Der italienische Autor Matteo Locci, geboren 1958 in der sardischen Gemeinde Jerzu / Provinz Ogliastra, dort wo der berühmte Cannonau gekeltert wird, hat sich eine zweite Identität zugelegt, um unbefangen und keck seine Heimat, die Insel Sardinien, mitsamt den Bewohnern zu preisen. Er nennt sich Gesuino Némus und schreibt anstatt Kinderbücher Romane für alle über 16. Darin wird zwar gemordet, aber häufiger noch in der Bar gesessen, um Geheimnisse auszutauschen. Gesuino Némus ist der Autor von einzigartigen Kriminalromanen, die ohne Krawall und Verfolgungsjagden auskommen. und wenn der Polizist in die Bar kommt, wird ihm zwar nicht die Wahrheit, aber ein Kaffee serviert, kalt, wie er ihn liebt. Dass Dorfpolizisten und Carabinieri auf Mördersuche sind, die manchmal echte Verbrecher, doch meistens nur unglückliche Väter, Hirten, oder schlicht Gerechtigkeitsfanatiker sind, vergisst man bei all den schrulligen Details, die der Autor anbietet.

In Hamburg müsste man sein. Dort kann im Bucerius Kunstforum am Rathausmarkt das Werk der Malerin Gabriele Münter in neuem Licht gesehen werden. Es soll aber nicht sein. Das Klima verlangt Verzicht aufs Fliegen, das Börsel übrigens auch. Die Zugfahrt von VIE nach HH ist lang, also errichten wir unsere Kunstgalerie doch zu Hause. Das umfangreiche Katalogbuch zur Ausstellung liegt gut in der Hand, befriedigt mit Abbildungen aller ausgestellten Bilder die Schaulust und gibt genügend Lesestoff, um mehr über die so oft unterschätze Malerin zu erfahren. „Gabriele Münter – Menschenbilder“ ist vom Verlag Hirmer herausgegeben.

Ein Choreograf, der dichtet und rezitiert, ein/e Sound Designer/in, die/der auch mit Live-Musik die Aufmerksamkeit auf sich lenkt, und ein Tänzer, dem der Tanz aus den Venen, dem Herzen und der Leber springt – ein Trio mit berauschender Bühnenpräsenz. Sebastiano Sing drückt auf die Herzsaftpresse und zeigt mit Ernst Lima (*aquarius) und Hugo Le Brigand „Mathieu“, einen Abend voll Herzblut und Stimmenschmalz. Die Uraufführung der gefühlsüberschwemmten Performance fand im brut ´im Projektraum des WuK statt.

Es ist ein Märchen, das sich die Regisseurin Hana Zanin-Pauknerová mit 120 Tänzer:innen des Tanzstudios „Ich bin O.K.“ ausgedacht hat. „Der Goldene Faden“ führt ein Geschwisterpaar durch mancherlei Gefahren, denn sie sollen einen friedenbringenden Kristall finden. Am 22.3. ist Premiere der neuen Produktion des „Ich bin O.k.“-Tanzstudios im Theater Akzent.

Bizarre Figuren liegen auf dem weißen Boden, schwarz und bewegungslos, vier mal vier Gliedmaßen. Eine Käferkolonie könnte es sein, müde Marionetten oder auch Maschinen. Plötzlich das Zucken eines Beins, ein Impuls im Körper, ein Hochreißen eines der Tentakel, und schon ist wieder Ruhe. „Vis motrix“ nennt die Bonner Company CocoonDance unter der künstlerischen Leiterin und Choreografin Rafaële Giovanola das Stück für vier Tänzerinnen. Seit 2018 hält es sich im Repertoire der Company. Nachdem CocoonDance „vis motrix“ 2022 im Osterfestival Tirols gezeigt worden ist, sind die elektrisierenden 40 Minuten auch im Dschungel Wien zu sehen gewesen.

Vom 24. März bis zum 9. April gibt es in Hall i. T. und Innsbruck keinen Stillstand. Zum 35. Mal findet das Osterfestival Tirol mit Tanz und Musik, Film und Performance statt. Die künstlerische Leiterin dieses fest im heimischen Kulturkalender verankerten feinen Festivals, Hannah Crepaz, hat diesmal das Motto „fließend“ gewählt. Das klingt, wie schon der Titel oben, nach Heraklit, wenn er es tatsächlich war, der die Weisheit hinterlassen hat: „Verbindungen: Ganzes und Nichtganzes, Zusammengehendes und Auseinanderstrebendes, Einklang und Missklang und aus Allem Eins und aus Einem Alles.“

Marschmusik macht fröhlich, weckt die Lebensgeister, selbst wenn sie vom Generator erzeugt wird. Auch wenn nur vier Menschen versuchen in Tritt und Sprung, in Drehen und Winden synchron zu sein, dann entsteht eine gleich geformte Menge. Ob das erstrebenswert ist, müssen sich die jungen Zuschauer:innen von „Unisono“ selbst beantworten. Ausgedacht hat sich die Performance mit Musik, Text und Bewegung das Kollektiv makemake, gespielt wird im Studio des WuK für junge Menschen ab dem Schulalter.

Mit "On Earth I’m Done: Islands" zeigen Jefta van Dinther, einer der interessantesten Choreografen des 21, Jahrhunderts und das Cullberg Ballet zim Tanzquartier vervollständigt der Choreograf seine Überlegungen zur drohenden Unbewohnbarkeit des heimischen Planeten. Van Dinthers Doppelstück besteht aus dem Solo „Mountains“ und dem Gruppenstück „Islands“, die Aufführungen können an einem Abend stattfinden oder unabhängig voneinander, sie handeln von Überlegungen, wie es weitergehen könnte, mit unserem Planeten.  

In ihrem Debütroman erinnert die aus der Ukraine stammende Autorin Irina Kilimnik an einen „Sommer in Odessa“. Erzählt wird von diesem Sommer vor dem Krieg von der Medizinstudentin Olga. Sie lebt mit der Familie, die vom autoritären Großvater beherrscht wird, in einer Wohnung in Odessa. Keine der drei Töchter und vier Enkeltöchter des Patriarchen ist glücklich, doch keine wagt es, aufzumucken. Was an der Oberfläche als fröhliche Erzählung aus der Vorkriegszeit vergnüglich daherkommt, liest sich zwischen den Zeilen als Spiegel der Gesellschaft in der Ukraine.

Unterhaltung mit Tiefgang. Die Amerikanerin Bonnie Garmus, von Hauptberuf Kreativdirektorin in London, dreht in ihrem Debütroman das Rad der Zeit zurück und versetzt die Leserinnen in die 1960er Jahre, als die Frauen unter der Fuchtel des Patriarchats gestöhnt haben. Nicht nur in Kalifornien, wo die Hauptfigur, Elizabeth Zott, eine Karriere als Chemikerin anstrebt und am Mobbing und auch am Missbrauch durch die Männerriege scheitert.

Die international renommierte und preisgekrönte Schweizer Choreografin Tabea Martin ist eine Zauberin. Das konnte auch das Wiener Publikum ab 12 bereits in der vergangenen Dschungel-Saison feststellen, als Martin ihr Team mit dem Tod tanzen ließ. Diesmal wendet sie sich mit einem Feuerwerk an Einfällen an jüngere Kinder. „Geh nicht in den Wald, im Wald ist der Wald“ ist eine überaus vergnügliche Performance, obwohl Spiel und Tanz Gefühle aufzeigen, die alle kennen: Furcht und Frustration, Diskriminierung und Ausgrenzung, Enttäuschung und Vorurteile. Tabea Martin und ihr Team waren für ein kurzes Gastspiel in Wien.

Gemeinsam mit zwei Tänzerinnen und einem Tänzer gibt Cat Jimenez tanzend einen politischen Kommentar ab. Was bedeutet es für Mitglieder einer anderen Kultur, als Minderheit in der herrschenden Gesellschaft zu leben? Cat Jimenez versucht mit der Choreografie „Losing face“ / „Das Gesicht verlieren“ eine Antwort zu geben. In plakativen Bildern stellt die Gruppe Erfahrungen und Gefühle von Minderheiten dar, die Angehörigen der Mehrheit nur schwer zugänglich sind. Das Thema stößt auch im Publikum auf lebhaftes Interesse. Die Premiere am 24.3. Im brut nordwest war ausverkauft, Freundinnen und Freunde des Teams schrien sich vor Begeisterung die Kehle wund.

Treten oder getreten werden? Eine Frage, die nicht nur das Berufsleben vieler Menschen beherrscht. Die Regisseurin und Schauspielerin Veronika Glatzner widmet sich diesem Thema und zeigt mit eigens von Gregor Guth und Claudia Tondl geschriebenen Texten, wie es so geht, hinauf und vor allem hinunter. Das Publikum ist eingeladen, durch die Räume der aufgelassenen Semmelweisklinik zu wandern und dem Parcours der Tritte zu folgen. Die Uraufführung von „BitSh!“ findet am 30.3. in Wien-Gersthof statt.

Wenn kein Virus es verbietet, so präsentieren die Studierenden des Abschlussjahrganges Zeitgenössischer und Klassischer Tanz der MuK (Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien) zum Ende ihres Studiums einen mehrteiligen Abend mit Choreografien von Professor:innen und Gästen. Acht Absolventinnen und zwei Absolventen hatten vier ganz unterschiedliche Stücke zwischen 20 und 30 Minuten zu bewältigen.

Reginaldo Oliveira, Chef und Chefchoreograf des Ballettensembles am Landestheater Salzburg, hat mit seiner neuesten Choreografie ein heißes Eisen beherzt angefasst: Trans- und Intersexualität. Die Protagonistin der Uraufführung „Lili, The Danish Girl“ ist die Malerin Lili Elbe, eine Frau in einem Männerkörper. Sie hat sich 1930/31 als vermutlich einer der ersten intersexuellen Menschen einer geschlechtsangleichenden Operation unterzogen. Aus Einar ist Lili geworden. Mit Kraft und Fingerspitzengefühl hat Oliveira die wahre Geschichte auf die Bühne gebracht. Star des Premierenabends am 12. März ist der junge Tänzer Klevis Neza als Einar / Lili.

Eine anerkannte Wissenschaftlerin im Forschungszentrum CERN wird als Mörderin verhaftet. Jelena Karpova soll ihren Koller Jan Koller erstochen haben. Sie gesteht, und kommt ins Gefängnis der Wissenschaftsjournalist Georg Hollaus und die Anwältin von Karpova glauben an Karpovas Unschuld. Vermutlich will sie jemanden schützen. Hollaus selbst erzählt die Geschichte, die wie ein orientalisches Märchen immer weiter ausufert und viel mehr als ein simpler Kriminalroman ist.

Nach zwei Jahren Pause findet das Osterfestival Tirol wieder statt. Musik, Tanz, Theater und Film stehen in Hall in Tirol und Innsbruck heuer unter dem Motto „Maschine.Mensch“. Ein besonderer Mensch wird in dieser 34. Ausgabe des Oterfestival Tirol fehlen, der Gründer Gerhard Crepaz. Mit seiner Frau Maria hat er 1989 das Festival ins Leben gerufen und seither aktiv begleitet. Der „Wegbereiter, Kunstbegeisterer Weltverbesserer“, wie ihn die Familie in der Traueranzeige nennt, ist am 24.11.2021 mit 76 Jahren überraschend verstorben. Unausgesprochen ist dieses Festival auch dem Abschied von Gerhard Crepaz gewidmet.

Katharina Korbach, geboren 1995 in Wiesbaden, hat bisher vor allem Erzählungen veröffentlicht und damit einige Wettbewerbe gewonnen. Nun veröffentlicht sie ihren ersten Roman, eine Großstadtgeschichte über Beziehungen, Beziehungen die nicht richtig funktionieren. Wolfgang, der an seiner Dissertation über Marcel Proust arbeitet und Literaturseminare abhält, interessiert sich für Charlotte, eine junge Frau, die keinen festen Boden unter den Füßen hat.  Eine Liebesgeschichte wird nicht daraus, doch ein Roman, der seine Geheimnisse bewahrt wie Charlotte und Wolfgang.  Neue deutsche Literatur, hochgelobt, doch nicht wirklich neu und packend.

Female Moves Vienna” –­ auf Deutsch: Frauen bewegen Wien – zeigt am 26. März, dass die vor allem männlich beherrschte Clubdance-Kultur auch eine starke weibliche Seite hat. Veranstalter ist der von Nadja Saxer gegründete Verein Club Dance Culture Vienna: CDCV. Ab 18 Uhr gibt es eine Einführung mit Vorträgen, Filmen und der Präsentation der Mitwirkenden. Ab 22 Uhr laden die Tänzerinnen zur Dance Jam Party.

Begegnung“ nennt Martin Schläpfer den dreiteiligen Abend mit der doppelten Uraufführung „Lux Umbra“ von Andrey Kaydanovskiy, Choreografie und Christof Dienz, Musik, sowie der Uraufführung „in Sonne verwandelt“ von Martin Schläpfer zur Musik von Ludwig van Beethoven und der für das Wiener Staatsballett neu eingerichteten Choreografie „24 Préludes“ von Alexei Ratmansky zum gleichnamigen Klavierzyklus von Frédéric Chopin. Ratmansky zieht der Originalfassung eine Bearbeitung für Orchester des französischen Komponisten Jean Françaix vor.

In seinem neuen Roman erzählt Benedict Wells von den 1980er Jahren. „Hard Land“ spielt in der fiktiven Kleinstadt Grady im Staat Missouri. Vier Jugendliche an der Schwelle zum Erwachsenendasein lernen das Leben. Ein Thema, mit dem sich der 35jährige Autor schon in früheren Romanen mit Bravour beschäftigt hat.

Zirkus, Circus, Circo, alter Zirkus, Neuer Zirkus (Cirque Nouveau), umstritten und beliebt, ein eigenes Genre zwischen Sport und Körperdarstellung, vielfältig und staunenswert, eher ein Event als in den klassischen Kunstbegriff passend, doch in Zeiten wie diesen überaus beliebt. Zirkus will erlebt und bestaunt werden, ist eine schöne Kunst, zählt aber (noch) nicht zu den „schönen Künsten“, doch immerhin ist Zirkus seit 2005 als „europäisches Kulturgut“ anerkannt. Arne Mannott, seit 20 Jahren Zirkusartist, hat davon genug. Das Jonglieren mit Keulen und Kugeln langweilt ihn, er strebt nach Neuem. Nach Höherem? In seiner Performance, „circus“,  nimmt er Abschied von seiner bisherigen, vor allem als Solist ausgeübten, Tätigkeit.

Noch vor dem ersten Lockdown konnte der Ballettdirektor am Salzburger Landestheater, Reginaldo Oliveira, seine neue Choreografie nach Shakespeares Drama „Romeo und Julia“ im Februar 2020 den Premierenapplaus des anwesenden Publikums genießen. Jetzt hat er mit seiner gut trainierten Compagnie das Ballett für die Netzbühne einstudiert und macht so seine Kreation auch einem Publikum außerhalb Salzburgs zugänglich. Die perfekte Aufzeichnung ist bis 6. April zugänglich.

Sieben Dekaden künstlerischer Arbeit umfasst das Werk des Universalkünstlers Daniel Spoerri, stellt die Kuratorin Veronika Rudorfer fest. Sie ist verantwortlich für die Retrospektive „Daniel Spoerri“, die im Bank Austria Kunstforum im heurigen Frühjahr präsentiert wird. Zu sehen sind mehr als 100 Schlüsselwerke aus öffentlichen und privaten Sammlungen, reiches Archivmaterial ermöglicht zusätzliche Einblicke in Leben und Wirken des 91jährigen Künstlers.

Lernen aus den Zeiten der Pandemie, aus dem Eingesperrtsein und der Bewegungslosigkeit. Marica Bodrožić erzählt davon in ihrem jüngsten Buch: „Pantherzeit“. Richtig: Rainer Maria Rilke: „Der Panther. Im Jardin des Plantes. Paris“, ein Gedicht, für die Autorin ein Symbol für den Stillstand in Zeiten der Pandemie. Auch Bodrožić sieht durch die Stäbe ­– auf die Welt draußen und zugleich auch in ihre Welt drinnen. Sie teilt mit den Leser*innen ihre Überlegungen und Assoziationen, ihre Erinnerungen und Hoffnungen und ihre Liebe.

Liebesbriefe“ an ihr Publikum, an die Welt, an die Zukunft, senden die Choreografin und Direktorin von Tanzlin.z und ihre Compagnie in Zeiten der Pandemie. Entstanden ist ein großartiger Tanzabend, authentisch und abwechslungsreich, eigens für den Video-Stream choreografiert, geprobt, professionell gefilmt und geschnitten. Die Bühnenpremiere war für den 6. März 2021 geplant, die Umstände waren dagegen. Tanzlin.z hat reagiert, einen Tag vor der geplanten Uraufführung hat Jonatan Salgado Romero einen Film gedreht, der als Netzpremiere am 13. März gezeigt worden ist. Bis 10.4. ist die Aufführung auf der Website des Landestheaters abrufbar.

Mit seinem ersten Roman, „La Vérité sur l’Affaire Harry Quebert“, hat der Schweizer Autor Joël Dicker 2012 in seiner Heimat und in Frankreich, und ein Jahr später auch im deutschsprachigen Raum, („Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“), Furore gemacht. Damals war er noch keine 30 Jahre alt. Jetzt ist sein vierter Roman auf Deutsch erschienen, und „Das Geheimnis von Zimmer 622“ hat mich ebenso gebannt wie der endlose Spaziergang durch ein verspiegeltes Labyrinth, aus dem man ohne Hilfe nicht herausfindet, und im Grunde gar nicht heraus will, weil es darin so schön verwirrend ist.

In großartigen Bildern erzählen Regisseur Nicolas Vanier und Drehbuchautor Matthieu Petit im Film „Der Junge und die Wildgänse“ von der Migration der Wildgänse, dem Mut eines Teenagers und der Liebe seines Vaters zur Natur und dem Schutz aussterbender Tierarten. Die Reise der Zugvögel, im Film die Wildgänseart der Zwerggänse, eine der seltensten Gänsearten in Europa, im Sommer nach Norden und nach einem halben Jahr wieder zurück in ihre Sommerquartiere, fasziniert nicht nur Biolog*innen, sondern auch Literat*innen und Filmemacher*innen.

Der deutsche Jurist, Politologe und Bürgerrechtler Bijan Moini warnt vor dem Verlust unserer Freiheit durch die Digitalisierung. Er tut dies gleich doppelt: Mit dem Sachbuch „Rettet die Freiheit“ und dem SF-Roman „Der Würfel“. Sachlich und nachweisbar mit "Wekcruf imdigitalen Zeitalter", spannend und aufwühlend im Roman, weil er der Ansicht ist, die Zeit sei knapp. Dabei hält er sich an ein Zitat von George Orwell: „Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.“ Was Moini zu sagen hat, sollte gehört werden.

Mit ihrem Debütroman „Spiel der Königin“ hat die britische Journalistin Elizabeth Fremantle ohne Zweifel eine große Leserschar erobert. Erzählt sie doch von zwei tapferen, unbeugsamen Frauen, von der Macht und von der Liebe. Was diese Romanze lesenswert macht, sind Zeit und Ort, in die Fremantle eintaucht: England im 16, Jahrhundert, am Hof Heinrichs VIII. und seiner letzten Frau, Katharina Parr.

Ludwig Licht ist der Protagonist einer Tetralogie des schwedischen Autors Thomas Engström. Anfang des Jahres ist der dritte Band erschienen, nach „West of Liberty“ und „South of Hell“ sind wird nun bei „North of Paradise“. Die Bände sind in sich abgeschlossene Thriller, die jeder für sich spannende Lektüre bieten. Doch wer Licht schon bei seinen ersten beiden Abenteuern begleitet hat, kennt seine gesamte Biografie, seine Fehler und auch seine sympathischen Seiten.

Ein Ereignis. Kein Virus kann Lau Lukkarila davon abhalten, ihr Solo „Nyxxx“ zu zeigen. Vor reduziertem, jedoch restlos begeistertem, Publikum hat die letzte Vorstellung für das heurige imagetanz-Festival von brut im Ankersaal stattgefunden. Niemand hat es sich nehmen lassen, danach schaumgebremst zu feiern.

Die französische Bühnenkünstlerin Anne Lise Le Gac ist nicht einzuordnen. Was sie dem Publikum vermittelt, ob allein, mit Partnern oder in der Gruppe, ist das Gefühl ungeahnter Freiheit. Gerade noch rechtzeitig vor der Schließung sämtlicher Theaterräume war sie mit dem Musiker Arthur Chambry, der Tänzerin Katerina Andreou und dem Vogelstimmenimitator Christophe Manivet im Tanzquartier zu Gast, um zu reisen, umherzuspazieren, zu wandern und auch zu basteln, zu tanzen und zu singen.

Mit einem Doppelabend hat das brut im Ankersaal in Favoriten den Beginn des imagetanz-Festivals gefeiert. Ingrid Berger Myhre & Lasse Passage und Inga Huld Hákonardóttir zeigen zwei unterschiedliche Performances, die beide auf Musik basieren. Tania Napravnik war bei der ausverkauften Premiere am 8. März dabei und schildert ihre Eindrücke.

Die rauschhaft schöne Performance von „Again The Sunset“ von Inga Huld Hákonardóttir und Yann Leguay bildete den zweiten Teil des Eröffnungsabends von imagetanz 2020 in der Wiener Ankerbrotzentrale.

Mit der österreichischen Erstaufführung von Panflutes and Paperwork haben Ingrid Berger Myhre und Lasse Passage das diesjährige imagetanz-Festival eröffnet. Unter dem Motto „we dance what you think“, was so viel wie „Wir tanzen, was ihr denkt“ heißen könnte – und mit den gezeigten Projekten noch weit mehr an Interpretationsmöglichkeiten eröffnet – versammelt imagetanz 2020 zehn Ur- beziehungsweise Erstaufführungen national und international tätiger Nachwuchskünstler*innen aus den Bereichen Tanz, Choreografie, Performance, aber auch Komposition, Medienkunst und so mancher Disziplin mehr.

Die Schweizer Künstlerin Malika Fankha hat viele Talente, sie ist Schauspielerin und Tänzerin, Sängerin und Slam-Poetin, DJ und singen kann sie auch. Im Rahmen von imagetanz zeigt sie im studio brut die gesamte Palette ihres Könnens und unterhält mit „Oxy Moron. A Cyborg Utopia“ aufs beste.

Die Huggy Bears-Plattform vereint aufstrebende KünstlerInnen der Performance-Szene in Wien Favoriten. Am Weltfrauentag wurden vier unfertige Stücke, die im Anschluss zur Diskussion standen, in der neuen Residenz von Huggy Bears am Kempelenpark vorgestellt. Die Künstler*innen zeigen Ausschnitte und richten ihre brennenden Fragen an das Publikum, um mit den Antworten ihre Werke weiterzuentwickeln.

Luke & Dome, das sind Luke Baio und Dominik Grünbühel, erobern die Puppenbühne. Zu Gast im Lilarum, in dem seit 30 Jahren Figurenspiele Kinder und Erwachsene begeistern, begeben sie sich gemeinsam mit Dong Uk Kim hinunter in die dunkle Höhle des Guckkastens und zeigen, akkurat und gewandt, ihre neue Show „DownIn The Hole“. Eine surrealistische Bilderfolge, in der Menschen zu Puppen, lebendige Körper zu mechanischen Objekten werden. Eine unterhaltsame und überraschende Stunde, in der man sich ein wenig gruseln und staunend lachen darf.

Riot don’t Diet / Aufstand gegen die Körperstandards. Diesen Protest probt Julischka Stengele mit ihrer Vorstellung  „Bodies of Water“ und stellt Im Tanzquartier ihren Körper multimedial zur Schau. Die voll beleibte Performerin bewegt sich anmutig durch die dunklen Tanzquartier Studios und nutzt dabei Wasser in unterschiedlichen Varianten als Spielelement, um die Grenzen zwischen ihr und der Außenwelt verschwinden zu lassen. Ihr korpulenter Körper ist entweder von einem knappen Bikini bedeckt oder aber gänzlich entblößt, sodass jede Feinheit ihres Körpers beobachtet werden kann.

Allein im dunklen Wald. Gespenster tauchen im Nebel auf, seltsame Geräusche irritieren, was tun gegen die Angst? Woher kommt sie überhaupt? Darf man wütend, zornig, aggressiv sein? Corinne Eckenstein und Joachim Schlömer haben eine Antwort: Mit dem Gesamtkunstwerk aus Tanz, Musik, Licht und Wortkaskaden locken sie junges Publikum ab 9 zum brandneuen Tanzstück „In der Dunkelwelt“, wo Maartje Pasman, Yusimi Moya Rodriguez und Sami Similä spielend ihre Ängste überwinden.

Am 15. Mai beginnen die Wiener Festwochen, wie üblich auf dem Rathausplatz um 21 Uhr. Das Motto: „Beethoven gehört allen!“ Das Programm – 46 Produktionen, davon 15 Weltpremieren, mit 546 Künstler*innen aus 24 Ländern an 28 Spielorten – bietet bis 21. Juni Theater, Musik, Bildende Kunst, Performance und Tanz in reicher Auswahl. Im Burgtheater halten am 16.5. bereits am Nachmittag die indigene Aktivistin und Schauspielerin Kay Sara und der Theatermacher Milo Rau die Eröffnungsrede. „Against Integration“ wird in Tukano, einer Sprachfamilie Südamerikas, gehalten, deutsche und englische Übertitel helfen dem Verständnis. Der Eintritt ist frei, Anmeldung ab 4. Mai.

Gabriel Schacherl, seit vielen Jahren Mitarbeiterin in der Ballettdirektion, darf auch hinter die Bühne schauen. Sie tut es mit der Kamera und zeigt ihre Fotos immer wieder in Ausstellungen. Derzeit sind neun Fotos ausgewählter Tanzmomente im Balkonumgang der Staatsoper zu bestaunen. Aus dem Parterre hochzusteigen, kann als Pausensport gewertet werden, oder man lässt sich vom Aufzug hochheben. Der Betrachtung von Tanzkörpern aus der Nähe steht jedenfalls nichts im Weg.

Die letzte Ballettpremiere der Ära Legris an der Staatsoper ist sicher nicht der Höhepunkt dieser Saison. András Lukács Choreografie „Movements to Stravinsky“ ist der Glanzpunkt dieses dreiteiligen Abends, in dessen Mitte „Between Dogs and Wolves“ des schwedischen Choreografen Pontus Lidberg steht. Nacho Duatos Requiem „White Darkness“ bildet den Abschluss. Der Premierenapplaus am 4.3. galt wohl mehr dem Wiener Staatsballett als den beiden neuen Aufführungen.

Mit dem Drama „Shoplifters“ hat der japanische Filmregisseur Hirokazu Kore-eda bei den Filmfestspielen von Cannes 2018 die Goldene Palme gewonnen. Mit „La Vérité – Leben und lügen lassen“, einem Film in französischer Sprache, wurden ein Jahr später die Filmfestspiele von Venedig eröffnet. Der erwartete Goldene Löwe ist ihm versagt geblieben. Der durch und durch französische Film, charmant und niveauvoll und, trotz der angesprochenen familiären Konflikte, humorvoll und schwerelos, ist ab 6. März im Kino zu sehen.

Kurz nachdem der Hashtag „MeToo“ 2017 durch die sozialen Netzwerke ging, wurden auch die ersten Vorwürfe von sexuellen Übergriffen in der Tanz- und Ballettwelt bekannt. In der Dokumentation „Tanz, Macht, Missbrauch – das Ende des Schweigens?“ suchen Tänzerinnen und Choreografen nach Antworten auf die brisanten Fragen. Erstsendung auf Arte TV am 11. März 2020; ab 10. März ist der Film online.

Zu Beginn der 1980er-Jahre fand Klaus Christian Vögl in den Räumen der Wiener Wirtschaftskammer einen Stahlschrank, der über Jahrzehnte übersehen worden war. Was sich darin befand, kann in der Rückschau als historischer Fund in der österreichischen Kinoforschung bezeichnet werden.

Als furiose Schau zeigt die Linzer Ballettchefin und Choreografin Marie Antoinette als Frau, die von den Wellen des Lebens hoch hinauf getragen und tief hinunter getaucht wird. Der expressive Tanz der Compagnie TANZLIN.Z wird von der dramatischen Musik Walter Haupts getragen. Marc Reibel hat die Uraufführung des Tanzstücks am 30. März im Linzer Musiktheater dirigiert. Das Bruckner Orchester Linz hat mit der Interpretation des vielschichtigen Klangkosmos wieder einmal seine Qualität bewiesen. Etwas erschöpft vom imposanten Werk aus Tanz und Klang hat das Premierenpublikum dennoch Begeisterung gezeigt.

Glowing, glühend“ nennt Sophia Hörmann ihre Performance, in der sie mit nackten Füßen auf dem Eis tanzt. Im Rahmen von imagetanz war das brut im Dschungel Theaterhaus zu Gast, wo Hörmann mit ihrem Solo am 28. März Premiere gefeiert hat. Mit Bewegungselementen vom Kunst- und auch Schnelllauf auf dem Eis präsentiert sie ihren durchtrainieren Körper und, vor allem auf dem Video, ihr ernstes Gesicht, in dem die grünen Augen leuchten.

Zwei gegensätzliche Ballette reiht John Neumeier aneinander, um einer Vorstellung die vom Publikum erwartete Länge zu geben. Die Fülle und Reichhaltigkeit des zur Musik von Nikolai Tscherepnin getanzten gut eine Stunde dauernden Werkes würde jedoch reichen, um einen unvergesslichen Abend zu erleben. Die Protagonisten Nina Poláková, Roman Lazik und Mischa Sosnovschi erzählen nicht nur vom Leid und der Einsamkeit des Tänzers Vaslaw Nijinsky, sondern von der Künstlerseele an sich und auch von der Zerrissenheit aller in die Welt geworfenen Menschen. In der Vorstellung vom 26. März hat Jakob Feyferlik den „Mann (Vaslaw Nijinsky)" getanzt.

Dennis Lehanes nachtschwarze Krimi „Sacred“ aus der Reihe um den Privatdetektiv Patrick Kenzie und seine Partnerin Angela Gennaro ist 1997 erschienen und unter dem Titel „Alles, was heilig ist“ jetzt von Peter Torberg neu übersetzt worden. Die verwickelte Geschichte, in deren Mittelpunkt ein skrupelloser Milliardär und seine um nichts bessere Tochter stehen, ist ein echter Lehane, spannend, aufregend und so verwickelt, dass man höllisch aufpassen muss, um die Lebenden von den Toten zu unterscheiden.

Die Salzburger Choreografin und Tänzerin Editta Braun hat mit ihrer Company Wien einen ihrer seltenen Besuche abgestattet und im Kosmos Theater am 22. März ihr neues Tanzstück „Trails“ gezeigt. Eine ausdrucksstarke, emotional bewegende Aufführung, die durch Filmausschnitte aus Nikolaus Geyrhalters fiktionaler Dokumentation „Homo Sapiens“ und die Musik von Thierry Zaboitzeff die richtige Tiefe erhalten hat.

Die Performance „The past is a foreign country – a landscape in 4 scenes“ ist eine Zusammenarbeit des Bühnenkünstlers Michikazu Matsune mit dem Mulitmediakünstler Jun Yang. Nach der Uraufführung der vielschichtigen Arbeit im Rahmen der Gwangju Biennale 2018 in Korea haben Matsune und Yang den gemeinsamen Blick auf bedeutende Momente der jüngsten und nicht ganz so jungen Vergangenheit am 21. März im Tanzquartier vorgestellt.

Wien sei keine Tanzstadt, hat einmal ein, heute pensionierter, Operndirektor kundgetan. „Lernen Sie Geschichte, Herr Direktor“, hat damals, vor gut zehn Jahren, niemand gewagt, ihm zuzurufen. Der Zeitgenosse ist nicht der einzige Herrscher über die Wiener Opernwelt, für den die Tanzwelt nicht vorhanden ist. Gustav Mahler war auch nicht tanzfreundlicher. Nahezu ein Jahr lang kann nun Tanzgeschichte auf angenehme und gar nicht belehrende Weise im Theatermuseum erlebt werden. Der Subtitel umreißt das Thema: „Kosmos Wiener Tanzmoderne“. Die Tanzhistorikerin Andrea Amort und ihr Team haben in langjähriger und mühevoller Arbeit eine von Thomas Hamann gestaltete Ausstellung zustande gebracht, die sich sehen lassen kann und gesehen werden soll. Die Möglichkeit besteht bis 10. Februar 2020.

Raffaella Romagnolos großer Roman ist eine Aufforderung, tief einzutauchen in das Leben italienischer Bauern und Arbeiter*innen im Piemont. Ein halbes Jahrhundert umspannt "Bella Ciao", ein Roman, der auf historischen Tatsachen beruht, bestrickend von erfundenen Familien erzählt. Drei Frauen, die das Schicksal („Destino“ ist auch der Titel der italienischen Originalausgabe) hart anpackt, stehen im Mittelpunkt des Breitwandpanoramas.

Eine Frau zwischen Scylla und Charybdis. Auf der einen Seite der Ehrgeiz, im anstrengenden Job als Unternehmensberaterin erfolgreich zu sein. Auf der anderen die Sorge um ihre psychisch kranke Schwester, deren Vormund sie ist. Caroline (Valerie Pachner), Lola gerufen, taumelt zwischen Wahn und Wahnsinn und ist drauf und dran, den Boden unter den Füßen zu verlieren. „Der Boden unter den Füßen“, der jüngste Film von Marie Kreutzer, war in Berlin für den Goldenen Bären nominiert und als Eröffnungsfilm zur Diagonale in Graz eingeladen, wo Kreutzer für den Thomas-Pluch-Drehbuch-Preis auf der Liste steht.

Roméo et Juliette“ von Davide Bombana zur gleichnamigen „Symphonie dramatique“ von Hector Berlioz als Ballett mit Chor und Solostimmen eingerichtet, hat bei der Wiederaufnahme in der Volksoper mit einer großartigen Besetzung das Publikum in Begeisterung versetzt. Mit Maria Yakovleva als Partnerin zeigte Arne Vandervelde, im Corps de Ballet seit 2016, ein beachtliches Debüt als Roméo.

Mihail Sosnovschi ist Vaslaw Nijinsky im zauberhaften Ballett „Le Pavillon d’Armide" von John Neumeier. 2009 war die Uraufführung in Hamburg, 2017 die Premiere in Wien, nun ist dieses Gustostück an vier Abenden in der Wiener Staatsoper zu sehen. Am 16. März konnte ein Wiedersehen mit der Premierenbesetzung fast aller Solorollen gefeiert werden. Einzig Maria Yakovleva (Tamara Karsawina) hat gefehlt.

„wet dreaming at 52Hz“ ist eine Unterwasser-Konzertperformance. Alex Franz Zehetbauer taucht mit seiner Arbeit in die tönende Welt der Wale ein und macht sie für das Publikum hör- und spürbar. „wet dreaming at 52Hz“ ist im Rahmen von imagetanz am 15. März uraufgeführt worden. Als Spielort hat das brut-Team die Augarten-Studios gefunden. Nirgends sonst hätte das schwere Wasserbecken aufgestellt werden können.

What’s the Difference?“ fragen Cat Jimenez und Maiko Sakurai Karner in ihrem Beitrag zum 30. Imagetanz Festival, das vor allem aufstrebenden Künstler*innen und Erstlingswerken eine Plattform bietet. Die Zusammenarbeit der Tänzerin Jimenez und der bildenden Künstlerin Sakurai Karner hat sich schon in ihrem ersten Stück, „di stance“ (2017, unterstützt durch das Programm „Huggy Bears“ von Superamas) bewährt. Die Folgearbeit hat am 12. März im brut / Augarten Premiere gefeiert.

In Themenausstellungen, Sammlerporträts und Themenshows tauchen sie immer wieder auf, die abstrakten Bilder des amerikanischen Malers Mark Rothko (1902–1970), und schnell meint man, den Maler der Ruhe und andächtiger Betrachtung zu kennen. Ein Irrtum. Rothko, dem noch nie eine umfassende Ausstellung in Österreich gewidmet war, kennen nur wenige wirklich, und die Ruhe hat er mit seinen schwebenden Farbflächen nicht gemalt, auch wenn sie manche bei deren Betrachtung verspüren. Eine Ausstellung im Kunsthistorischen Museum in Wien lehrt Rothko zu sehen, wie er es mochte.

Der Kriegsberichterstatter Jacques Mayano wird vom Vatikan gebeten, an einer Kommission der Glaubenskongregation teilnehmen. Es gilt eine Marienerscheinung zu untersuchen. Ist das Übernatürliche tatsächlich geschehen, oder die junge Anna, die die Erscheinung behauptet, eine hysterische Schwindlerin? Der vielfach preisgekrönte französische Schauspieler Vincent Lindon spielt einen hartgesottenen, skeptischen Mann, den seine Begegnung mit Anna (Galatéa Bellugi, eine Entdeckung) im Zuge seiner Recherchen merklich aufweicht.

Nach Natascha Mair und Maria Yakovleva, beide Erste Solotänzerinnen mit Denys Cherevychko als Franz und Nikisha Fogo als Swanilda mit Richard Szabó, war am 10. März ein viertes Debütpaar – Solotänzerin Alice Firenze und der kürzlich zum Ersten Solotänzer ernannte junge Solist Jakob Feyferlik – zu bewundern. Im letzten, aus reinem Tanz bestehenden Akt, hat Adele Fiocchi Aurora, die Morgenröte, zum ersten Mal versucht; im Pas de deux der Nacht mit der Abenddämmerung konnten Eszter Ledán und Alexandru Tcacenco mit ihrem Debut überzeugen. Madison Young war die Neue unter den zehn überaus fröhlichen Freundinnen Swanildas. Erwartungsgemäß ließ sich das Publikum im ausverkauften Haus von der flotten Darbietung begeistern.

Ein Probenbesuch in Linz gibt Einblick in das neue spannende Tanzstück von Mei Hong Lin. Am 30. März hat „Marie Antoinette“ im Musiktheater Premiere.

Schwanensee“, das klassische Ballett zur Musik Peter I. Tschaikowskis, in der Choreografie von Rudolf Nurejew nach Marius Petipa und Lew Iwanow, kann man immer wieder sehen, und immer wieder ist es neu. Am 6. März ist es der Ersten Solotänzerin Kiyoka Hashimoto mit ihrem Partner Vadim Muntagirov gelungen, der Doppelrolle von Odette /Odile ein völlig neues Profil zu geben. Mit dem stilsicheren und sanften Muntagirov als Prinz Siegfried hat sie mit technischem Spitzenkönnen und zauberhafter Rollengestaltung begeistert. Die solistischen Leistungen haben auch das Corps beflügelt. Von Paul Connelly fürsorglich geleitet, hat die gesamte Compagnie nicht nur in den weißen Akten die Qualität des Wiener Staatsballetts neuerlich bestätigt.

Der Titel des neuen Bands mit allerlei Texten von Ferdinand von Schirach, "Kaffee und Zigaretten", erinnert an den wunderbaren Film von Jim Jarmusch „Coffee and Cigarettes“. Der Autor hat nichts dagegen. 48 Texte in allen Farben sind versammelt, die meisten kurz und knapp. Warum gerade 48 wird nicht erklärt, offenbar hat es keine Bedeutung. Schirach schreibt in der Ichform, ist mitunter auch der Erzähler. Doch weil der Verlag das Buch „sein persönlichstes“ nennt, ist wohl auch diese dritte Person die erste. Schon der Buchtitel ist eine Aussage über den Autor, ernährt er sich doch, wie er sagt, hauptsächlich von Zigaretten und Kaffee.

Mit einer großartigen Arbeit erinnert das Karin Schäfer Figurentheater an das Jahr 1917, als Les Ballets Russes in Paris ein neues Tanztheater uraufgeführt haben. „Parade“ ist in Zusammenarbeit bedeutender Künstler aller Sparten entstanden und vom Publikum und vielen Kritikern nicht verstanden worden. Karin Schäfer nähert sich dem für den Tanz richtungweisenden Stück, indem sie es zerlegt und ihre Version der „Parade“ aus verschiedenen Perspektiven beleuchet. Leider nur einmal, am 4. März im MuTh.

Im Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste fand am vergangen Samstag die Uraufführung der neuen Produktion des 1995 von Saskia Hölbling gegründeten Ensembles DANS.KIAS statt. "Da-nach", so der Titel der neuen Produktion, bei der Hölbling für Regie und Choreografie verantwortlich zeichnet und der renommierte österreichische Komponist Wolfgang Mitterer die Musik liefert, erzählt eine Geschichte, die mehr ist als nur eine historische Momentaufnahme.

Posthumane oder auch prähumane Wesen treiben auf der Bühne ihr Unwesen. Am 28. Februar zeigte das Trio Anna Prokopová, Costas Kekis, Andrea Gunnlaugsdóttir im Tqw Studio „Knuckles become clouds“, was so viel heißt wie „Knödel werden Wolken“. Den großen Abend in der Halle haben Oleg Soulimenko, Magdalena Meindl und Michael Franz Woels mit der Show „Origins“ bestritten.

Die Jahreszahl 1793 gibt den Rahmen für eine komplexe, faszinierende Kriminalgeschichte aus Schweden. Mit seinem ersten Roman lässt Autor Natt och Dag die Leserinnen tief ins 18. Jahrhundert eintauchen und erzählt vor genau recherchiertem historischen Hintergrund von düsteren Zeiten, politischen Machtspielen, Hass, Angst und den Leiden der Unterdrückten. Eine entsetzlich zugerichtete Leiche gibt den Anstoß, ein Detektiv und ein ehemaliger Soldat machen sich auf die Suche nach der Identität des Toten und der Ursache für den höchst ungewöhnlichen, überaus grausamen Mord.

Zwei interessante Abende kündigt das Off Theater an. Die Tänzerin Leonie Wahl zeigt ihr beklemmendes Solo „Void“; eine Woche davor tritt der tschechische Tänzer Martin Dvořák im Duo mit Lukáš Lepold und mit Irene Bauer auf. „Void“ ist eine Dance & Visual Arts Performance, gemeinsam mit dem Videokünstler Robert Fleischanderl entwickelt. Dvořák ist Begründer und Leiter der tschechischen Company ProART und zeigt den Tanzabend in Kooperation mit dem Off Theater.

Mit ihrer neuen Produktion „Björn ohne Bretter“ begibt sich die 2003 gegründete Wiener Performancegruppe rund um Gabriele Wappel und Janina Sollmann mitten hinein in das Universum an Fragen rund um das Hier und Jetzt. Ganz konkret natürlich in jenes der Performance und die ihr eigene „Magie des Moments“. Dass es dabei holprig wird und eben nicht alles „wie geplant“ seinen gelungenen, weil vorgegebenen Weg nimmt, ist dann der Performance über das Phänomen Performance natürlich immanent. Es holpert eben, dieses Leben, selbst, wenn man es von (magischem) Moment zu Moment lebt.

Mit seinem internationalen Erfolgsstück „Le temps où les Arabes dansaient …“ erinnert sich der Choreograf Radhouane El Meddeb an jene glücklichen Zeiten, als Lebenslust und Sinnenfreude verpönt, Glanz, Glamour und der Tanz noch nicht verboten waren. Drei Tänzer zeigen die nostalgische Performance im Rahmen des Osterfestival Tirol 2018 im Salzlager / Hall i. T.

Eine Mauer aus 22 Menschen bildet das eindrucksvolle Zentrum von Helena Waldmanns jüngstem Stück „Gute Pässe, Schlechte Pässe“, gezeigt im Rahmen des Osterfestival Tirol in Innsbruck. Waldmann setzt sich mit Grenzen, realen und virtuellen, auseinander und lässt Tänzer*innen und Akrobat*innen diesseits und jenseits der lebenden Mauer agieren, um zu zeigen, dass die Barrieren auch auf der Bühne bestehen. Die mit den guten Pässen dürfen dableiben, die mit den schlechten müssen gehen.

Die junge Tanzcompany am Tiroler Landestheater interpretiert Ballettklassiker des 20. Jahrhunderts von Jiří Kylián (*1947) und Ohad Naharin (*1952). „Petite Mort“ und „Sechs Tänze“ hat Kylián zur Musik Mozarts für das Nederlands Dance Theater geschaffen; „Minus 16“ des israelischen Choreografen Ohad Naharin ist als Konglomerat aus Teilen anderer Stücke des Choreografen entstanden. Unter dem Titel „Masterpieces“ fasst Company-Chef Enrique Gasa Valga Neoklassik und Gaga, wie Naharin seine Tanzsprache nennt, zusammen. Die Tiroler Company zeigt mit Energie und Ausdauer, dass sie ihre Grenzen erweitern kann.

Mit zwei Stücken stellte sich das 2015 in Berlin gegründet Ensemble Dance One im Rahmen des Osterfestival Tirol in Innsbruck vor. „7 Dialoge“, das sind sieben Solos von sieben Ensemblemitgliedern, begleitet mit eigenen Kompositionen, Gesang und Gesprochenem von Matteo Fargion am Klavier. Nach der Pause zeigen fünf Dance-One-Mitglieder, wie sich das Individuum in die Gruppe einfügt, wie das Gleiche doch nicht dasselbe ist. Ein anregender Abend, der zeigt, dass Tänzer*innen auch jenseits des 40. Geburtstags sich durch Tanz ausdrücken können und wollen.

Im Musiktheater Linz zeigt Ballettdirektorin Mei Hong Lin ein starkes Tanzstück: „Romeo + Julia“. Mit ihrem ausgezeichneten Ensemble erzählt sie nicht die übliche Geschichte, die längst keine Emotionen mehr auslöst, sondern leuchtet ihren Figuren unter die Haut, zeigt ihre widersprüchlichen Gefühle und macht klar, dass diese Liebe, die durch sinnlosen Hass unmöglich wird, kein Märchen von gestern ist. Auf blutrotem Boden ist die Linzer Compagnie in vollem Einsatz.

Im Rahmen von imagetanz zeigt Eva-Maria Schaller eindrucksvolle Körperbilder. Die Tänzerin ließ sich von Mikhail Baryschnikov inspirieren, für den der russische Choreograf Leonid Jacobson (1904–1975) die Miniatur-Soli „Vestris“, uraufgeführt 1969 in einem Off-Theater von Leningrad, geschaffen hat. Dabei dachte er an den „Tanzgott“ Auguste Vestris (1760–1842), der schon mit 21 Jahren zum Liebling des russischen Balletts zählte. In „Vestris 4.0“ macht sich Schaller das 18. Jahrhundert mit Vestris und das 20. mit Baryshnikovs Darstellung zu eigen, zerlegt die Bewegungen und setzt sie neu zusammen. Die Barockzeit, Port de bras, Arabesque und Pirouette sind nur noch angedeutet und dennoch deutlich erkennbar. Schaller schöpft aus dem Archiv der romantisch-klassischen Tanzbewegungen und macht sie sich ganz zu eigen.

In seiner jüngsten Choreografie geht Jefta van Dinther von der Sprache aus. Zwei Männer im Nacktkostüm, Mikrofon vor dem Gesicht, der Sender um den Arm geschnallt, unterhalten sich, erzählen aus dem Leben, stellen Fragen, sind fasziniert vom Blut, eine Metapher für das Lebendigsein. Der Schauspieler und Performer Juan Pablo Cámara aus Argentinien und der spanische Tänzer, Schauspieler, Choreograf Roger Sala Reyner sitzen einander gegenüber auf einer Matte, beleuchtet von rot-grünem Licht, das Linien auf ihren Körper malt und unterhalten sich. Etwas anstrengend für den Beginn, doch wenn scheinbar alles gesagt ist, unterbricht ein Blackout das Duo, Bewegung kommt in die beiden Männer.

In ihrem ersten Roman lässt sich die Australierin Sarah Schmidt von einem realen Ereignis aus, dem Mord an Abby und Andrew Borden, geschehen im August 1892 in Fall River, Massachusetts, leiten. Angeklagt, Vater und Stiefmutter erschlagen und enthauptet zu haben, wird die 32jährige Tochter Lizzie Borden. Nach zehnmonatiger Haft wird sie freigesprochen. Lizzie, die sich später Miss Lizbeth A. Borden nennt, stirbt 1927 in ihrem Geburtsort Fall River. Begeistern kann mich diese fiktionale Horrorgeschichte, erzählt von Lizzie und anderen Beteiligten, nicht.

Sie sind eine glückliche Familie, Wade, Jenny und die beiden Töchter, June und May. Es ist Sommer, die Eltern sammeln Holz, die Mädchen streifen durch die Büsche. Die kleine May streitet mit ihrer Schwester, will etwas trinken und setzt sich ins Auto. Aus heiterem Himmel spritzt Blut. May ist tot. Die Mutter hat sie mit der Hacke erschlagen. June flieht in den Wald und wird nie mehr gefunden.

Zum zweiten Mal hat Igor Zelensky, Direktor des Bayerischen Staatsballetts, Andrey Kaydanovskiy, Tänzer im Wiener Staatsballett und erfolgreicher Choreograf, eingeladen mit dem Bayerischen Staatsballett zu arbeiten. Für den Abend "junge Choreografen" bereitet er eine Uraufführung vor. Zugleich erzählt Zelensky, dass Kaydanovskiy dann seine Karriere als Tänzer beenden wird, um sich nur noch der Choreografie zu widmen.

VIBE, die internationale Ballett- und Tanzwoche, mit Wettbewerb, Workshops und der großen Abschlussgala, findet heuer zum dritten Mal in Wien statt. Bald wird das Festival in allen Sparten und Klassen Tradition sein. Vibe ist heuer für alle offen, nicht nur ProfitänzerInnen sind eingeladen, sondern auch Laien, die Tanz und Ballett aus Liebe in der Freizeit mit regelmässigem Training ernsthaft betreiben.

Für jeden etwas – Manuel Legris‘ gut funktionierende Devise für das bunte Menü eines mehrteiligen Ballettabends, welches auch den Besitzer*innen eines Opernabonnements serviert wird. Auch sie haben die im Abstand von Jahrzehnten im 20. Jahrhundert geschaffenen Ballette genossen. „Balanchine | Neumeier | Robbins“ ist ein Programm, das in dieser Zusammenstellung schon 2012 gefallen hat. In sechs Jahren hat sich in der Compagnie allerhand geändert, und so sind zahlreiche Rollendebüts, der Solisten und im Corps, zu vermelden.

Wo steht der zeitgenössische Tanz, wo will er hin und mit welchem Gepäck? Das sind nur einige der Fragen, die sich das Tanzquartier Wien in den SCORES-Broschüren stellt, die es von der Spielzeit 2009/2010 an als Nachklapp seines gleichnamigen Diskursfestivals herausgibt. Nun liegen die SCORES No. 0 bis 7 in einer seriösen Hardbox vor – jeder schlanke Band dezent pastellig abgetönt; doch schon beim ersten Blättern springen einem die buntesten Zeugnisse kreativen Denkens und Schaffens entgegen: Rasch Hingekritzeltes steht hier neben akribisch Dokumentiertem, das kryptischste Notat neben der anschaulichsten Bilderstrecke. Und immer schwingen in all dem die Fragen mit, die Tim Etchells im Eingangsgedicht zur No. 2 stellt: „What escapes notice? What is overlooked?“

Drei ChoreografInnen, drei TänzerInnen, ein Tanzstück. Corinne Eckenstein, künstlerische Leiterin des Dschungel, der Schweizer Choreograf Félix Duméril und der niederländische Choreograf Jack Timmermans haben gemeinsam und doch getrennt gearbeitet. Gemeinsam einigte man sich über den Beginn des Stückes, danach arbeitete jeder für sich mit dem Tanztrio und schuf zwei, drei Szenen. Am Ende wurde versucht, diese zu einem Stück zusammengesetzt. Wirklich überzeugend ist dieses Experiment nicht gelungen.

Die dritte Geschichte über Avi Avraham als introvertierten, unsicheren Ermittler ist weniger ein Kriminalroman, als ein doppeltes Psychogramm. Avi Avraham ist Chefermittler geworden, ringt mit der neuen Verantwortung, ist von Zweifeln und Schuldgefühlen geplagt. Zugleich wird von Mali, Mutter zweier Töchter und Ehefrau von Cobi, der sich immer mehr abkapselt, erzählt. Es dauert eine Weile, bis sich die beiden Lebenswege kreuzen. Der Autor nimmt jeweils die Perspektive der beiden zentralen Personen ein. Das stellt die Erzählung auf einen unsicheren Boden, so genau, woran man ist, weiß man selten.

Mit zahlreichen Rollendebüts wartete auch die 2. Vorstellung des wieder aufgenommenen Balletts „Raymonda“ von Rudolf Nurejew nach Marius Petipa auf, allen voran Olga Esina in der Titelrolle – ein hinreißendes Rollendebüt der Ersten Solotänzerin, ein großer Auftritt nach ihrem Karenzurlaub. Trevor Hayden und Tristan Ridel aus dem Corps de Ballet präsentierten sich, sauber und synchron, zum ersten Mal als unternehmungslustige Troubadoure. Als deren Partnerinnen entzückten, wie immer, die Solotänzerinnen Ioanna Avraam und Alice Firenze. Alena Klochkova, Halbsolistin und langjähriges Mitglied des Wiener Staatsballetts, trat als Gräfin Sibylle, Tante der Raymonda, in Erscheinung und tanzte entsprechend mit Igor Milos als König von Ungarn auch im ungarischen Tanz die Solovariation. Die junge Halbsolistin aus der italienischen Riege Elena Bottaro gefiel mit Rikako Shibamoto im Grand Pas classique hongrois.

Alls Höhe- und Schlusspunkt des großen zaristischen Balletts wird das abendfüllende Ballett von Marius Petipa gefeiert. Rudolf Nurejew hat die Choreografie für Paris eingerichtet, danach wurde sie in Wien übernommen. Ballettdirektor Manuel Legris hat den erfolgreichen Ballettabend – 40 Mal war er von 1985 bis 1999 an der Wiener Staatsoper zu sehen – neu einstudiert und damit 2016 auch einer neuen Generation von Ballettfans Freude bereitet. Ab 9. März 2018 tanzen Raymonda und ihr Bräutigam Jean de Brienne acht mal bis zur Hochzeitsnacht.

Tom Saller ist kein ganz junger Mann mehr und hat doch ein Debüt zu feiern. Er hat seinen ersten Roman geschriegben und hat mich schon mit wenigen Sätzen überzeugt, dass er nicht nur erzählen kann, sondern auch Stilbewusstsein und feinen Humor hat. Nach dem Schulabschluss hat er Medizin studiert und ist nun Psychotherapeut in der Nähe von Köln. In seiner Freizeit macht er Musik, meist auf dem Saxophon. Der Debütroman ist eine Überraschung, und voller Überraschungen steckt auch die Geschichte von Martha, die der 50jährige zu erzählen hat.

Um den Wiederhall, den wir in der Gesellschaft (nicht) mehr finden, geht es dem Tänzer und Choreografen Michael Turinsky in seinem Stück „Reverberations“. Mit zwei Tänzern und einer Tänzerin zeigt er im Tanzquartier sparsame, bedachtsam gesetzte Bewegungen, bis sich das Trio zu einem einzigen Körper mit sechs Beinen vereint. Die Bühnenausstattung, das wechselnde Licht und die in silberglänzenden Hüllen steckenden Körper verwachsen mit dem hämmernden Beat zu einem Raum der Solidarität. Turinsky tanzte diesmal nicht selbst, betrachtete sein Tanzstück gespannt aus der Zuschauerreihe, bis ihn, nachdem die Lichter erloschen waren, das begeisterte Publikum vor den imaginären Vorhang gerufen hat.

Die Hip-Hop Tänzerin Farah Deen beeindruckt mit ihrem ersten Solo. Schon der poetische Titel: „The Sky above, the Mud below / Oben der Himmel, unten der Dreck“ klingt verlockend. Sie hat ihn einem französischen Dokumentarfilm über die Bevölkerung von Papua-Neuguinea entlehnt und für sich adaptiert, weil sie sich zwischen zwei Polen, sprich Religionen, bewegt, „aber immer noch auf ihren eignen zwei Beinen steht und sich selbst durchs Leben wühlen muss“. Gewühlt wird aber gar nicht, sondern mit großartiger Körperbeherrschung und differenzierten Bewegungen samt ausdrucksstarker Mimik gezeigt, wie man zwischen Extremen tanzt und immer dieselbe bleibt, auch wenn das Kostüm wechselt.

Die Titelfigur in Cordula Simons jüngstem Roman ist ein Phantom. Der namenlose Erzähler wartet ebenso auf ihn, den Neubauer, wie die ganze ekelhafte Bobo- Yuppie- Clique. Am Ende ist er da oder doch nicht. Wie gesagt, ein Gehirngespinst. Simon lässt ihren Erzähler, auch kein besonders sympathischer Kerl, rasant und ohne jegliches Blatt vor Mund und Hirn vor sich hin plaudern, schimpfen, mosern, meckern. Er mag diese ganze Gesellschaft gar nicht, will aber dennoch dazugehören. Das funktioniert nur, indem er ziemlich hoch stapelt.

iChoreography“, das klingt trendig, verständlich. Im Untertitel erfährt man mehr und auch Verwirrendes: „Kurort. Eine Therapie-Performance“. Magdalena Chowaniec & Valerie Oberleithner haben mit vier Jugendlichen eine verlockende Einladung ausgesprochen. Nicht Zuschauerinnen sind wir im Projektraum des WUK, sondern Teilnehmerinnen an einer fröhlichen, feinen Gemeinschaft, an Tanz und Therapie, an einem Erlebnis der besonderen Art. Eine ausgefallene und originelle Eröffnung des brut-Festivals „imagetanz“. Zehn Sterne!

Das Thema liegt in der Luft, Sanja Tropp Frühwald hat es bearbeitet, Gisela Elisa Heredia und tanz.coop tun es auch: Durch die Lebensjahre der Frauen surfen. Zwei Uraufführungen an einem Tag. „Tiger Lilien“ im Dschungel, Heredias „Age Surfer’s Symhony“ im Kosmos Theater. So fetzig wie der Titel ist auch die Clubbing Atmosphäre , in die drei energiegeladene Tänzerinnen mit Begeisterung eintauchen. Akrobatik und Tanz, unterhaltsam und schwungvoll, nehmen auch das Publikum mit. Wer will sich nicht gern aufmuntern lassen, das Leben ist ohnehin viel zu ernst.

Die Tiger Lilien, das sind sechs weibliche Wesen, Frauen und Kinder, die sich tanzend mit dem Alter, ihrem jetzigen, der vergangenen Jugend und dem Altwerden, auseinandersetzen und auch das Zusammenleben der Generationen versuchen. Schwungvoller Tanz, den Sanja Tropp Frühwald / VRUm Performing Arts Collective mit nicht professionellen Tänzerinnen einstudiert hat. Till Frühwald assistierte als Dramaturg. Die Aufführung im Dschungel war von jungen Mädchen wie auch von Burschen besucht. Sie alle folgten dem Tanz der Generationen mit Aufmerksamkeit und zeigten ihre Begeisterung mit reichlich Applaus. Schade, dass keine Gelegenheit für ein Publikumsgespräch war.

Die im Titel des neuesten Romans des Schweizer Autors Lukas Hartmann genannte Lydia hat tatsächlich gelebt. Lydia Escher, verheiratete Weltier, war im ausgehenden 19. Jahrhundert eine der reichsten Frauen der Schweiz, eine selbstbewusste, kunstsinnige Frau, Mäzenin und Gründerin einer Kunststiftung. Ihre Lebensgeschichte ist nicht lang, Hartmann erzählt sie, aus der Perspektive ihrer Kammerjungfer, Gesellschafterin und Freundin Luise, empfindsam und lebhaft.

Zum zweiten Mal hat der Choreograf und Tänzer Jefta van Dinther mit dem kleinen Ensemble des Cullberg Ballets aus Stockholm eine Performance einstudiert. Nach „Plateau Effect“ (2013) hat nun auch „Protagonist“ im Tanzquartier Station gemacht. Ein magischer Abend, der durch das flüssige Bewegungsrepertoire und das perfekte Zusammenspiel von Bühne, Licht, Musik und tanzenden Körpern in Bann zieht.

Der Autor und Dokumentarfilmer Peter Stephan Jungk ist der Großneffe der bekannten Fotografin Edith Suschitzky (1908–1973). Doch Edith, verheiratete Tudor-Hart, hat nicht nur fotografiert sondern auch spioniert. Der Familie blieb ihr zweites Leben weitgehend verborgen. Jungk forschte und recherchierte, um das geheime Leben der Edith Tudor-Hart (geborene Suschitzky) zu beleuchten. Was er in mühevoller Arbeit herausgefunden hat, war bereits im Buch „Auf Ediths Spuren (S. Fischer, 2015) nachzulesen. Nun ist auch ein Film daraus entstanden. Die Geschichte eines Familiengeheimnisses, spannend, aufklärend, abwechslungsreich – ein Stück Zeitgeschichte, aufbereitet wie ein Roman und doch ganz real.

Finale von imagetanz im brut: Dewey Dell feierten die Österreich-Premiere ihrer neuesten Produktion Mit Sleep Technique zeigt das italienische Kollektiv seine Vorliebe für Düsteres und bringt eine durchdringende Horrorshow mit großartiger Musik und einer klaren Dramaturgie auf die Bühne.

50 Jahre ist John Crankos großartiges Handlungsballett nach Alexander Puschkins Versroman „Eugen Onegin“ bereits alt und noch keine Runzeln sind zu sehen. Crankos „Onegin“, die romantische Geschichte von verschmähter Liebe ist unsterblich, ob gereimt oder getanzt. In der 43. Wiener Aufführung entzückt Solotänzerin Nikisha Fogo als leichtsinnige Olga. Eine Rolle, die bei der späten Wiener Premiere, 2006, von Maria Yakovleva getanzt worden ist. Jetzt begeistert die Erste Solistin als Tatjana. Roman Lazik hat sich als Onegin längst bewährt, Die Figur des Dichters Lenski gestaltet Davide Dato auf seine unnachahmliche Weise. Nicht nur vom Stehplatz auch aus den Reihen des Abonnementpublikums erschallten die Bravorufe.

Auf den Leopoldsberg steigen, auf die Stadt hinunter schauen. Ein Erlebnis. Gesäumt von frischem Grün liegt so vor uns, die Donau glänzt im Hintergrund, die neuen Hochbauten markieren die Bezirke. Wien muss man von oben betrachten, um die Stadt, die zwar eine Großstadt, aber zum Glück noch immer nicht wirklich groß ist, zu erfassen. Im Wien Museum gibt es jetzt alte und neue Ansichten dieses schon seit der Jungsteinzeit besiedelten Oppidums zu betrachten.

Dieses Jahr ist zwar noch nicht einmal zu einem Viertel voll, doch ich wage schon zu sagen, dass dieser wundersame Roman von Dominic Smith mein Lieblingsbuch 2017 sein wird. Die Verflechtung von zwei Frauenleben, das Verschwimmen von Zeit und Raum verzaubert mich, ist so kunstvoll wie poetisch konstruiert, so genial gemalt wie schön gerahmt. Eine spannende Geschichte in deren Mittelpunkt zwei Frauen stehen, getrennt durch drei Jahrhunderte, verbunden durch die Kunst der Malerei. "Das letzte Bild der Sara de Vos" ist ein Meisterwerk, das zeigt, wie aufregend es ist, über Bilder und ihre Entstehung nachzudenken.

Huggy Bears, eine Initiative des erfolgreichen Kollektivs Superamas, geht bereits in ihr 2. Jahr. Das ist schön! Weniger schön ist, dass diese Eigeninitiative – die Unterstützung für Künstler_innen, die am Anfang ihrer Laufbahn stehen – von der Stadt Wien gekillt worden ist. Zum letzten Mal also erhalten drei von einer Jury ausgewählte freie Gruppen taxfreie Unterstützung bei der Entwicklung ihres Bühnenprogramms. Zum letzten Mal haben die von einer Jury ausgewählten Künstler_innen Gelegenheit gehabt, ihre Projekte im Rahmen des brut-Festivals imagetanz vorzustellen.

Malina, ein sonderbares Mädchen, lebt mit ihrer Familie an der österreichisch-tschechischen Grenze. Noch trennt der Eiserne Vorhang die beiden Länder. Der Vater ist vielleicht Zollbeamter oder auch Schmuggler, so genau erfährt man das nicht. Dem Waldviertler Autor, Thomas Sautner, geht es auch nicht um eine plausible Geschichte, sondern um seine Idee, dass wir uns im Denken, Fühlen und Handeln in viel zu engen Grenzen bewegen. Sautner lässt Malina diese Grenzen überschreiten.

Im Rahmen der losen Reihe „Künstlergespräche“ lud Staatsoperndirektor Dominique Meyer die beliebte Mezzosopranistin Angelika Kirchschlager in die Agrana Studiobühne Walfischgasse ein. In einem launigen Gespräch über den ersten eigenen Fernseher, einen Ferienjob als Plattenverkäuferin und ihren Lieblingsdirigenten, gab sie dem Opernchef auch ein besonderes Versprechen.

Im dritten Teil des Projekts „Endangered Human Movements“ („Gefährdete menschliche Bewegungen“) erforscht das Team von Nadaproductions (Amanda Piña / Daniel Zimmermann) amerindische Mythologie, Ikonografie, magische und rituelle Kunst. Linda Samaraweerová und Amanda Piña zeigen das Forschungsergebnis in dem fantastischen Duett „The Forest of Mirrors“ im Tanzquartier.

Schon seit einer Weile beschäftigt sich der Tänzer und Choreograf Georg Blaschke mit dem Zusammenspiel von Körper- und Videobildern im Raum. In seinem neuen Stück „I don’t remember this body“ / „Ich erinnere mich nicht an diese Körper“, arbeitet er mit dem Videokünstler Jan Machacek zusammen, der mit seinen bewegten Bildern den bewegten Körper verfremdet und den stabilen Raum in Bewegung versetzt.

Eno Peçi ist übernimmt in der letzten Vorstellung von „Le Pavillon d’Armide“ die Rolle des Arztes / Diaghilews. Neben Rebecca Horner tanzen Nikisha Fogo und Francesco Costa sowie Zsolt Török in John Neumeiers „Le Sacre“. Wie in den anderen vier Vorstellung dieser für Wien neuen Choreografie von John Neumeier hängt schon seit Tagen das Schild „Ausverkauft“ am Kassenschalter, der Stehplatz ist dichtgedrängt und das gesamte Publikum zeigt sich höchst enthusiasmiert. Die Tänzer_innen bedankten sich glücklich für die Bravorufe.

Ein kleines Dorf, umgrenzt von einem Zaun. Drei Freunde machen sich auf, um zu erkunden, was hinter dem Zaun liegt. Die Ich bin O. K. Dance Company zeigt eine inklusive Tanztheaterproduktion, an der mehr als 100 Tänzer_innen mit und ohne Behinderung teilnehmen werden. Premiere ist am 7. April im Theater Akzent.

Choreograf Eifman widmet sein aufwühlendes Ballett „Giselle Rouge“ der berühmten russischen Ballerina Olga Spessivzeva. Deren Lebensgeschichte gleicht einem Filmdrehbuch. Und wie im Film, "Black Swan", endete ihre Karriere in einer psychiatrischen Anstalt. Das Wiener Staatsballett tanzt die Wiederaufnahme in der Volksoper. Nina Poláková und Ioanna Avraam sind abwechselnd in der Titelrolle zu sehen.

Die einen wollen Riesen sein und hängen sich Bärte um, die anderen schrumpfen zu Zwergen, weil sie sich nach ihrer Kindheit sehne. „Riesen*Zwerge“ nennt Bert Gstettner (Tanz*Hotel) seine neueste Produktion. Am 22. März haben die Riesen und Zwerge – drei Erwachsene und fünf Jugendliche aus Gstettners „Junior*Company – mit Tanz und Spiel, gereimt und ungereimt, gesungen und gesprochen, im Dschungel Premiere.

Opern des 18. Jahrhunderts klingen ganz anders, wenn sie auf historischen Instrumenten gespielt werden. Das wissen wir dank der Originalklang-Bewegung der letzten Jahrzehnte. Doch wie wurden sie eigentlich dargestellt? Choreograph, Regisseur und Intendant des „Teatro Barocco“, Bernd R. Bienert im Gespräch über den Schauspielstil zu Mozarts Zeit und heute.
Wir sind es heute gewohnt, jahrhundertalte Opern in sogenannten modernen Inszenierungen zu sehen. Die meisten Regisseure meinen, man müsse diese alten Stoffe für ein heutiges Publikum übersetzen.

Regisseur Bernd R. Bienert ist Spezialist für historisch informierte Schauspielpraxis im Musiktheater des 18. Jahrhunderts. Die längst etablierte Originalklangbewegung ergänzt er um eine historisierende, gestische Spielweise der Sänger-Darsteller, so wie sie damals gewesen sein könnte. Mit kleinem Orchester unter der feinsinnigen Leitung von David Aronson am Hammerklavier und einem wunderbaren Ensemble gelang dem Teatro Barocco im Schlosstheater Laxenburg, W.A. Mozarts „Cosi fan tutte“ zum Theatererlebnis werden zu lassen, das alles andere als akademisch-rekonstruierend herüber kommt.

Mårten Spångberg zeigt mit The Internet eine außergewöhnliche Performance mit, wenn man will, einem hoch komplexen theoretischen Konzept gehüllt in jede Menge Popmusik, –requisiten und –referenzen. Und zugleich einen Abend, den man genießen und lieben kann. Dennoch hallt im Hinterkopf die Frage nach, ob man vieles davon, vor allem in Betracht auf die Ästhetik und das Bewegungsvokabular, nicht schon 2016 in seinem Stück La Substance, but in English bei ImPulsTanz gesehen hat? "The Internet" war im brut, im Rahmen von imagetanz zu sehen.

Eine zweite Premiere des Neumeier-Abends mit den beiden Choreografien „Le Pavillon d’Armide“ und „Le Sacre“ konnte das danach nahezu euphorische Publikum in der Staatsoper genießen. Nahezu alle Rollen waren neu besetzt. Lediglich die unvergleichliche Rebecca Horner (Solotänzerin des Wiener Staatsballetts) drehte einsam ihre Runde wie schon in der Premiere von „Le Sacre“. Im „Pavillon“ hat Roman Lazik als Platzhalter seine Darstellung in der Rolle des nervösen Arztes und des beleidigten Liebhabers Diaghilev sichtbar intensiviert. Jakob Feyferlik als „Der Mann (Waslaw Nijinsky)“ und Ioanna Avraam als dessen Frau Romola, beeindrucken sowohl technisch wie auch darstellerisch durch  Souveränität und Tiefe.

Noch bis zum 14. Mai ist im Fotomuseum WestLicht die eindrucksvolle Überblicksausstellung der fotografischen Arbeit des Schweiz Künstlers und Wahlwieners Alfons Schilling zu sehen. Schillings Werk ist nirgends einzuordnen, mit seiner rebellischen Neugier sprengte er die Grenzen aller Gattungen und Strömungen. Als Student an der Akademie für angewandte Kunst gehörte er Ende der Fünfzigerjahre mit Günter Brus zu den Wegbereitern des Wiener Aktionismus, ging jedoch dann eigene Wege.

Die südafrikanische Autorin Yewande Omotoso erzählt in ihrem Roman „Die Frau nebenan“ von zwei alte Frauen in Johannesburg, die einander nicht leiden können. Auch wenn ihre Häuser neben einander stehen, stehen sie selbst nicht auf derselben gesellschaftlichen Stufe. Die weiße Innenarchitektin Marion Agostino verachtet die dunkelhäutige Nachbarin Hortensia James, eine überaus erfolgreiche gut betuchte Textil-Designerin. Hortensia, Witwe wie Marion, sieht keinen Grund, sich an die eingebildete Tussi anzubiedern, lieber sticht sie mit ihrer spitzen Zunge gezielt zu.

Die Wiener Symphoniker setzten ein verfrüht österliches Zeichen und spielten unter der Leitung von Philip Jordan die frühere der beiden vollständig erhaltenen Passionen von Johann Sebastian Bach, die Johannespassion. Dabei wurden sie von der Wiener Singakademie und einem hochkarätigen Solistenensemble unterstützt. Um sich dem Originalklang anzunähern, wurde zudem eine kleine Gruppe von Musikern mit Barockinstrumenten eingesetzt, was noch vor zwanzig Jahren für ein klassisches Sinfonieorchester undenkbar gewesen wäre. Bei aller „Political Correctness“ in Sachen historisch informierter Aufführungspraxis bleibt die Sinnhaftigkeit dieses Experiments doch zweifelhaft.

Dem Gedanken des Gesamtkunstwerkes verpflichtet, beschäftigten sich zahlreiche Entwerfer und Handwerker der Wiener Werkstätte (WW) auch mit der künstlerischen Gestaltung von Büchern. Das MAK widmet diesem Aspekt erstmals eine eigene Ausstellung und zeigt unter dem Titel Bucheinbände der Wiener Werkstätte einen Überblick über die facettenreichen Einbandentwürfe. Circa 70 Bücher aus den Privatsammlungen von Ernst Ploil, Gastkurator der Ausstellung, und Richard Grubman werden um 40 originale Entwurfszeichnungen, rund 500 Lederstempel und ausgewählte Bucheinbände aus der MAK-Sammlung ergänzt.

Crankos „Onegin“ kann man nicht oft genug sehen. Aktuell erfreute Eno Peçi als "L'homme blasé, der schon allein durch seine weit ausgreifenden Arme die ständig abwehrende Distanz zur Umwelt ausdrückt. Oder Natascha Mair als Olga. Ein süßes Mädel, sogar wienerisch im Ausdruck. Denys Cherevychko als Lenski, ist ein „Prince charming“, der alle Schwierigkeiten weglächelt, bis ihn der nahende Tod zu Boden drückt. Um die Spannung zu erhöhen: Das Allerneueste zuletzt: Maria Yakovleva, Erste Solotänzerin als Tatjana. Rührend, beeindruckend, hinreißend; ein Feuerwerk an Emotionen entzündend im finalen Pas de deux zwischen Tatjana und Onegin. Ein weiterer Stern im reichen Repertoire von Solo- und Titelrollen Yakovlevas.

Die Rechnung des Ballettdirektors ist aufgegangen. Seine Choreografie des Balletts „Le Corsaire“ begeistert das Publikum. Liudmila Konovalova als Médora, Kiyoka Hashimoto als Gulnare rissen auch in der Nachmittagsvorstellung am Ostermontag – die  4. der Serie – Stehplatz wie Parkett in der Wiener Staatsoper zu Beifallsstürmen hin. Richard Szabó debütierte mit Verve als des Korsaren Gegenspieler, Birbanto. 

Die Begeisterung hält an. Auch die der Premiere folgenden Aufführungen des von Manuel Legris inszenierten Balletts „Le Corsaire“ mit wechselnder Besetzung werden vom Publikum mit Begeisterung aufgenommen. Zuletzt (21.,23.3.) debütierten Kiyoka Hashimoto (als Gulnare und gleich drauf als Médora), Olga Esina als Médora, Denys Cherevychko und Vladimir Shishov als Conrad, Masayu Kimoto als Birbanto, Mihail Sosnovschi und Francesco Costa als Lanquedem, sowie Nina Tonoli als Gulnare. Alle brachten sie neue Farben in Manuel Legris Choreografie und ernteten verdienten Applaus.

Im Anschluss an die Vorstellung von "Le Corsaire" am 23. März 2016 hat der Direktor des Wiener Staatsballetts Manuel Legris Kiyoka Hashimoto zur Ersten Solotänzerin der Compagnie ernannt. Die aus Japan stammende Tänzerin feierte an diesem
Abend ihr erfolgreiches Rollendebüt als Médora in einer ausverkauften Vorstellung von Manuel Legris’ Le Corsaire.

Natürlich ist es Fred Astaire, um den es in diesem Roman „Frederick“ geht. Oder auch: Er selbst, der große Tänzer, Choreograf, der auch gesungen und als Schauspieler agiert hat, geht um, ruht sich an manchen Stationen aus, verlässt andere, so schnell ihn seine flinken Füße tragen. Als sich das 20. Jahrhundert dem Ende näherte, hatte sich Frederick Austerlitz, genannt Fred Astaire,nach einer mehr als 70 Jahre währenden Karriere,  selbst überlebt. 

Mit einem gefühlvollen Salto rückwärts hat sich die Choreografin Anne Teresa De Keersmaeker der Romantik in die Arme geworfen. Der 2014 entstandene Pas de deux „Verklärte Nacht“, war einer der Höhepunkte des Osterfestivals Tirol 2016. Cynthia Loemij und Boštjan Antončič haben in großen Halle des Innsbruck Congress (Dogana) zur Musik von Arnold Schönberg getanzt.

Mit seiner ersten eigenen Choreografie hat Ballettdirektor Manuel Legris das Premierenpublikum in der Staatsoper richtig begeistert. „Le Corsaire“, ein mehrfach bearbeitetes Ballett zur Musik von Adolph Adam und einigen anderen, eroberte letztlich in der Version von Marius Petipa von 1858 die Ballettbühnen der Welt. Nur in Wien war der gesamte Abend noch nie zu sehen – gewesen. Legris hat sich seiner angenommen und alles neu gemacht: Libretto, Musikzusammenstellung, Choreografie. Bis auf die paar von Gala-Aufführungen bekannten Nummern ist der Wiener „Corsaire“ ganz allein Legris’ Arbeit und Fantasie entsprungen.

Im Rahmen ihres Langzeitprojekts „Bedrohte menschliche Bewegungen“ zeigte nadaproductions (Amanda Piña & Daniel Zimmermann) das zweite Kapitel der Tänze aus der Vergangenheit. „Dance & Resistance“ ist ein durchchoreografierter Abend, an dem die alten Tänze aus Archiven und Museen zu neuem Leben erweckt werden und sich zu einer dramaturgisch perfekt gebauten Performance aus Tanz, Musik und Licht fügen. Nicht nur die Tänzerinnen bewegen sich im Kreis auch das Publikum des Tanzquartiers bildet eine Runde, wird zur Gemeinschaft.

„Ballett Revolution“ nennen die Tänzer_innen aus Kuba ihre Show, die bei hohem technischem Können eine wilde Stilmixtur bringt. Die Bewegungen des klassischen Balletts sind ihnen ebenso vertraut wie die kraftraubenden Six-Step des Breakdance. Der Erfolg ihres Auftritts vor zwei Jahren, lockt sie wieder nach Wien. Im Museumsquartier werden sie, begleitet von der Revolución-Band über die Bühne wirbeln.

Das Tanzquartier Wien und das sound:frame präsentierten mit Synaesthesia3 ein geballtes, abwechslungsreiches Programm mit Visuals, Choreografie und Sound, ein komprimiertes Festival mit vier Bühnen in der Halle E als Vorgeschmack auf die 10. Ausgabe des audiovisuellen Festivals. Neben Performances von Künstler_innen wie Noé Soulier, Liquid Loft / Chris Haring und DJ-Sets und Visuals von Joja + フーパ (V ARE) / Ferdinand Glück, Cid Rim / nita sind Ryoji Ikeda, Hiroaki Umeda, Planningtorock, Jefta Van Dinther und Thiago Granato die absoluten Held_innen der Nacht.

Die Tänzerin / Choreografin Gisela Elisa Heredia (tanz.coop)hat  ein Tanzstück über das Tanzen einstudiert. Aus Argentinien stammend, hat sie sich natürlich auf den Tango gestürzt. Ein Quintett (vier Tänzerinnen, ein Tänzer) zeigen „Smokey Hugs and Cappuccino“ ab 8. April im Wiener KosmosTheater.

Allmählich gerät das Blut in Wallung und das Fieber steigt: Am 20. März ist die Premiere des Seeräuberballetts „Le Corsaire“. Grund zum Feiern gibt es mehrfach: Zum ersten Mal wird der Hit aus dem 19. Jahrhundert in Wien gezeigt, zum ersten Mal hat sich Ballettchef Manuel Legris an eine Choreografie gewagt, für das Ballettensemble ein Debüt auf allen Linien. Robert Gabdullin, Maria Yakovleva, Davide Dato, Liudmila Konovalova, Kirill Kourlaev, Alice Firenze und Mihail Sosnovschi holen an vorderster Front die Kohlen aus dem Feuer.

Die „ich bin O.K.“-Dance Company bringt mit „Kein Stück Liebe“ eine neue Produktion auf die Bühne des Akzent-Theaters. Elf TänzerInnen mit und ohne Behinderung setzen ihre Ängste, Sorgen und Fragen in Bewegung.
In mehreren Szenen befassen sich die TänzerInnen mit Themen, die in den aktuellen Nachrichten vorkommen, jedoch auch sie persönlich betreffen.

Neun Tänzer_innen des SEAD Bodhi Projects (Salzburg Experimental Academy of Dance) zeigen im Dialog zur Musik, gespielt von acht Musiker_innen des oenm., ihre Bilder von Zeit.  Mit der Produktion „Zeit–Bild“ waren das oenm. (Österreichisches Ensemble für Neue Musik) und der Choreograf Etienne Guilloteau zum ersten Mal beim Osterfestival Tirol im ehemaligen Salzlager von Hall in Tirol.

Ohne Titel (2000)“ nennt Tino Sehgal widerwillig seine 2000 als Solo entwickelte Performance, weil ein Titel einfach notwendig ist. Fünfzehn Jahre nach er Erstaufführung hat er die Choreografie mit drei Tänzern einstudiert. Im nahezu familiärem Rahmen des Osterfestivals Tirol ist Andrew Hardwidge, Frank Willens und Boris Charmatz ein großartiger und unterhaltsamer Vorstellungs-Hattrick gelungen.

Drei splitternackte Tänzer treten nacheinander in unterschiedlichen Räumen als lebendige Archive der Choreografie auf. Vor 15 Jahren hat der damals junge Konzeptkünstler Tino Sehgal sein Stück „Ohne Titel“ bei der Tanzplattform Deutschland vorgestellt. Bei der Wiederaufnahme im Tanzquartier lässt er Andrew Hardwidge, Frank Willens und Boris Charmatz die Tanzgeschichte des 20. Jahrhunderts bewegt in Erinnerung rufen.

Medusa-Assoziationen“ könnte Bert Gstettner seine Ode im Odeon auch nennen. So viele Gedanken hat er sich dazu gemacht. Gemeinsam mit dem Maler Hannes Mlenek und dem Komponisten Günther Rabl hat er unter seinem Label Tanz*Hotel einen Klang-Raum-Bild Erlebnis geschaffen, das nach der ersten Aufführung in der alten Expedithalle der Ankerbrot-Fabrik überarbeitet ins Odeon übersiedelt ist. Wirklich gut getan hat das dem choreografischen Schauspiel nicht.

Eine neue Veranstaltungsreihe hat in Wien Premiere. Unter der Abkürzung VIBE – klingt gut, ist englisch und lässt an positive Schwingungen und gute Stimmung denken – sind junge Tänzerinnen und Tänzer aus aller Welt eingeladen, ihre Können zu prüfen und zu verbessern, einander kennen zu lernen und neue Erfahrungen zu sammeln. Gregor Hatala, Präsident des ÖTR, ist Organisator und Hauptsponsor. Zum Abschluss lockt ein Galaabend ins Wiener Volkstheater.

Zwei Sängerinnen, zwei Sänger, einen Tänzer und drei Musiker genügen, um die Geschichte der freiheitsliebenden Carmen auf der Bühne zu zeigen, ohne den Komponisten der gleichnamigen Oper, Georges Bizet, zu verletzen. Inszeniert von Andreas Zimmermann, musikalisch arrangiert von Tscho Theissing, ergötzt dieses Gustostückerl das begeisterte Publikum in der schmucken Kammeroper.

An der Schwelle zum Barock, eine mehr oder weniger willkürliche Bezeichnung für eine Epoche der europäischen Kunstgeschichte, hat es William Shakespeare bereits gewusst: Die Welt spiegelt sich im Theater. Das augenfälligste und üppigste Beispiel dafür ist das barocke Theater mit seiner Maschinerie, den großartigen (und teuren) Festen und fürstlichen Auftritten. Das Theatermuseum widmet diesem „Triumph des Theaters“ eine ansehnliche Ausstellung.

Zuerst wurde in Moskau heftig geklatscht und gleich danach in Essen. Andrey Kaydanovskiy, hervorragender Tänzer und Charakterdarsteller sowie erfolgreicher Choreograf, als Halbsolist Mitglied des Wiener Staatsballetts, hat am Stanislavsky Theater eine neue Choreografie "Coffe or Tea" gezeigt und ist im Rahmen einer Ballettgala im Essener Aalto Theater mit dem "Deutschen Tanzpreis 2016" in der Kategorie "Zukunfkt" ausgzeichnet worden. Bereits im Sommer 2015 stand Kaydanovsiy auf dem Podest, als er im Rahmen des Internationalen Tanzfestivals TANZOLYP mit dem Special Prize als „Best Dance Theatre Performer and Choreograph“ ausgezeichnet worden ist.

Mit Irina Tsymbal als Tatjana und Eno Peçi in der Titelrolle erzählt John Crankos gefühlvolles Ballett „Onegin“ weniger von der schwärmerischen Liebe eines jungen Mädchens als von den reifen Gefühlen einer wissenden Frau. Alice Firenze und Masayu Kimoto tanzten des zweite Liebespaar, Olga und Lenski, zum ersten Mal und konnten ebenso wie das Hauptpaar begeistern.

Der Titel des neuen Romans von Ana Bilić sagt es schon: Es bleibt bei der Absicht. Lidia hat alles vorbereitet, um ihren Mann umzubringen. Er muss weg, sie will ein neues Leben beginnen, doch einer Scheidung würde er nie zustimmen. Also wird ein Pilzgericht gekocht.

Jerusalem, Besuch nach zehn Jahren © Gael MaleuxAus dem Zyklus „Holozän“, einer Serie von Stadtporträts, zeigte das Künstlerkollektiv Berlin den zweiten Besuch in Jerusalem als performative Video-Installation im Salzlager von Hall i. T. 2003 schon besuchte Berlin zum Auftakt von „Holozän“ die geteilte Stadt, um mit BewohnerInnen zu sprechen, zehn Jahre später wiederholten sie den Besuch und aktualisierten das Porträt. Das Fazit ist traurig: Es wird schlimmer und schlimmer.

Tino Sehgal: Flüchtige Kunst. © Tanzquartier Drei splitternackte Tänzer treten nacheinander in unterschiedlichen Räumen als lebendige Archive der Choreografie auf. Vor 15 Jahren hat der damals junge Konzeptkünstler Tino Sehgal sein Stück „Ohne Titel“ bei der Tanzplattform Deutschland vorgestellt. Bei der Wiederaufnahme im Tanzquartier lässt er Andrew Hardwidge, Frank Willens und Boris Charmatz die Tanzgeschichte des 20. Jahrhunderts bewegt in Erinnerung rufen.

Auch bei der 44. Vorstellung, mehr als fünf Jahre nach der Premiere, ist das Publikum in der Sächsischen Staatsoper (bekannter als Semperoper) entzückt vom Schauspiel am „Schwanensee“. Die Gäste bleiben paralysiert in den Sitzen kleben, klatschen jubelnd im Takt. Der Ballerina, Svetlana Gileva, wird ein Strauß roter Rosen überreicht, der Dirigent, David Coleman, bedankt sich winkend für die immer von neuem aufbrandenden Bravorufe.

Aufstehen, umfallen, rollen, rutschen, krabbeln, den Rollstuhl verlassen, um sich selbständig fortzubewegen, stolpernd oder auf Knie, gestützt oder getragen; den Rollstuhl okkupieren, um zu fühlen, wie das ist, darin eingesperrt zu sein; die Krücken nehmen und strauchelnd die Bühne queren, die Stöcke weg schleudern und in schnellen Sprüngen das Setting umkreisen, Nicht nur Auftritte und Abtritte sind in diesem Theater zu sehen, auch Auffahrten und Abfahrten. Viele Inseln sind auf der Bühne, auf denen sich Bewegungen und Berührungen abspielen, auf denen getanzt wird, allein als Paar, als Trio, zärtlich oder wild, in Zeitlupe oder Zeitraffer. Der Körper hat viele Möglichkeiten sich auszudrücken, zu kommunizieren, auch der der eingeschränkte.