Ein Reigen in neuer Besetzung
Ein Reigen in neuer Besetzung
Zum elften Mal hat das Wiener Staatsballett „Ein Reigen“ von Antony McDonald und Ashley Page in der Volksoper getanzt. Neubesetzungen haben dafür gesorgt, dass sich in der nun rund und kompakt gefügten Aufführung keine Routine einschleichen kann. Das gebannte Publikum reagierte mit Begeisterung.
Der Tod ist stets gegenwärtig. Auch wenn er nicht zu sehen ist. In jedem der schwierigen Pas de deux tanzt er mit und auch bei den ausgelassenen Festen und noblen Soirées steht er in den Kulissen, dämpft die künstlich überdrehte Fröhlichkeit, lässt die Liebenden sich verzweifelt umschlingen. Andrey Kaydanovskiy tanzt diesen Tod bedrohlich und unerbittlich. Wenn er sein Werk vollbracht hat, wie bei Gustav Mahler (Eno Peçi oder Egon Schiele (Richard Szabó), die auf offener Bühne sterben, küsst er sie sanft auf die Stirn. Der Auftritt des Todes ist Anfang und Ende des Balletts und durch diese Allgegenwart gewinnen die Pas de deux, Zentrum des Werks, eine Intensität, die die erotischen (und komplizierten) Verschlingungen der Paare mit dem bitteren Geschmack der Hoffnungslosigkeit schärft. Der Maler Richard Gerstl (wieder einfühlsam und beeindruckend: Greig Matthews) gibt sich dieser Ausweglosigkeit hin. Gibt auf.
Im Trio Gerstl, Mathilde und Arnold Schönberg, ist Alexandru Tcacenco neu, aber noch etwas blass. Mathilde wird von Ionna Avraam getanzt. Sie macht besonders den Zwiespalt zwischen Geliebter und Ehefrau / Mutter deutlich. Begeisterter Zwischenapplaus war ihr sicher. Irina Tsymbal war Alma Mahler (Debüt in der vorangegangenen Vorstellung am 15. 2.). Ein Erlebnis. Selbstbewusst aber dem Meister fügsam, als Ehegattin, verführerisch, verführt und doch erschreckt und abgestoßen von der Wildheit dieses jungen Kerls (Oskar Kokoschka, erstklassig getanzt von Kirill Kourlaev), umgibt Tsymbal eine unnachahmliche Aura, die sie sowohl junges Mädchen wie reife Frau sein lässt. Neu besetzt sind auch die Rollen von Peter Altenberg (Attila Bakó) und Alexander Zemlinsky (Marcin Dempc). Ist die Rolle des Lehrers von Alma und zugleich Bruder von Mathilde Schönberg (der Reigen ist enger verflochten als zu sehen ist) nicht besonders differenziert, so hat Altenberg ein intensives Techtelmechtel mit dem süßen Mädel Mitzi, entzückend kokett und technisch einwandfrei (immer wieder) von Alice Firenze getanzt. Die erfahrene Tänzerin ist es, die im Pas de deux mit Bakó den Ton angibt.
Im Ensemble fallen Alena Klochkova, als Gastgeberin Bertha Zuckerkandl, blasiert oder ausgelassen und immer schön, sowie, als fröhlich Feiernde oder appetitlich Servierende, auf. Der Reigen endet im Walzertakt. Der aber stammt von Maurice Ravel und hat wenig mit der viel besungenen Seligkeit zu tun. Wir wissen seit Beginn: Am Ende steht der Tod. Nein, er sitzt, beugt sein Haupt und weint. Vielleicht.
„Ein Reigen“, Ballett in zwei Akten von Antony McDonald und Ashley Page. 22. März 2015,
Letzte Vorstellungen in dieser Saison am 3. März 2015