Ian Kaler: "o.T. – gateways to movement"
An drei Abenden zeigt Ian Kaler zwei Teile seiner als Tetralogie angelegten choreografischen Reihe „o.T.“ plus der kondensierten Zusammenschau der zwei Teile: „synopsies“. Auch durch die bestimmende Mitwirkung des Tänzers / Choreografen Philipp Gehmacher, des/der Musiker_in Jam Rostron (Planningtorock) und des Lichtkünstlers Jan Maertens war der 2. Teil, „gateways to Movement“ spannend und eindrucksvoll.
Die Sessel sind aus dem Zuschauerteil entfernt, das Publikum sitzt auf den nackten Stufen, hängt über dem Gestänge, wenn eine(r) vorne aufsteht, muss ich auch die Reihe dahinter erheben. Nicht gerade komfortabel. Allerdings habe ich das, endlich einen halbwegs kommoden Platz mit guter Sicht gefunden, schnell vergessen, als sich Kaler und Gehmacher in winzigen Schritten nach vorn (mit dem Rücken zu mir in den Bühnenhintergrund) bewegen. Eine überraschende, bewegende Show Im Licht- und Musik- erfüllten Raum beginnt.
Gleißendes Licht aus dem Hintergrund lässt die Tänzer nur als flache Schatten erscheinen. Am rechten Rand steht die / der wunderbare Aquarian Jugs alias Jam Rostron /Planningtorock), diesmal mit langem Lockenhaar, der Computer schwebt vom Plafond. Ich könnte die Augen schließen und allein die rhythmische und melodienreiche Musik genießen. Doch Kaler und Gehmacher fesseln ebenso, mit ihrem ureigenen Bewegungsmaterial – präsentieren ihren individuellen Katalog, beziehen sich aufeinander, driften auseinander, schauen einander in die Augen, berühren sich in einer kämpferischen und später einer innigen Umarmung. Ich sehe zwei unterschiedliche Tänzer, dissonant und doch im Gleichklag. Auf jeden Fall im Gleichklang mit der Musik. Gehmacher agiert vorsichtig und mit meist minimalen Bewegungen (wie man ihn kennt eben); Kaler sehr weich, mitunter überaus tänzerisch. Nahezu anmutig und doch fern der Realität, eins mit sich selbst, bewegt Kaler sich unabhängig vom Partner im stets wechselnden Licht. Jan Maertens zeigt seine eigene Komposition, live gestaltet, in vorausfühlender Reaktion auf die bewegten Figuren im leergeräumten, durch Farbeffekte in Hell und dunkel akzentuierten Kubus.
Mit der sich steigernden Musik, steigern sich auch die Bewegungen bis zum eindrucksvollen Finale im Stroboskopgeflimmer.
Souverän, überzeugend und cool. So cool, dass das begeisterte Publikum ganz auf das übliche Quietschen und Pfeifen vergessen hat.
Am Samstagabend gibt es „synopsies“ mit einem angehängten live DJ-Set von Rostron. Das Volks ist eingeladen, sich auf der Bühne zu bewegen. Im Herbst 2016 wird Ian Kaler „Incipient Futures“, den dritten Teil von „o.T.“ zeigen.
Ian Kaler „gateways to movement“ im Rahmen der dreiteiligen Zusammenschau „o.T.“, 12.2. 2016, Tanzquartier
Letzter Abend, „synopsies“, 13.2. 2016.