Gisela Elisa Heredia: "Age Surfer's Symphony"
Das Thema liegt in der Luft, Sanja Tropp Frühwald hat es bearbeitet, Gisela Elisa Heredia und tanz.coop tun es auch: Durch die Lebensjahre der Frauen surfen. Zwei Uraufführungen an einem Tag. „Tiger Lilien“ im Dschungel, Heredias „Age Surfer’s Symhony“ im Kosmos Theater. So fetzig wie der Titel ist auch die Clubbing Atmosphäre , in die drei energiegeladene Tänzerinnen mit Begeisterung eintauchen. Akrobatik und Tanz, unterhaltsam und schwungvoll, nehmen auch das Publikum mit. Wer will sich nicht gern aufmuntern lassen, das Leben ist ohnehin viel zu ernst.
Mit Elan und Ausdauer führen die drei jungen Tänzerinnen das fröhliche Teenagerleben vor". Christina Zauner zeigt ihre akrobatische Kunst auf dem Schwingseil und entflieht dem bösartigen Unfug von Sarah Merler und Yusimi Moya Rodriguez auf rosaroten Rollschuhen. Zur gemeinsam zusammengestellten Musik wird diesmal, anders als in den vorangegangenen Choreografien Heredias, nur sehr gebremst improvisiert. Dass die Lautsprecher brüllen und brummen und die einander zugeworfenen Wörter in geheimnisvoller Jugendsprache kaum verständlich sind, ist ein leicht behebbares technisches Problem. Macht auch nichts, man weiß, worum es geht.
Wie in „Tiger Lilien“ funktioniert auch in der "Age Surfer’s Symphony“ die alte Theaterweisheit von der Attraktivität von Kindern auf der Bühne. In beiden Vorstellungen stehlen die kleinen Mädchen, in der tanz.coop ist es die achtjährige Sophie Mac Gregor, mit ihrer Unbekümmertheit und Hingabe an die Rolle nahezu die Show.
Anders geht es mir mit der Hobbydarstellerin Martina Varga, die sich als Großmutter von den ausgelassenen Teenies zwicken und zwacken lassen muss, sich nicht wehren darf, bis ich, peinlich berührt, nicht mehr hinschauen kann. Da wurde weit übers Ziel hinausgeschossen, die lockere Unterhaltung wird zur unangemessenen Plumpheit. Auch funktioniert die Mischung von Profis und Laiendarstellerin nicht, der Unterschied in Musikalität und Bewegungskunst ist zu krass. Alles mit allem zu vermischen ist ein nicht aufzuhaltender Trend. Groß und Klein, Alt und Jung, Rot und Schwarz, stabile Installation und bewegter Tanz, das funktioniert meist sehr gut. Profis und Amateure sind zwei unterschiedliche Welten. Für mich funktioniert das überhaupt nicht. Jede kann tanzen, mag sein, aber nicht jede muss es auf der Bühne tun.
Seit 2009, als Gisela Elisa Heredia gemeinsam mit Stefanie Wieser auch in Wien den weltweit zum Geburtstag des Tänzers und Tanztheoretikers Jean Georges Noverre am 29. April 1727 gefeierten „internationalen Tanztag“ in Wien zelebriert hat, ist die Choreografin einen weiten Weg gegangen und hat sich stetig weiterentwickelt. Es scheint, als wäre sie nun angekommen. Ihre jüngsten Erfolge – „Smokey Hugs and Cappuccino“, „Perfect Stranger“ – hat sie mit den gleichen Mitteln, wenn auch mit unterschiedlichen Tänzer*innen, erreicht.
Erfreulich ist, dass die Tänzerinnen (mitunter auch Tänzer) der tanz.coop mit dem Körper arbeiten, sich zur Musik bewegen und tanzen können. Dass jedoch dem billigen Witz der Vorzug vor einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den gewählten Themen gegeben wird, mag mir weniger gefallen. Ernsthaftigkeit schließt Humor nicht aus. Im Gegenteil, lachen erleichtert das Nachdenken und macht so manches aufgegriffene Phänomen leichter verdaulich. Mark Tompkins oder Michikazu Matsune, um nur zwei Beispiele zu nennen, zeigen das immer wieder. Mit diesen Künstlern darf sogar über den Tod gelacht werden und es geht nichts von seiner Tragik verloren.
Gisela Elisa Heredia & tanz.coop: „Age Surfer’s Symphony“, mit Christina Zauner, Martina Varga, Sarah Merler, Sophie Mac Gregor, Yusimi Moya Rodriguez. Uraufführung: 1.März 2018, Kosmos Theater; gesehen am 2.3. 2018.
Weitere Aufführungen: 3.3.; 7.3. bis 9.3. 2018, Kosmos Theater.