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„Le Corsaire“ mit Vadim Muntagirov als Gast

Vadim Muntagirov, Liudmila Konovalova © Ashley Taylor

Gäste sind auf der Wiener Ballettbühne gern gesehen. Vom Publikum, weil es auf jeden Fall etwas zu jubeln hat. Welcher Gast wird nicht als Star angekündigt! Und auch für Tänzerinnen und Tänzer des Ensembles, weil sie den Vergleich nicht zu scheuen brauchen und studieren können, wie es die anderen machen und sich anfeuern lassen. In der letzten Vorstellung dieser Saison von Manuel Legris‘ „Corsaire“ tanzte Vadim Muntagirov den Conrad und wurde zurecht gefeiert. Seine Partnerin als Mé, ebenbürtig, hinreißend und wie immer perfekt: Liudmila Konovalova.

Vadim Muntagirev: Linie auf Achse © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor Muntagirov, Lead Principal Dancer des English National Ballet und seit 2014 Principal Dancer im Royal Ballet, kennt im Grunde den Konrad (und auch die Rolle des Sklavenhändlers) in- und auswendig. Doch nicht den speziellen Wiener Korsaren, den Manuel Legris für sein Ensemble choreografiert hat. Dennoch fügt er sich nahtlos in die Aufführung ein, ist locker genug, auch an der Seite stehend, mit Blicken und Gesten in seiner Rolle als Verliebter zu bleiben. Der mit 26 Jahren noch junger Tänzer aus Chelyabinsk / Russland, hat sein Potenzial sicher noch nicht ausgeschöpft. Begeistern kann er mit federnden Sprüngen und weicher Landung. In eleganter Haltung zeigt er technische Sicherheit und Präzision, weniger ein kraftvoller russischer Tänzer als ein Schüler der Royal Ballet School, zurückhaltend und fein. Doch es fehlt ihm an Glanz und Charisma. Gegen die exquisite Konovalova wirkt er blass und zu weich.

Wenn Natascha Mair tanzt, sehe ich immer eine Aurora und nicht die liebliche Gulnare, die mit dem Pascha glücklich ist, so sicher steht sie auf der Spitze so elegant hält sie die Linie. Was Muntagirov an Ausstrahlung vermissen lässt, bringen Alice Firenze und Davide Dato (Zulméa / Birbanto) ins Spiel von Leidenschaft und Intrige. Alice Firenze, Davide Dato (Zulméa, Birbanto): Pure Lebensfreude. © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor

Gewonnen hat auch Francesco Costa als Sklavenhändler Lanquedem. War sein Rollendebüt noch etwas holprig, darf ich sagen: „Jetzt hat er’s“ und ist ein perfekter Lanquedem, der mehr kann als nur wie ein Gummiball springen. Das kommt Natascha Mair als Gulnare im „Pas d’esclave“ zugute. Obwohl von Natur aus nicht gerade befreundet, präsentiert der Böse seine Beute in schönster Harmonie.

Lob und Ehre für engagiert tanzenden Cops. Animiert durch den Gast war auch das Corps de Ballet samt den Mädchen aus der Ballettakademie. Besonders schwungvoll gelang der Pas des Forbans im 2. Akt, vor dem Herzstück der Choreografie, dem Grand Pas von Médora und Conrad. Erika Kováčová, Franziska Wagner-Hollinek, Alexandru Tcacenco und Zsolt Török tanzten den Pas de quatre inmitten der Krummschweter schwingenden Freibeuter (nichts Anderes ist ein Forban in Frankreich). Birbanto (Dato) und Zulméa strahlten noch reine Lebensfreude aus. Später schleichen sie voll Hinterlist durchs Schlafzimmer des Liebespaars.

Francesco Costa als Lanquedem: "Jetz hat er‘s". © Wiener Staatsballett / Ashley Taylor Ebenso angenehm, zwar nicht zackig aber niedlich, wie es einem Walzer ansteht, waren Elena Bottaro, Gala Jovanovic, Laura Nistor und Xi Qu im solistischen Part im „lebenden Garten“ (3. Akt) anzusehen. Ausgiebiges Lob gilt es auch zum Abschluss der Serie dem Bühnenbild und den Kostümen zu spenden. Keine Spur von orientalischem Schwulst und Kitsch, keine Pumphosen und Röcke in denen sich die Tänzerinnen kaum bewegen können, ein eindrucksvolles Piratenschiff, das untergeht wie die Titanic, nur steht das Liebespaar nicht mit ausgebreiteten Armen am Bug des Schiffes. Piratenliebe ist eben anders.

Dieses lächerliche Geknäuel. Was leicht noch zu verbessern wäre in dieser Choreografie ist das Gewurschtel an Stricken, mit dem Lanquedem von den Piraten gefesselt wird. Eine höchst sonderbare Art der Fesselung, eher zum Davonrennen als zum Festhalten. Jeder Bub kennt den Fesselknoten vom Indianerspiel. Vermutlich aber sielen Tänzer auch in ihren wilden Jahren nicht Indianer oder Räuber und Gendarm, aber sie können sich den Fesselknoten zeigen lassen, damit Lanquedem wie ein Gefangener und nicht wie eine lächerliche Figur aussieht. Schön und sauber: der Fesselknoten. © gemienfrei

Zu guter Letzt: Vaelry Ovsianikov, in 12 Vorstellung als Dirigent bewährt, dirigierte auch die 13. fetzig und gemächlich, ganz im Einklang mit den Tänzerinnen und Tänzern auf der Bühne.

„Le Corsaire“ mit Vadim Muntagirov als Gast. Letzte Vorstellung in dieser Saison, 17. Oktober 2016, Wiener Staatsballett in der Staatsoper.