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Bruno Beltrão / Grupo de rua : „New Creation“

Grupo de Rua mischt Tanz und Akrobatik. © Wonge Bergmann / Kampnagel

Bruno Beltrão und seine Straßengang (Grupo de Rua) sind bekannt für die Erweiterung von Hip-Hop und Breakdance zum Bühnentanz. Er unterlegt den mit Zitaten aus der Urban-Dance-Kultur garnierten Stücken politischen Inhalt. Tanz als Widerstand gegen Unterdrückung und Korruption des rechtsextremen Regimes Jair Bolsonaros. Beltrão / Grupo de Rua sind Kult, man muss ihnen zujubeln. Das Festwochenpublikum weiß das.

Beeindruckende Erinnerungen an die Wurzeln der Compagnie: Urban Dance. © Kerstin BehrendtSchon im Festwochenbuch steht zu lesen, dass das neue Werk Beltrãos, schlicht „Neue Kreation“ benannt, heißersehnt ist. Diese „New Creation“, wie schon „Inoah“ (2017) ein Auftragswerk des Frankfurter Künstlerhaus Mousonturm und Koproduktion mit Wiener Festwochen und anderen Institutionen, überzeugt keineswegs. Die Tänzer und (neu) zwei Tänzerinnen sind großartig, energiegeladen, ausdrucksstark und kraftvoll. Die Break-Dance-Zitate sind etwas zurückgenommen, doch gerade die, von vier Männern in einer Sequenz im hellen Licht mit Powermoves, Popping und Freezes zu aufwühlenden Trommelschlägen ausgeführt, überzeugen am ehesten. Der Rest der Musik hat mit den einzelnen Szenen wenig zu tun, ist ausdruckslose Untermalung aus dem Eintopf.Bruno Beltrão, Kapitän der Grupo de Rua.  © Grupo de Rua
„New Creation“ fehlt eine Dramaturgie. Aus kurzen von Lichtdesigner Renato Machado dirigierten Szenen, die anfangs durch Blackouts getrennt werden, entwickelt sich kein Stück. Machado arbeitet mit hell-dunkel-Effekten, bevorzugt aber das Halbdunkel, in dem ein Spot die Tänzer:innen nicht immer findet. Auf dem Programmzettel findet sich die Frage:Die Tänzer:innen überzeugen durch fantastische Körperbeherrschung. © Kerstin Behrendt „Wie in Bewegung bleiben, wenn eine menschenfeindliche Politik jeden Widerstand lähmt und ein giftiger Nebel alle positiven Visionen erstickt?“ Die Frage ist Beltrão in den Mund gelegt, er beantwortet sie mit 10 Körpern (acht Männer, zwei Frauen) in Bewegung und Stillstand, rangelnd, rempelnd, einander bekämpfend und gedemütigt davonschleichend. Zärtlich und aggressiv sind diese Szenen, zu einem packenden Ganzen fügen sie sich nicht zusammen. Gegen Ende funkeln bunte Lichter auf einem Videoschirm hoch in der linken Ecke. Sehr schick, doch recht überflüssig. Gut, dass diese (nicht wirklich) „Neue Kreation“ kaum 50 Minuten dauert.

Bruno Beltrão / Grupo de Rua: “New Creation”
Künstlerische Leitung: Bruno Beltrão. Licht: Renato Machado: Kostüme: Marcelo Sommer. Musik: Lucas Marcier / ARPX. Produktion: Grupo de Rua (Niterói). Koproduktion Wiener Festwochen mit europäischen Kulturinstitutionen und -häusern. Festwochenpremiere in Wien am 24.5.2022. Vier weitere Vorstellungen. Wiener Festwochen / MuseumsQuartier, Halle G.