Zum Hauptinhalt springen

Für das neue Stück der hochgeschätzten brasilianischen Choreografin Lia Rodrigues braucht man viel Geduld. Bis in den Herbst hinein reist die Companhia de Danças von Festival zu Festival durch halb Europa. Borda bedeutet Grenzen, aber auch Stickerei. Die Grenzen sollen fallen, die gestickten, bunten Verzierungen unterhalten. Das im Mai im Kunstenfestivaldesarts präsentierte Tanzstück hat auch bei den Wiener Festwochen, im Museumsquartier Station gemacht. Und ist erwartungsgemäß lautstark akklamiert worden.


In der Halle des Museumsquartiers zeigt die belgische Künstlerin Miet Warlop ihre neue Choreografie Inhale Delirium Exhale. Regisseur Lennart Boyd Schürmann nennt die Serie seiner 1:1 Performances im ehemaligen Funkhaus Initimacies.  Gegensätzlicher können die beiden Abende im Rahmen der Wiener Festwochen nicht sein. Das Theater im herkömmlichen Sinn liegt in den letzten Zügen, neue Präsentationsformen, Experimente und Aufhebung der Grenze zwischen Bühne und Publikumsraum geben dem Thespiskarren wieder neue Kraft, machen den Theater-Besuch zum Erlebnis.


Eine erwachsene Frau versucht, das junge Mädchen zu versehen, das sie einst war. Linn Ullmann beschert ihren Leserinnen einen wunderbaren, eindrucksvollen, tief unter die Haut bohrenden poetischen Roman. Mädchen 1983 ist eine Spurensuche, eine Forschungsreise in die Vergangenheit, ein Versuch sich selbst zu erkennen und zu verzeihen. Ein faszinierender, in kein Genre einzuordnender Bericht, ein autobiografisch gefärbter Roman, in dem sich nicht nur die Mädchen von 1983 oder die Frauen von 2021 wiederfinden werden.


Wenn das ImPulsTanzFestival sogenannte Highlights ankündigt, dann müsste das gesamte Programm abgedruckt werden. Sind doch, wie jedes Jahr alle Vorstellungen, Uraufführungen, Premieren, sehnsüchtig erwartete Wiederholungen, Glanzlichter im Tanz- und Performanceangebot. Über die Meldung, dass sämtliche Eröffnungsvorstellungen in Burg und Akademie bereits ausverkauft sind, muss niemand weinen. Tröstliches wird gemeldet.


Was ist Glück und wie erlangt man es? Das versucht Adam Parson im Roman Happiness Falls von Angie Kim zu ergründen. Doch das Hauptinteresse der Autorin gilt Kindern mit besonderen Bedürfnissen und wie sich diese Diversität auf das familiäre System auswirkt. Ihr spezielles Interesse hat Kim jedoch feinst in einen Spannungsroman verpackt. Vater Parson ist von einem Spaziergang mit seinem Sohn nicht zurückgekommen. Er bleibt verschwunden.


Wenn eine Aufführung mit dem vielversprechenden Titel Intimacies angekündigt wird, dann darf nicht mit einer großen Zuschauerzahl gerechnet werden. Auch nicht mit einer kleinen. Intimität, das ist nichts für die Öffentlichkeit, 1:1 muss genügen. Die Wiener Festwochen garantieren: Es ist Theater und bleibt Theater. Gefahrlos. Ich riskiere es und lasse mich im tiefen Keller des während der Wiener Festwochen zum Haus der Republik umfunktionierten Funkhauses mit Luca Bonamore einschließen.