberg, Jenni-Elina von Bagh und PETER mit –, dass der dokumentarische Akt eine lebendige Kommunikation sein kein. Ausgeruht kommen, Zeit haben, das Publikum geht zwischen den einzelnen „lebenden Dokumenten“ herum oder verharrt staunend vor einem der betanzten und bespielten Schaukästen. Der Eintritt ist frei, doch damit der Abstand gewahrt werden kann, wartet das brut auf Anmeldung. Simon Mayer, "Being moved", wird im Ankersaal bewegt, Deborah Hazler ist zum Revoltieren und Rebellieren aufgelegt und hat im Englischen noch mehr so böse Wörter auf R gefunden. Ihrem Abend, an dem auch Mia und Michikazu Matsune, Ursula Maria Probst sowie Shayma und Seba alles, was r hat, rollen, rotieren, reizen, vielleicht auch retten, nennt sie lautmalerisch „An Evening to RRRRRRRRRRR“
So, das war fürs erste der Oktober, also der Beginn der letzten Tage des Nomadentums für das brut-Team. Was im November und Dezember und auch später passieren wird an Anregendem und Aufregenden, wird peu à peu auf brut-wie.at eingetragen werden.
Schnell noch mit dem Fernrohr auf 2021 geblickt: Ich sehe Alex Franz Zehetbauer & Christian Schröder, und, wie man Zehetbauer kennt, mehr oder weniger H2O. Außerdem zeigen sich Frans Poelstra, der vorgibt ein alter Mann zu sein und sich zu erinnern und zu träumen, und die Compagnie Willi Dorner, die einen Liederabend tanzen. Und danach wird es bald Frühling werden.
brut: Saisonbeginn und Aussicht auf ein neues komfortables Haus, Pressekonferenz am 14.September 2020.
Details über das Programm und die Aufführungsorte auf brut-wien.at