Acosta Danza / Carlos Acosta: „A Celebration”
A Celebration“ nennt der kubanische Tänzer und Choreograf Carlos Acosta den Abend, den er mit seiner 2015 in Havanna gegründeten Compagnie Acosta Danza am 22. September im Festspielhaus St. Pölten als Premiere im deutschsprachigen Raum präsentiert hat. Vier höchst unterschiedliche Stücke von vier Choreografen, drei kürzere im ersten Teil, Acostas „Carmen“ nach der Pause, ermöglichen einen Eindruck von der Bandbreite der Compagnie. Vor allem Acosta selbst, 17 Jahre lang gefeierter Solist am Royal Ballet, zeigt seine Meisterschaft und Vielseitigkeit. Die Tänzerinnen und Tänzer eifern ihm erfolgreich nach.
Zu Beginn des knapp zweinhalbstündigen Abends wird die Schönheit der Natur Kubas und das Zusammenleben der Menschen dort, unabhängig von Hautfarbe und gesellschaftlicher Stellung gefeiert: „De Punta a Cabo“ (etwa: „Von A bis Z“ oder „Vom Anfang zum Ende“) hat der kubanischen Choreograf Alexis Fernández für Acosta Danza geschaffen. Auf den Hintergrund der leeren Bühne wird per Video-Installation der Blick auf den Malecon, die Uferpromenade Havannas und deren Mauer mit dem Meer dahinter, auf der die Tänzerinnen und Tänzer tanzen, projiziert. Lebensfreude, Leidenschaft, das Spiel der Geschlechter und die Leichtigkeit des Seins werden zu kubanischer Musik erlebbar gemacht.
Mit „Fauno“ bringt Acosta eine Arbeit des Choreografen Sidi Larbi Cherkaoui entwickelte Arbeit für einen Tänzer und eine Tänzerin auf die Bühne. Zu Claude Debussys bekannter Ballettmusik, ergänzt von einer Komposition des 1964 geborenen britisch-indischen Musikers Nitin Sawhne, tanzen die beiden farbigen Tänzer Carlos Luis Blanco und Zeleidy Crespo (er im weißen Slip, sie in weißem Slip und leichtem Top), mit selten gesehener Flexibilität, Kraft und Präzision ein Vokabular von beeindruckender Körperlichkeit und gleichzeitig großer Sinnlichkeit. Hier brechen dunkelhäutige Tänzer in die weiße Dominanz des klassischen und zeitgenössischen Balletts ein. Ein erklärtes Ziel Acostas. Ein Höhepunkt des Abends.
Musik der „Rolling Stones“ bildet die Grundlage für „Rooster“, ein Ballett britischen Choreografen Christopher Bruce. Der Titel ist Programm: „Hahn“ (so die deutsche Übersetzung)reist zurück in die 1960er und 1970er Jahre und nimmt in sieben sehr unterschiedlichen Teilen die zu jener Zeit vorherrschenden Rollenbilder, insbesondere das Selbstverständnis des Mannes, mit liebevollem Augenzwinkern unter die Lupe. Immer wieder wird das Schreiten eines Gockels zitiert, werden Rivalitäten unter Männern und der nicht immer nur verhaltene Spott der Frauen präsentiert. Der humorvoll-ironische Blick in die Vergangenheit gibt Anlass zum Schmunzeln.
Ein samtrotes Bett, Tisch und Sessel sowie an den vier Ecken rechtwinklige bewegliche Gitter, ein Tänzer mit gewaltigen Hörnern auf dem Kopf erscheint als Stier, die Musik von Georges Bizet erklingt, wird von Rodion Schtschedrins Kompilation ergänzt: Carlos Acosta hat „Carmen“ inszeniert. Costa bebildert die Musik (eine Komposition des britischen Dirigenten Martin Yates kommt auch dazu) erzählt die Geschichte einfach, eng angelehnt an das Opernlibretto. Lediglich ein auf Tisch und Boden von der gesamten Compagnie als Fest getanztes Flamenco-Intermezzo unterbricht die klassisch erzählte Tragödie. Carlos Acosta brilliert als Escamillo und zeigt mit dem gesamten Ensemble Tanzkunst auf höchstem Niveau in stilistischer Vielfalt. Der Tänzer Carlos Acosta zählt mit seiner Compagnie Acosta Danza wohl zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten im zeitgenössischen Tanz Kubas.
Exzellent auch das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich, das „Fauno“ und „Carmen“ unter Leitung von Paul Murphy live begleitet und die Musik von Debussy, Bizet und Schtschedrin sensibel und facettenreich interpretiert hat.
Acosta Danza / Carlos Acosta : „A Celebration“ mit Choreografien von: Alexis Fernández („De Punta a Cabo“), Sidi Larbi Cherkaoui („Fauno“), Christopher Bruce („Rooster“) und Carlos Acosta („Carmen“). 22.September 2018, Festspielhaus St. Pölten.