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A. F. Zehetbauer: "wet dreaming at 52Hz“, imagetanz

Alex Franz Zehetbauer träumt im Nassen. © Franzi Kreis

„wet dreaming at 52Hz“ ist eine Unterwasser-Konzertperformance. Alex Franz Zehetbauer taucht mit seiner Arbeit in die tönende Welt der Wale ein und macht sie für das Publikum hör- und spürbar. „wet dreaming at 52Hz“ ist im Rahmen von imagetanz am 15. März uraufgeführt worden. Als Spielort hat das brut-Team die Augarten-Studios gefunden. Nirgends sonst hätte das schwere Wasserbecken aufgestellt werden können.

Drei Tage hat es gedauert, bis das Becken, in dem Zehetbauer als Wal schwimmt und singt, gefüllt und gewärmt war. Unterwasserkonzert mit Alex Franz Zehetbauer. © A. F. Zehetbauer.Mit einem Unterwassermikrofon bringt er den „Walgesang“ zu Gehör, singt später selbst als niedliche Drag Queen im schillernden Kunststoffschürzchen auf, verlängert seine Arme fast bis in den Himmel mit schwarzen Gummiröhren, um die Schwingen der Wale zu simulieren. Das sanfte Licht wirft seinen Schatten an die Wand, auf der die Wellen spielen – ein Engel schwingt die Flügel.

Zehetbauer ist fasziniert von der Kommunikationsmöglichkeit der Wale. Die an ein Leben im Wasser angepassten Säugetiere sind äußerst gesellig, leben in Gruppen und können über Töne miteinander über hunderte Kilometer miteinander kommunizieren. Das Knurren, Seufzen, Zirpen, Piepsen ähnelt dem Vogelgesang und wird durch Strophen und Wiederholungen zum Lied. Auch Delfine gehören in die Walfamilie. Johanna Nielson Whale drawing © Tim Jeffs ArtDer Frequenzbereich, in dem Wale „singen“, liegt zwischen 15 und 20 Hz. Die für den Menschen hörbaren Frequenzen liegen izwischen 20 Hz und 20kHz.
Zehetbauer hat seine Liebe jedoch für den „einsamsten Wal der Welt“ entdeckt, ein Tier, dessen Tonskala auf 52 Hz eingestimmt ist. Allein muss der 52Hz-Wal durch die Meere ziehen, mit seinen Verwandten, vermutlich den Blauwalen, die singen auch etwas tiefer als andere Walfamilien, kann er sich nicht verständigen, er singt nur für sich. Auf der Loop Station wird der Gesang des Performers zum Chor der Wale. © A. F. ZehetbauerOder besser gesagt, er knurrt alleine. Mit 52Hz ist seine Stimme nur geringfügig höher als der tiefste Ton einer Tuba.

Zehetbauer singt unter Wasser, wird ganz Wal, muss daher immer wieder auftauchen, um Luft zu holen. Auf der Loop Station werden die Töne gesampelt, vervielfältigt, gespeichert, wiederholt. Ein Choral entsteht, die Schallwellen brechen sich an den Meereswellen (nicht viel Fantasie ist nötig, um zu vergessen, dass der einsame Wal im Süßwasserpool planscht).  Gesungen kann nicht nur im sondern auch auf dem Wasser. Dafür hat ein Graf zu Stolberg-Stolberg sogar ein Gedicht geschrieben:

Mitten im Schimmer der spiegelnden Wellen
Gleitet, wie Schwäne, der wankende Kahn
[…]
Ach, es entschwindet mit thauigem Flügel
Mir auf den wiegenden Wellen die Zeit.

 Also im 18. Jahrhundert hat das großartig geklungen, heut sind diese Zeilen schon ziemlich klebrig. Doch Franz Schubert hat sie vertont, sie sind im Repertoire sämtlicher Sänger*innen lebendig geblieben. Künstler Alex Franz Zehetbauer, fotografiert von © Robyn Defined.Alex Franz Zehetbauer singt anders, unter dem Wasser, auch auf dem Wasser und auch neben dem Wasser, da schon nicht mehr als Wal, doch kokett mit dem Mikro hantierend. Gedicht hat er auch: 

In the darkness thewavesare soft and quiet
In der Dunkelheit sind die Wellen still und ruhig”. 


singt er elktronisch verdoppelt und wiederholt. Klebt nicht.

Alex Franz Zehetbauer, 1990 in Brooklyn geboren und zur Zeit in Wien lebend, hat, beraten von Claire Lefèvre, eine perfekte Show gebaut, mit Überraschungen und stringenter Dramaturgie, eine Musik-Performance, die Wissen vermittelt und einhüllt in eine Welt aus Tönen und Frequenzen, die uns Landsäugern eher fremd ist. Auch das Publikum muss erst wieder auftauchen, Luft holen, mit den Füssen den Boden berühren. Mit heftigem Applaus bedankt es sich für die dichte Darbietung.

Alex Franz Zehetbauer: „wet dreaming at 52 Hz“, künstlerische Beratung & Unterstützung: Claire Lefèvre. Lichtdesing & Video: David Lang. Eine Koproduktion von Alex Franz Zehetbauer und imagetanz / brut Wien. Uraufführung: 15. März 2019, brut im Augarten.
Drei weitere Vorstellungen am 16.,3., 20.30 Uhr; 17.3., 18 und 20.30 Uhr.