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Wiener Staatsballett: Die neue Saison, 2020/21

Die Rubine in Blanchines Ballett "Jewels". © Ashley Taylor

Bei der öffentlichen Vorstellung als neuer Ballettchef kann Martin Schläpfer nicht anwesend sein. Cov-19 hat‘s verboten, er darf nicht einreisen, weilt einstweilen noch bei seiner Compagnie, dem Ballett am Rhein (Duisburg und Düsseldorf), von dem er sich bereits verabschiedet hat. Seine Pläne kann er nur per Videoschaltung bekanntgeben. Am Sonntag, 26. April, wird die gesamte Veranstaltung um 21.30 Uhr in ORF III übertragen. Der desiginierte Operndirektor Bogdan Roščiċ sitzt auf Bühne vor der Kamera.

Martin Schläpfer hat zwar, wie er sagt, kein Lebensmotto, aber eine Botschaft für das Ensemble und dessen Anhängerschar:

Zusammen mit meinem Team und meinen Tänzerinnen und Tänzern möchte ich das Wiener Staatsballett zu einem Zentrum der Tanzkunst in Österreich und Europa ausbauen und ein Ensemble formen, das auch die Traditionen, Wandlungen und Innovationen der lebendigen Metropole, Kunst- und Musikstadt Wien spiegelt und befruchtet. Martin Schläpfer. Direktor und Chefchoreograf des Wiener Staatsballetts. ©  Tillmann Franzen

Als ob das Wiener Staatsballett nicht schon ein Zentrum der Tanzkunst wäre und das Ensemble, Solistinnen, Solisten und auch die Basis, das gesamte Corps, höchste Niveau hätte und internationale Anerkennung genießen. Manuel Legris ist gelungen, wovon Freund*innen der Tanzkunst vor zehn Jahren nicht einmal zu träumen gewagt haben. Ihm gebührt der Dank, die Ehre(nmitgliedschaft der Wiener Staatsoper) hat er bereits.

Tempi passati –
jetzt verlangen i tempi attuali ihr Recht. Wie diese, die aktuellen Zeiten, aussehen, entnehme ich der aktuellen Presseaussendung:

Gleich mehrere Programme geben die Gelegenheit zur Begegnung mit Martin Schläpfers Kunst – darunter zwei Uraufführungen: Zu Gustav Mahlers 4. Symphonie und Dmitri Schostakowitschs 15. Symphonie ent-stehen zwei neue Werke für Wien, die zugleich auch der Beginn des intensiven kreativen Dialogs sind, den Martin Schläpfer in den kommenden Jahren mit den Künstlern seines Ensembles gestalten wird.
Als Direktor zeigt sich Martin Schläpfer als ein Brückenbauer, der die großen Balletttraditionen selbst-verständlich weiter pflegen, aber den Spielplan auch um wichtige Künstler der Gegenwart und eine große Vielfalt an choreographischen Handschriften bereichern wird. Die Meister der amerikanischen Neoklassik George Balanchine und Jerome Robbins werden weiterhin zu den Fixsternen des Wiener Spielplans gehören, ebenso wie der Niederländer Hans van Manen. Erstmals sind mit dem Staatsballett dagegen Werke von Alexei Ratmansky sowie der beiden großen American Modern Dance Künstler Paul Taylor und Mark Morris zu erleben. Aber auch die Tanzmoderne, deren Heimat das Nederlands Dans Theater ist, wird mit Werken Sol Leóns & Paul Lightfoots, Jiří Kyliáns und natürlich Hans van Manen begeistern.Roman Lazik und Madison Young in"Diamonds", Teil eins von  George Balanchines "Jewels",  © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor

Da sind schon einige Gustostückerl dabei und auch viel der Wiener Ballettcommunity durchaus Bekanntes. Jiří Kylián kennt die Ballettgemeinde schon seit den 1980er Jahren, Ballettdirektor Gerhard Brunner hat Kyliáns Choreografien zu Glanzpunkten seines Programms gemacht. Auch Hans von Manen ist mit seinen Choreografien in Wien zu Hause und war in der Ära Legris, die noch gar nicht zu Ende ist, doch durch – es nutzt nichts, das Virus ist stets vorhanden – Cov-19 abrupt gestoppt worden ist, auch stets persönlich anwesend, wenn eine seiner kostbaren Werke einstudiert worden ist.
Das Duo Sol León & Paul Lightfoot hat Manuel Legris mit dem köstlich-komischen Ballett „Skew-Whiff“ (mitten unter den drei Machogecken, Mihail Sosnovschi, Denys Cherevychko und Masayu Kimoto die zarte Ioanna Avraam) unvergesslich gemacht.

Dumitru Taran in Hans van Manens Ballett für drei Männer "Solo".  © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor Aufatmen:  So sehr anders und ganz neu wird Martin Schläpfers Ballettprogramm auch nicht sein. Dazu kommen jene Abende, die im Repertoire bleiben: Allem voran natürlich und unverzichtbar, schon wegen der Touristen, die auch an manchen Ballettabenden die Wiener Staatsoper mit ihrem Unverständnis bereichern, „Schwanensee“, in der von Rudolf Nurejew für Wien geschaffenen Choreografie. Ebenso erhalten bleiben Georges Balanchines „Jewels“, die erfolgreiche Einstudierung aus der vergangenen Saison hat im November 2019 Premiere gehabt. Von Frederic Ashton bleibt die Geschichte vom schlecht behüteten Mädchen, Frederic Ashtons „La fille mal gardée“ ebenso erhalten wie Elena Tschernischovas „Giselle“, eine Choreografie, der eine Neubearbeitung keineswegs schaden würde. In der Volksoper wird mit „Peter Pan“ auch in der kommenden Saison im Neverland getanzt und auch die Puppe „Coppélia“ wird ihre blauen Emailleaugen wieder auf den naiven Franz werfen.
Und schließlich bereitet der neue Direktor auch dem applausfreudigem Publikum mit Sitzfleisch eine Freude: "Skew-Whiff": Mihail Sosnovschi, Ioanna Avraam, Denys Cherevychko.  © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor „Die ‚Nurejew-Gala‘ wird als Reverenz an diesen für Wien und die Welt so wichtigen Ausnahme-Tänzer und Choreographen in Zukunft in einem zweijährigen Rhythmus stattfinden.“ Da sie dieses Jahr –  verdammt schon wieder der Schatten der Fledermaus – ausgefallen ist, müsste Im Juni 2021 schon die erste Schläpfer-Nurejew-Gala das gesamte Ensemble auf die Bühne bringen.
Dem aber scheint es doch nicht so zu sein, denn die erste Schläpfer-Saison schließt mit einem schon unter Legris beim Publikum beliebten dreiteiligen Abend:
Geroge Balanchine („Symphony in three Movements" zur Musik von Igor Strawinsky), Alexei Ratmansky („Pictures at an Exhibition", Komonist, ganz klar: Modest Mussorgski) und der Uraufführung „Sinfonie Nr. 15" von Martin Schläpfer zu Dimitri Schostakowitschs letztem Orchesterwerk. Eine Choreografie von Alexei Ratmansky (geboren 1968 in Leningrad, Artist in Residence am American Ballet Theatre) war in Wien noch nie zu sehen. Die „Bilder einer Ausstellung“ hat er 2014 für das New York City Ballet geschaffen.Erste Solotänzerin Ketevan  Papava in "Rubies".  © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor

Außerdem: „Mit Einführungsveranstaltungen sowie der neuen Gesprächsreihe ‚Tanzpodium‘ gibt das Staatsballett verstärkt Einblicke in seine Produktionen und historische Zusammenhänge. Eine wöchentlich stattfindende Open Class öffnet die Pforten des Opernhauses für fortgeschrittene Laien und interessierte Profis der Wiener Tanzszene.“

Nicht gesagt worden ist, wie viele Tänzer*innen das Ensemble verlassen müssen, weil ihr Vertrag nicht verlängert worden ist, und wie viele es freiwillig verlassen, weil sie neuen Ufern zustreben. Die letzten die sich abgemeldet haben: der elegante Halbsolist James Stephens, tanz künftig in Dänemark; die temperamentvolle Erste Solistin Nikisha Fogo zieht es gar nach San Francisco. Nkisha Fogo nimmt Abschied vom Wiener Staatsballett. Im Bild als "Sylvia" im gleichnamigen Ballett von M. Legris, uraufgeführt 2018.  © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor

Halbsolist Andrey Kaydanovskiy ist beurlaubt, wird jedoch aufgrund seiner steilen Karriere als Choreograf kaum als Tänzer zurückkehren. Mit seiner jüngsten Arbeiten für das Bayerische Staatsballett ist er für den internationalen, in Moskau vergebenen Tanzpreis, den Prix Benoit, nominiert. Ein Lichtstrahl dieser Ehre für den Tänzer und Choreografen hätte auch auf Wien fallen können. Ein Versäumnis, das nachgeholt werden kann.

Zusammenfassung:
Die Saison beginnt am 20. September in der Volksoper mit einer neuen Mischung der Repertoirestücke „Skew-Wiff“ (Sol Léon & Paul Lightfoot / Gioachino Rossini), „Adagio Hammerklavier“ (Hans van Manen / Ludwig van Beethoven) und „Psalmensymphonie“ (Jiří Kylián / Igor Strawinsky).
Am 24. November eröffnet Schläpfer in der Staatsoper seine erste Saison mit einem Van Manen-Schläpfer-Doppelabend: „Mahler, Live“. Der erste Teil. „Live“ von Hans van Mannen, das erste Videoballett der Tanzgeschichte, das bisher einzig dem Het Nationale Ballet Amsterdam vorbehalten geblieben ist.
Jakob Feyferlik und Olga Esina, "Diamonds" in Balanchines "Jewels".  © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor Schon als Direktor des Ballett am Rhein hat Schläpfer eine enge Verbindung zum niederländischen Choreografen aufgebaut, van Manen kennt also beide Teile, den neuen Direktor und das alte Ensemble, deshalb hat er sein Werk für Schläpfers erste Premiere an der Staatsoper dem Wiener Staatsballett anvertraut. Wenn, eh schon wissen, es erlaubt, wird der agile 88jährige dieser Premiere sicher beiwohnen und zugleich eine Uraufführung erleben: Schläpfers erste Choreografie für Wien, „Mahler“ zu Gustav Mahlers 4. Symphonie. Die 4. Mahler ist die letzte der vier Wunderhorn-Symphonien; sie endet mit dem Lied „Der Himmel hängt voller Geigen“, von Mahler in „Das himmlische Leben“ umbenannt, aus der Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“.
Am 30. Jänner zeigt Schläpfer in der Volksoper seine Choreografie zu Johannes Brahms Opus 45, „Ein deutsches Requiem“, uraufgeführt in Düsseldorf 2011.

Weitere Vorstellungstermine und detaillierte Informationen finden Sie im Saisonbuch, das online verfügbar ist.

Vorschau auf die Ballettsaison 2020/21 unter dem neuen Ballettdirektor Martin Schläpfer. Veröffentlicht vom Pressebüro der Wiener Staatsoper am 26. April 2020. Liveübertragung: 26. April 2020, ORF III, 21.30 Uhr.
Tag der offenen Tür: 6. September 2020.
Kartenverkauf:  Bestellungen für alle Vorstellungen der Spielzeit 2020/21 werden ab Mittwoch, den 29. April 2020 um 14 Uhr und bis drei Wochen vor dem Vorstellungsdatum entgegengenommen. Die  Bestellungsmöglichkeit für weitere verfügbare Karten beginnt tagesgenau zwei Monate vor dem Vorstellungstermin. Für die Monate September / Oktober sind Karten ab 15. Juni / ab 18. August 2020 erhältlich, jeweils für den gesamten Monat.