Don Quixote mit Marianela Nuñez als Kitri
Marianela Nuñez, Principal Dancer im Royal Ballet, lässt als Kitri die Vorstellung des Balletts „Don Quixote“zu einem Fest werden. Mit tobendem Jubel begleitete das Publikum jeden Schritt der Ballerina, beklatschte auch ihren Partner, Semyon Chudin, den Ersten Solotänzer des Bolschoi-Balletts. Der Star des Abends jedoch war die durch die von Paul Connelly mit Verve dirigierte Musik wirbelnde Ballerina.
Wiener Ballettfans lieben Gastauftritte und zollen den für eine Vorstellung angereisten Stars nicht nur Respekt sondern zeigen ihnen lautstark ihre Liebe. Auch die heimische Kompanie samt den Solisten und Solistinnen profitieren von so einer Injektion an perfekter Technik und individueller Interpretation. Am Wasser, das die Wiener Tänzerinnen und Tänzer den Gästen ohne Scheu reichen können, mangelt es nicht.
Nuñez ist eine schalkhafte, verschmitzte Kitri, die ihren Fächer kokett zu gebrauchen weiß und gern mit einem amüsierten Blick ins Publikum dessen Einverständnis sucht. Mit mit atemberaubenden Fouettés und Sprüngen und einem hinreißenden Poisson in den Armen ihres Partners, schöpft sie das gesamte reiche Spektrum ihrer makellosen Technik aus.
Ob Rubato oder Adagio, neckischer Eifersuchts-Pas de deux oder inniges Liebesduett, als erfahrene Tänzerin hat sie jede Bewegung längst im ganzen Körper und kann sich ganz auf ihr verführerisches Spiel einlassen. Semyon Chudin ist ein hübscher, fröhlicher Basil, kann jedoch mit Nuñez’ Charme nicht mithalten. Gegen die zierliche Ballerina wirkt er etwas blass, zumal hohe Sprünge ihm nicht so wirklich liegen. Im Pas de deux ist er ein starker, verlässlicher Partner.
Sowohl Nuñez wie auch Chudin waren bereits in Wien zu Gast, tanzen jedoch ihre Rollen in „Don Quixote“ zum ersten Mal an der Staatsoper. Die Kitri scheint mir sichtlich eine Lieblingsrolle von Marianela Nuñez zu sein, so sehr ist sie diese gewiefte junge Frau, die nicht nur ihrem Auserwählten sondern auch dem Vater und den von diesem präsentierten Ehekandidaten mit einer Dachtel ihren Standpunkt klar macht.
Schön, dass das Publikum der ausverkauften Vorstellung auch die heimischen Stars zu schätzen weiß. Olga Esina als schwebende Königin der Dryaden, Davide Dato, der frisch gebackene Erste Solotänzer, als energiegeladener Zigeuner oder Alice Firenze als Straßentänzerin durften ebenso am Jubel teilhaben wie Nikisha Fogo als einem Kolibri gleichender Amor oder Kirill Kourlaev.
Gelöst tanzt Kourlaev einen stolzen und glücklichen Spanier und wirft gerade zu feuerige Blicke in die Menge. Durch seinen bewusst gewählten Abschied von der Compagnie, befreit von aller Last und Verantwortung, ist der (noch) Erste Solotänzer lockerer und spielfreudiger denn je. Zum letzten Mal wird er bei der Nurejew-Gala zu sehen sein, wenn er er den Sklavenkäufer Lanquedem tanzen und darstellen wird.
Mit Spielfreude und dem nötigen Witz fügten sich auch die komischen Rollen (Kamil Pavelka, Don Quixote; Marat Davletshin, Sancho Pansa; Jaimy van Overeem, Gamache) ins durch die Gäste animierte Ensemble.Auch beim Verbeugen fällt Nuñez nicht aus der Rolle, bleibt die schelmische Kitri, knickst nicht als eitler Star.
Langanhaltender, herzlicher Applaus für Gäste und Compagnie beendete diesen großartigen Abend der Marianela Nuñez.
„Don Quixote“, Choreografie von Rudolf Nurejew nach Marius Petipa. 31. Vorstellung des Wiener Staatsballetts an der Staatsoper, 5. Juni 2016. In den Hauptrollen zu Gast Marianela Nuñez und Semyon Chudin.