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Joachim Schlömer / Corinne Eckenstein: Dunkelwelt
Allein im dunklen Wald. Gespenster tauchen im Nebel auf, seltsame Geräusche irritieren, was tun gegen die Angst? Woher kommt sie überhaupt? Darf man wütend, zornig, aggressiv sein? Corinne Eckenstein und Joachim Schlömer haben eine Antwort: Mit dem Gesamtkunstwerk aus Tanz, Musik, Licht und Wortkaskaden locken sie junges Publikum ab 9 zum brandneuen Tanzstück „In der Dunkelwelt“, wo Maartje Pasman, Yusimi Moya Rodriguez und Sami Similä spielend ihre Ängste überwinden.
Am Anfang der Probenarbeit steht das Nachdenken über die widersprüchlichen Gefühle, die vor allem Heranwachsende in der Übergangszeit zwischen Kind und Teenager bewegen. In fünf Akten werden Stress und Wut, Angst und Albträume analysiert und dargestellt. Der renommierte Choreograf und Regisseur Joachim Schlömer choreografiert nicht nur die Bewegungen, sondern auch Licht, Musik und Geräusche, Text und die Videobilder. „Alle Elemente bilden ein Ganzes und gehen von der Bewegung aus. Es gibt keine Dekoration oder Untermalung, eines ergibt sich aus dem anderen.“ Im dunklen Wald, wenn die Nebel wallen und die Gespenster auftauchen, wird es ein wenig unheimlich. Schlömer und Corinne Eckenstein, die für die Dramaturgie verantwortlich ist, sind sich einig: „Auch das Unheimliche darf den Zuschauer*innen zugemutet werden, damit müssen sie sich auseinandersetzen. Die Angst bekämpft man am besten, wenn man sich mit ihr konfrontiert.“ Die fremden Gestalten lösen sich auf, die Nebel lichten sich, die Nacht im Wald ist überstanden, mit hellem Licht grüßt der nächste Tag.
Die Einheit aus Musik, Naturgeräuschen, Tanz und gerappten Wortkaskaden betont die Gefühlsebene der Choreografie und zieht das Publikum mitten in ihre eigenen Träume, Tag- und Nachtträume, die Urängste wach werden lassen: Der Hilfeschrei bleibt in der Kehle stecken, das Wegrennen gelingt nicht, weil Bleischuhe uns festhalten, Meereswellen werden zum alles verschlingenden Ungeheuer. Doch im Traum können wir auch fliegen und über die Ungeheuer siegen.
Die Zusammenarbeit des deutschen Choreografen mit der Schweizer Tänzerin, Schauspielerin und Regisseurin Corinne Eckenstein (sie lebt seit 1990 in Wien und ist seit 2016 künstlerische Leiterin des Dschungel Wien) hat eine lange Geschichte. „Zweimal habe ich ihm schon vorgetanzt, das erste Mal in Basel. Er hat mich nicht genommen. Als Schlömer künstlerischer Leiter im Festspielhaus Sankt Pölten geworden ist, bin ich wieder hingegangen. Er hat mich wieder weggeschickt. Und jetzt ist er auf mich zugekommen und endlich hat die Zusammenarbeit geklappt.“ Choreograf Schlömer lebt in Berlin und ist gemeinsam mit Livia Patrizi künstlerischer Leiter der Tanzkomplizen, einer Spielstätte, die ausschließlich Tanz für junges Publikum zeigt. Die Tanzkomplizen sind Teil der Iniative TanzZeit, die seit 2009 Tanz als Unterrichtsfach in die Schulen bringt. Tanzkomplizen tanzen nicht nur für junges Publikum, sondern bieten mit Workshops und gemeinsamen Reflexionen nach den Vorstellungen ein reiches Vermittlungs- und Verständnisangebot. „Das ist auch mein Ziel“, sagt Eckenstein, und Schlömer stimmt ein: „Unser Stück ist erst vollständig, wenn danach darüber gesprochen wird. Nach der Vorstellung mit dem Team oder zuhause mit den Eltern und auch mit den Freund*innen und Lehrer*innen in der Schule.“ Pädagogische Überlegungen spielen in Schlömers Choreografie keine Rolle: "Wir wollen Gefühle wecken, nicht belehren." Die präzise Choreografie wendet sich im Zusammenspiel sämtlicher Elemente zwar an Jugendliche, doch ist schon in der Probenarbeit zu erkennen, dass sich Erwachsene darin ebenso wiederfinden werden.
„In der Dunkelwelt – Auf der Suche nach dem Licht“, Choreografie: Joachim Schlömer. Dramaturgie: Corinne Eckenstein: Bühne, Kostüm: Anne-Sophie Raemy. Video: Markus Wintersberger. Licht: Hannes Röbisch. Regieassistenz: Naima Rabinowich. Tänzer*innen: Maartje Pasman, Yusimi Moya Rodriguez, Sami Similä. Dschungel Wien & Tanzkomplizen. Uraufführung am 19. März 2020, 18 Uhr. Dschungel Wien.
Probenfotos: © Rainer Berson.