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Friedrich Dönhoff: „Heimliche Herrscher“, Krimi

Friedrich Dönhoff, fotografiert von Marvin Zilm

Friedrich Dönhoff, der sich mit Biografien, vor allem mit der seiner Großtante Marion Gräfin Dönhoff, einen Namen gemacht hat, findet auch Freude und Geschmack am Schreiben von Kriminalromanen. So ist sein sympathischer Hamburger Ermittler, Sebastian Fink, bereits zum vierten Mal unterwegs, um eine Serie von Morden in seiner Heimatstadt aufzuklären, die scheinbar in keinem Zusammenhang stehen.

Dönhoff erzählt unaufgeregt, nahezu lakonisch, ob er vom Alltag von Kommissar Fink und seiner neuen Freundin, der DJane Marissa, berichtet oder von der Suche nach dem Täter. Ein junger Bursch, Jugendmeister im Tischtennis, wird tot im Jenischpark gefunden, eine Zahnärztin stirbt vor ihrer Wohnungstür, ein Automechaniker liegt in seinem Vorzimmer auf dem Rücken – ebenfalls mausetot. Die Morde passieren in der so sicheren Großstadt Hamburg am helllichten Tag, zwischen den Toten lässt sich keine Verbindung herstellen. Zwar haben sie alle – es bleibt nicht bei den Dreien – mit Flüchtlingen zu tun, doch in ganz unterschiedlicher Haltung. Die Methode allerdings – ein Schuss ins Herz aus kurzer Distanz – ist immer die gleiche. Also sucht Fink auch nach einem Täter und trotz der Unterschiede, was die Tatorte und den Lebenshintergrund der Opfer betrifft, dämmert dem Kommissar bald, dass er in der Dunkelheit suchen muss, dort wo von Kriminellen undurchsichtige Geschäfte gemacht werden. Im ruhigen Jenischpark liegt ein toter Sportler. © Ralf Puschmann
Fink ist ein noch unverbrauchter Kommissar, der noch nicht mit seinem Leben als Kommissar hadert, kein Blut mehr sehen will. Im Gegenteil, sein Liebesleben ist ihm genauso wichtig wie die Arbeit. Dönhoff erspart den Leserinnen auch das übliche Tatortgeschwätz, samt den als Refrain wiederkehrenden Phrasen diverser Mitarbeiter/innen.

Mehrere Opfer, das bedeutet auch immer neue Personen, mit denen sich die Leserin vertraut machen muss. Das ist anfangs etwas mühsam. Eine Leiche nach der anderen, quasi eine Leichenserie, auch wenn der Täter kein typischer Serienmörder ist, ist weniger aufregend als bald langweilig. Zumal ich nicht gleich verstanden habe, warum ich schon wieder jemanden neuen kennen lernen muss, ihn /sie womöglich sympathisch finden muss. Erst wenn Jan-Ole mit einem dunklen Fleck auf dem Sportshirt auf dem Rasen liegt, weiß ich warum ich ihn einen sonnigen Morgen lang begleitet habe.
im Stadtviertel Eilbeck hat Fink möglicherweise den roten Faden gefunden. © Staro 1 / Gnu FDLAls Fink endlich im Milieu von Menschenhandlung und Prostitution landet, nimmt die Geschichte jedoch Fahrt auf, bekommt Tiefgang. Aus dieser Welt, einer Welt der Männer, stammt auch der Titel: Heimliche Herrscher. Das sind die spannendsten Kapitel im Roman, wenn sich Fink Gedanken über Sinn und Auswirkungen der Prostitution macht und sich fragt, ob das wirklich „ein Beruf wie jeder andere“ ist, den die Frauen gerne und mit Freude ausüben."Heimliche Herrscher", Cover. © Diogenes

Als Dönhoff an Finks viertem Fall geschrieben hat, waren die Krawalle während des G20 Treffens – die einen so sinnlos wie das andere – noch unvorstellbar, auch wenn die vermummten Verbrecher bald im Krimi auftauchen werden. Noch ist in diesem fiktiven Sommer in Hamburg die Stadt ruhig und sicher. Sebastian Fink träumt von einem Italienurlaub mit seiner Marissa, den er von Tag zu Tag neuerlich verschieben muss. Schließlich ist alles gut. Er darf den Koffer packen und sich auf drei Wochen Urlaub freuen. Da ist man bei der Hamburger Polizei wirklich großzügig. Personalmangel gibt es im Roman nicht.

Friedrich Dönhoff: „Heimliche Herrscher. Ein Fall für Sebastian Fink“, Diogenes 2017. 352 S. € 16,50.